ADL: Wie US-Wachhund gegen Israelkritik über Jahrzehnte Spionage betrieben hat

Seite 2: Weitergabe von vertraulichem Material

Es gab zudem damals, 1993, schon Hinweise darauf, dass es Kontakte zu Todesschwadronen gegeben hat, während man bei Verdächtigen Utensilien wie schwarze Hauben für Verhöre sicherstellen konnte.

Im Fokus der Untersuchungen stand u.a. Tom Gerard, ein ehemaliger CIA-Agent und Polizeibeamter aus San Francisco, der nach Befragungen in die Philippinen flüchtete, und beschuldigt wurde, Material aus Polizeiakten an die Anti-Defamation League weitergegeben zu haben.

Die Ermittler vermuten, dass Gerard und andere Polizeiquellen der ADL vertrauliche Führerschein- oder Fahrzeugzulassungsinformationen über eine große Zahl von Personen gegeben haben, darunter bis zu 4.500 Mitglieder des Arab-American Anti Discrimination Committee.

Die Anti-Defamation League hat zwar eingeräumt, dass sie seit Langem Informationen über antisemitische, extremistische oder rassistische Gruppen sammelt.

Auch Kongressabgeordnete im Visier

Die auf Computern sichergestellten Beweise zeigten jedoch schon in den 1990er-Jahren, dass die ADL-Spione Daten über mindestens 950 Gruppen aller politischen Richtungen enthielten, darunter die American Civil Liberties Union, das Earth Island Institute, die United Auto Workers, Jews for Jesus, die Zeitschrift Mother Jones, das Center for Investigative Reporting usw.

Die Computerdateien umfassten auch Informationen über mehrere Kongressabgeordnete, darunter die Demokratin Nancy Pelosi, den Vorsitzenden des Ausschusses für Streitkräfte im Repräsentantenhaus, Ron Dellums, und den ehemaligen republikanischen Abgeordneten Pete McCloskey.

Die verdächtigten ADL-Agenten erklärten in Polizei-Befragungen schon 1993, dass die Anti-Defamation League seit Jahrzehnten Informationen über politische Aktivisten im Raum Los Angeles sammelt. Dabei habe man mit drei auf Geheimdienstarbeit spezialisierten Sheriffs zusammengearbeitet.

Untersuchungen und Gerichtsdokumente weisen zudem darauf hin, dass die ADL und ihre Spione die von ihnen beschafften Informationen an die israelische Regierung weiterreichten. Suall soll sich dabei mit Vertretern des israelischen Geheimdienstes in Israel getroffen haben.

Enge Kontakte zu Israel

Und die engen Kontakte nach Israel bestanden von Anfang an. In einem internen ADL-Dokument heißt es bereits 1961:

Unsere Informationen sind nicht nur für unsere eigenen Operationen wichtig, sondern waren auch für das Außenministerium der Vereinigten Staaten und die israelische Regierung von großem Wert und Nutzen. Alle Daten wurden beiden Ländern zur Verfügung gestellt, wobei jedes Land wusste, dass wir die Quelle waren.

Bisher kam die ADL wegen ihrer "robusten Methoden" mit Geldstrafen davon. Kritiker des ADL in den USA sehen aber noch einen anderen Skandal, den die Medien stärker beachten sollten, wie der Bestseller-Autor und mit Preisen ausgezeichnete Journalist James Bamford in The Nation schreibt:

Die Priorität der ADL liegt heute – wie schon seit Jahrzehnten – in der Verfolgung von US-Amerikanern, die einfach nur gegen Israels endlose Besetzung und Unterdrückung der Palästinenser sind. Die bevorzugten Ziele der Gruppe sind Studenten, Professoren, Aktivisten und Demonstrierende – und nicht etwa Antisemiten, vor allem solche von der extremen Rechten.