Abschied vom US-Dollar?

Bild: Giorgio Trovato/Unsplash

Die USA könnten sich mit den Sanktionen gegen Russland in den eigenen Fuß geschossen haben

Leitet der Krieg Russlands gegen die Ukraine und die vom Westen gegen Russland verhängten Sanktionen das Ende der Dollar-Dominanz ein? Diese Frage stellt David P. Goldman in der Asia Times.

Vor einigen Jahren sei die Vorstellung, der US-Dollar könne seine Rolle als internationales Zahlungsmittel verlieren, noch eher eine Außenseitermeinung gewesen, doch inzwischen sei sie auch in Berichten von Goldman Sachs oder Credit Suisse zu finden.

Das Ende der Dollar-Dominanz?

Auch ein Arbeitspapier des Internationalen Währungsfonds spricht von der "langsamen Erosion der Dollar-Dominanz". Zentralbanken würden ihre Währungsreserven diversifizieren und neue Währungen in die Portfolios aufgenommen.

Seit dem Beginn des Jahrhunderts würde der Anteil des US-Dollars an den Devisenreserven abnehmen. Dies sei keineswegs Ergebnis veränderter Wechselkurse oder des besonderen Gewichts einiger großer Akteure, sondern Ausfluss aktiver Entscheidungen in zahlreichen Zentralbanken.

Auffälligerweise stehe dem kein wachsender Anteil des britischen Pfunds, des Euros oder des japanischen Yen gegenüber. Ein Viertel des bisherigen Dollaranteils werde inzwischen vom chinesischen Yuan eingenommen und die restlichen drei Viertel von Währungen kleinerer Länder mit beschränktem Gewicht in der Weltwirtschaft.

Dem gegenüber steht eine wachsende Abhängigkeit der USA von ausländischen Käufern ihrer Staatsanleihen. Atemberaubende 18 Billionen US-Dollar, in etwa das Bruttosozialprodukt eines ganzen Jahres, hätten die Vereinigten Staaten seit der großen Finanzkrise 2008 im Ausland aufgenommen, schreibt Goldmann.

Der US-Dollar ist eben für Regierungen und Superreichen rund um den Globus noch immer eine Art Bankfach, in der das Familiensilber oder auch die Einkünfte aus Exportüberschüssen sicher untergebracht werden können.

Die USA können auf diesem Wege – und durch die enormen Einkünfte aus Auslandsinvestitionen, aber das ist ein anderes Thema – ihr gewaltiges Handelsbilanzdefizit finanzieren. Sie brauchen nur die Notenpresse anwerfen, was in Form der Ausgabe der Anleihen geschieht.

Doch sicher ist offensichtlich nicht sicher genug. Die US-Regierung hat vergangenen Monat im Rahmen der Sanktionen gegen Moskau die russischen Dollarreserven eingefroren. Nun fragt sich, was der Rest der Welt für Lehren daraus zieht. China ist schon seit Längerem bemüht, seine eigene Währung im internationalen Warenaustausch einzusetzen.

Risiken

Schon seit etwa 15 Jahren werden mit diversen Ländern entsprechende Vereinbarungen abgeschlossen. Mit Buenos Aires hat man zum Beispiel gerade, wie berichtet, verabredet, die seit 2008 mögliche Verwendung der jeweiligen nationalen Währungen im bilateralen Handel auszudehnen.

Nun hat China sicherlich kein Interesse daran, dass der US-Dollar zusammenbricht. Schon allein deshalb nicht, weil dadurch seine Dollar-Reserven von etwas über einer Billion entwertet würden. Und natürlich, weil die USA mit Abstand der wichtigste Abnehmer chinesischer Waren sind und daher eine Krise jenseits des Atlantiks sofort auf China übergreifen würde.

Andererseits bekommt Beijing mit dem Vorgehen der USA gegen Russland erneut gezeigt, welche Risiken mit seinem Dollarschatz verbunden sind. Entsprechend gab es in den letzten beiden Jahren wiederholt Berichte, dass Beijings Zentralbank US-Wertpapier abstößt und lieber Anlagen anderer Staaten kauft.

Ungewisse Zukunft des Weltwährungssystems

Die Zukunft des Weltwährungssystems scheint also ungewiss. Ein Bericht der Financial Review zeigt die Sorgen, die sich viele Beobachter machen.

Einige würden die Herausbildung verschiedener Währungsblöcke erwarten. Andere rechnen damit, dass künftig auch Rohstoffe als Sicherheiten von den Zentralbanken eingesetzt würden. Für die Rohstoffexporteure wären das gute Nachrichten, denn das würde die Preise in die Höhe treiben.

Für die zunehmen inflationsgeplagten Verbraucher in aller Welt sicherlich weniger. Schon nehmen die Anzeichen zu, dass die Welt vor einer neuen Runde dramatischer Preis- und Hungerrevolten steht.

Nach Peru kam es in den letzten Tagen auch in Indonesien zu massiven Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei.