50 Euro gegen den Frust
Der Ukraine-Krieg und die Unzufriedenen: Der griechische Regierungschef Mitsotakis unter Druck. Eine Mini-Erhöhung des Mindestlohns soll helfen
Der griechische Premierminister Kyriakos Mitsotakis verkündete am Mittwoch, in der orthodoxen Karwoche, eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns von 663 Euro auf 713 Euro brutto. Damit möchte der Premier den wachsenden Unmut der Bevölkerung besänftigen.
Die Erhöhung des Mindestlohns wirkt sich auch auf das Arbeitslosengeld von bisher 438 Euro aus, das rund 15 Prozent der registrierten Arbeitslosen erhalten. Halbtagsbeschäftigte erhalten analog 25 Euro mehr pro Monat. Mitsotakis rief die Arbeitgeber auf, selbsttätig auch die Löhne der höher entlohnten Angestellten anzupassen und diesen so ihre Anerkennung für die geleistete Arbeit zu bezeugen.
Das Gehalt unter Mitsotakis reicht nicht einmal für die Stromrechnung
Syriza
Die Lohnerhöhung gilt ab sofort. Bereits zum 1. Mai sollen knapp 650.000 Beschäftigte davon profitieren. Es ist bereits die zweite Anhebung des Mindestlohns, der 2022 im Vergleich zu 2021 um 9,7 Prozent anstieg. Während Mitsotakis jubelt, dass er so den "15. Monatslohn" bescheren würde, sind sich Gewerkschaften und sämtliche Oppositionsparteien einig, dass die Erhöhung zu gering ist und zu spät kommt. Vor der Finanzkrise 2010 lag der Mindestlohn bei 751 Euro. Die nun angekündigte Lohnerhöhung gleicht die kriegsbedingt galoppierende Inflation nicht aus.
Preistreiber sind hauptsächlich die Energiepreise, wegen derer Mitsotakis bei seinen europäischen Partnern um mehr Solidarität und ein gemeinsames Vorgehen, bislang erfolglos, appelliert. Besonders die Preise für Elektrizität erweisen sich für Mitsotakis als Zeitbombe. Deren Kopplung an den Spotmarkt und den Gaspreis hat die Stromrechnungen der Griechen vervielfacht. Es ist bezeichnend, dass sich e-Mobilität nun kaum noch lohnt.
Der Premier hat diesbezüglich ein Ultimatum gestellt. Er bezeichnet die Inflation als "importiertes Problem". Wenn es bis zum Gipfel im Mai (30.-31. Mai) innerhalb der EU kein gemeinsames effektives Vorgehen und keine Deckelung der Energiepreise gibt, will der bisherige EU-Fanatiker einen nationalen Alleingang starten.
Scholz unter Druck – Mitsotakis auch
Ebenso wie der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz ist auch sein Amtskollege Mitsotakis wegen der Ukraine unter Druck. Allerdings unter vollkommen konträrem Vorzeichen.
Das monatliche Politbarometer von Public Issue besagt, dass im März 29 Prozent mit der Ukrainepolitik Zufriedene und 68 Prozent Unzufriedene nun zu 23 Prozent Zufriedenen und 74 Prozent Unzufriedenen wurden.
Die Zustimmung zur Ukraine sank von 26 auf 20 Prozent, Russland gewann marginal einen Prozentpunkt von drei auf vier Prozent. Dagegen stieg die Zahl derer, die eine strikte Neutralität Griechenlands fordern von 65 auf 71 Prozent.
65 Prozent empfanden den Auftritt Selenskyjs im griechischen Parlament als schlecht oder sehr schlecht. 16 Prozent sahen den Präsidenten neutral und nur 11 Prozent fanden ihn gut. Die Beliebtheits- und Ablehnungswerte der Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, Joe Biden und Wladimir Putin bewegen sich in der Umfrage auf gleichem Niveau.
Mitsotakis hatte seine solidarische Haltung zur Ukraine zur Chefsache erklärt und unter Berufung seiner Richtlinienkompetenz die Beziehungen zu Russland gekappt. Nun werden ihm die Preissteigerungen und die Kriegsfolgen angelastet.