ARD und ZDF bekommen deutlich mehr Geld
Sender schweigen zur Verwendung der Mehreinnahmen
Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) hat nach Medienberichten über 1,5 Milliarden Euro höhere Einnahmen durch die Haushaltspauschale eingeräumt, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bis 2016 deutlich mehr Geld kassieren werden als bislang angegeben. Wie viel genau, will KEF-Geschäftsführer Horst Wegner jedoch nicht sagen.
Seinen unscharfen Angaben nach liegen die Mehreinnahmen unterhalb von 1,5, aber deutlich über 1,2 Milliarden Euro. Vorher hatte die KEF mit 1,25 Milliarden Euro Mehreinnahmen gerechnet. Damit entsprechen die Rundfunkgebühren in Deutschland "insgesamt etwa dem Staatshaushalt eines europäischen Kleinstaates", wie der Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) in einer Presseaussendung dazu anmerkt.
Bei ARD und ZDF schweigt man bislang auf Anfragen zu den höheren Mehreinnahmen. So bleibt unklar, was die Sendeanstalten mit dem Geld anstellen wollen. Wie ARD und ZDF die etwa acht Milliarden Euro einsetzen, die ihnen aktuell zur Verfügung stehen, können Zahler, die über kein Fernsehgerät verfügen, in Programmübersichten im Internet nachsehen. An diesem Nachmittag zeigt die ARD beispielsweise um 14 Uhr 10 die Soap Rote Rosen, um 15 Uhr 10 folgt die Soap Sturm der Liebe, um 16 Uhr 10 Geschichten aus dem Zoo Berlin und um 17 Uhr 15 das Boulevardmagazin Brisant. Das ZDF bringt währenddessen zwei Kochshows, die Serie SOKO Kitzbühl und die Boulevardmagazine Hallo Deutschland und Leute Heute.
Im April 2015 soll der Rundfunkbeitrag von 17,98 auf 17,50 Euro monatlich gesenkt werden. Das entspricht etwa 0,4 der prognostizierten deutlich über 1,2 bis 1,5 Milliarden Mehreinnahmen. Die KEF hatte eine Absenkung auf 17,25 Euro vorgeschlagen, scheiterte aber an den Ministerpräsidenten der Bundesländer, die dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen mehr Geld zur Verfügung stellen wollten. Dass das aus ihrer Sicht sinnvoll ist, zeigt der Umgang von ARD und ZDF mit Politikern, die in der Vergangenheit für eine Rückführung der Aufgaben der Sender auf eine Grundversorgung im engeren Sinne plädierten.
Aus diesen Gründen blieb möglicherweise auch ein Ende Dezember bekannt gewordenes Gutachten des Wissenschaftliche Beirats des Bundesfinanzministeriums ohne Folgen. In ihm konstatieren die Experten unter anderem, dass die "technischen Gründe, mit denen einst das System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gerechtfertigt wurde", heute "weitgehend verblasst" sind und dass es "angesichts der technischen Entwicklung [….] kaum noch Gründe [gibt], warum der Rundfunkmarkt wesentlich anders organisiert sein sollte als der Zeitungsmarkt".
Nach Ansicht des Beirats müssten die ARD- und ZDF-Sender deshalb grundlegend reformiert werden. Konkret macht er dazu vier Vorschläge: Erstens sollten öffentlich-rechtlichen Anstalten in Zukunft nur mehr in Bereichen aktiv werden, in denen "das privatwirtschaftliche Angebot klare Defizite aufweist" und "Lücken im Programmspektrum füllen". Zweitens sollten sie keine Werbung mehr ausstrahlen, da diese "Fehlanreize der Programmgestaltung" setzt. Drittens empfiehlt der Beirat eine Abschaffung des wie eine Wohnungssteuer gestalteten Rundfunkbeitrags und eine Finanzierung aus dem allgemeinen Haushalt oder eine "moderne Nutzungsgebühr", die Sender wie Sky, Netflix oder HBO inzwischen etabliert haben. Und viertens sollten die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten genau offenlegen, wofür sie die ihre Mittel verwenden.
Update: Inzwischen hat sich die ARD via Twitter gemeldet und mitgeteilt, dass die Mehreinnahmen vorerst auf ein Sperrkonto fließen.
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