98 Prozent der wertenden ARD-Berichterstattung zu Donald Trump "eindeutig negativ"
Medienuntersuchung zeigt Journalismus, der nur bei Cruise-Missile-Angriff Sympathie für US-Präsident hat
"Deutschlands [Fernsehsender] ARD hat Trump in einem zutiefst unvorteilhaften Rahmen dargestellt - 98 Prozent der Berichterstattung des Senders waren in der Tonalität eindeutig negativ." Zu diesem Ergebnis kommt das Shorenstein Center on Media, Politics and Public Policy der Harvard Kennedy School.
Das renommierte Institut hat die Berichterstattung mehrerer großer US-amerikanischer sowie britischer Medien zu Donald Trump während der ersten 100 Tage seiner Amtszeit als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika untersucht. Dabei rückten die Journalismusforscher auch die ARD mit ihren Nachrichtenformaten in den Blickpunkt. Die Ergebnisse des Instituts haben es in sich: Alle untersuchten Medien lieferten eine Berichterstattung ab, die hauptsächlich nur auf das Negative setzte. Die ARD stellte dabei, was die "negative Berichterstattung" zu Trump angeht, alle anderen Medien in den Schatten.
CNN und NBC berichteten auf eine Weise, die den US-amerikanischen Präsidenten zu 93 Prozent in einem negativen Ton porträtierte, CBS kam auf einen Wert von 91 Prozent, gefolgt von der New York Times (87 Prozent), der Financial Times (84 Prozent) und der Washington Post (83 Prozent).
Die ARD berichtete über Trump zu 98 Prozent mit einem negativen Ton. Die Daten des Shorenstein Center zeigen auch: "Das Erste" beschäftigte sich über Monate mit der Frage, ob Trump überhaupt für das Präsidentenamt geeignet sei. Selbst in den Monaten, in denen diese Frage weniger stark im Mittelpunkt stand, thematisierten ARD-Journalisten diese noch stärker als als alle anderen vom Shorenstein Center untersuchten Medien.
Im Schnitt haben haben alle Medien, die Gegenstand der Analyse waren, zu 80 Prozent in negativer Tonalität berichtet. Zu "Spitzenzeiten" erreichte die Berichterstattung gar einen Wert von 90 Prozent. Einmal jedoch war die Berichterstattung der Medien Trump eher wohlgesonnen. Das war ausgerechnet zu der Zeit, als Trump den Befehl erteilte, Cruise Missiles auf Syrien abzufeuern. Zu der Zeit konnte ein Wert von 70 Prozent festgestellt werden.
Die Untersuchung des Shorenstein Center zeigt auch auf, wie die Berichterstattung zu einzelnen Themen im Zusammenhang mit Trump ausgerichtet war. Wenig erstaunlich: Bei allen Themen berichteten Medien zum Größtenteil ebenfalls nur negativ. Ob Einwanderung (96 Prozent), Gesundheitsversorgung (87 Prozent), das Thema Russland und Wahlen (87 Prozent) oder Trumps persönliche Hintergründe (82 Prozent): Positive Aspekte zum obersten Mann im Staate kamen in der Berichterstattung kaum vor.
In einer abschließenden Betrachtung zu der Untersuchung heißt es, dass die angeführten Daten nicht ausreichten, um definitiv eine Aussage darüber machen zu können, ob die Berichterstattung als "fair und ausgewogen" zu bewerten sei. Hierzu bedürfte es, so Professor Thomas E. Patterson vom Shorenstein Center, einer "Version der Realität", auf die man sich geeinigt habe und die es dann erlaube, sie mit der Berichterstattunng zu Trump zu vergleichen. Zu berücksichtigen sei auch die Tendenz der Medien, generell stärker über das Negative zu berichten.
Patterson erkennt allerdings durchaus eine Schieflage in der Berichterstattung. Er stellt fest, dass die "Wachhunde der Nation" viel an Reputation in der Öffentlichkeit verloren haben und diese erst dann wieder zurückgewinnen, wenn Mediennutzer Journalisten als "unparteiische Makler" wahrnehmen, die nicht zu journalistischen Doppelstandards greifen. "Die Medien", so Patterson, "müssen Trump auch Anerkennung zollen, wenn seine Handlungen dies erlauben."
Update: Der Medienjournalist Stefan Niggemeier hat in einem Beitrag auf Übermedien die Berichterstattung deutscher Medien zur hier angeführten Harvard-Studie kritisiert. Der Autor des Telepolis-Artikels, bei dem lediglich der Titel durch den Zusatz "wertende" verändert wurde, um nicht weiter Irreführendes zu verbreiten, hat eine Richtigstellung veröffentlicht: Trump-Berichterstattung: Überwiegend negativ, nur rein Drittel neutral. Richtigstellung eines Artikels zu einer Studie des Shorenstein Center.