50 Millionen Euro für Internetüberwachung in Großbritannien

Eine Studie des Home Office kommt zu einem saftigem Preis, den überwiegend die Kunden bezahlen werden müssen.

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Einer schlechten Tradition folgend publizierte das Home Office (Innenministerium) die schlechte Nachricht - das Ergebnis einer Studie über die Kosten der Internetüberwachung- am Gründonnerstag, dann, wenn die Nation bereits auf ein Urlaubswochenende eingestellt ist. Doch das half wenig, einschlägige Think Tanks wie FIPR und die Internet Service Provider Vereinigung (ISPA) haben dennoch bereits reagiert, d.h. protestiert.

Dem Ansatz des sogenannten Smith-Reports lässt sich auch entnehmen, welche Formen von Internet-Traffic das Home Office zu überwachen gedenkt - das dazugehörige Gesetz, RIP, hatte noch viel offen gelassen. Es soll ein sogenanntes "aktives Schema" geben, bei dem der gesamte Email-Verkehr eines ISP's abgehört wird, sowie ein "halb-aktives" und ein "passives" Schema, wobei der gesamte Traffic, den eine Person verursacht, also Email, WWW, FTP, IRC usw., abgehört werden soll.

Das aktive Schema der Email-Überwachung soll bei allen Providern ausgeübt werden, die beiden anderen Schemata nur bei den Großprovidern. Bei dieser Vorgehensweise würden zum Beispiel Web-basierte Emails nicht abgefangen werden können und auch neue Dienste, die gerade im großen Stil ausgerollt werden, wie Email über TV-Settop-Boxen, Breitband-Internet und mobiles Internet über Handys sind nicht berücksichtigt.

Zu den Überwachungskosten stellt FIPR schnäppisch fest, dass die Preise auf Supersonderangebotsniveau berechnet sind. Es wird beispielsweise davon ausgegangen, dass aller Traffic eines ISP durch einen Knoten eines Anschlusses an den Backbone geht. Viel große Provider haben aber komplexe Routingsysteme mit mehreren "Hauptanschlüssen", so dass die Black Box des Home Office an allen diesen Punkten aufgesetzt werden müsste. Die Preisschätzungen des Smith-Reports, die zu einem Endergebnis von über 50 Millionen Euro kommen, seien also "konservativ". Keine Berücksichtigung finden auch Kosten, die dem Home Office selbst entstehen werden, das all die abgefangenen Daten ja auch verwalten muss - nicht nur speichern, sondern auch löschen und gegen internen und externen Missbrauch schützen.

Wenig angetan sind auch die ISPA und London Internet Exchange (LINX). In einem gemeinsamen offenen Brief monieren sie die Kosten. Das Home Office wird zwar bis zu 50% der jeweils anfallenden Kosten tragen, doch in einem zunehmend halsabschneiderischem Wettbewerb unter Providern ist diesen der verbleibende Rest immer noch zu hoch. Die Providerverbände fühlen sich auch noch nicht ausreichend informiert, was die Regierung wirklich erwartet, bis wann es geleistet werden soll und wie es mit der Kostenbeteiligung wirklich aussieht. Nicht zuletzt wird der Mangel an Fachkräften in der Branche beklagt. Das Schreiben der Provider vermag allerdings wenig Sympathie hervorzurufen, weil es mit keinem Wort erwähnt, dass ihnen etwa auch der Schutz der Privatsphäre und Geschäftsgeheimnisse ihrer Kunden ein Anliegen wäre.