Achtung! Der neue Scheuer-Katalog ist da

Grafik: TP

Die Bußgelder für geringe Geschwindigkeitsüberschreitungen steigen deutlich und Fahrverbote werden nun schneller verhängt

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Seit gestern gilt eine neue Straßenverkehrsordnung und mit ihr ein neuer Bußgeldkatalog. Wer innerhalb geschlossener Ortschaften nun zehn Stundenkilometer zu schnell fährt, der muss mit der Abnahme von 30 Euro rechnen. 15 Stundenkilometer kosten jetzt 50 Euro - und von 16 bis 20 werden 70 Euro fällig. Ab einer Höchstgeschwindigkeitsüberschreitung von 21 Stundenkilometern kommen zum Bußgeld in Höhe von 80 Euro noch ein Monat Fahrerlaubnisentzug und ein Punkt im Fahreignungsregister in Flensburg hinzu.

Dabei spielt es keine Rolle, ob ein Verkehrsteilnehmer die Geschwindigkeit mit oder ohne Vorsatz überschritten hat. Auch dem, der ein Tempo-30-Schild oder eines der neu eingeführten Fahrradzonen-Schilder übersieht, droht das Fahrverbot. Fahrer teurerer Automobile, die Geschwindigkeitsüberschreitungen im Fahrzeug mit Warnsignalen anzeigen, sind hier im Vorteil: Ein Dacia Sandero aus Rumänien hat so etwas im Regelfall nicht, ein Audi aus Scheuers bayerischer Heimat schon.

Neue Verkehrsschilder (9 Bilder)

Verkehrszeichen Verbot des Überholens von einspurigen Fahrzeugen für mehrspurige Kraftfahrzeuge und Krafträder mit Beiwagen. Wer so ein Schild sieht, der darf als Autofahrer Fahrräder auch dann nicht überholen, wenn er den neuen Mindestseitenabstand einhalten kann. Bild: Bundesanstalt für Straßenwesen

Auch Parkverstöße werden deutlich schwerer bestraft

Außerhalb geschlossener Ortschaften kostete eine Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit um zehn Stundenkilometer bislang zehn Euro, jetzt verlangt der Staat das Doppelte. Für Überschreitungen zwischen elf und 15 Stundenkilometer werden 40 Euro fällig, für solche zwischen 16 und 20 Stundenkilometern 60 und für die zwischen 21 und 25 Stundenkilometer 70. Höchstgeschwindigkeitsüberschreitungen ab 26 Stundenkilometern außerhalb geschlossener Ortschaften wirken wie solche ab 21 Stundenkilometern innerhalb aus: Sie führen potenziell zu einem Bußgeld in Höhe von 80 Euro, einem Punkt im Fahreignungsregister in Flensburg und einem Monat Führerscheinentzug.

Sehr deutlich höher fallen auch die Bußgelder für Parkverstöße aus: Das unberechtigte Parken auf einer für Schwerbehinderte reservierten Stelle kostet nun nicht mehr 35, sondern 55 Euro. Gleiches gilt für das Abstellen von Verbrennermotorfahrzeugen auf Parkplätzen für Elektroautos, für das Abstellen von Fahrzeugen in Einzelbesitz auf Carsharing-Parkplätzen, und für das Ignorieren oder Übersehen einer Feuerwehrzufahrt.

Potenziell günstiger ist das Halten oder Parken im Halte- oder Parkverbot, das 25 Euro kostet. Potenziell teurer ist es dagegen mit bis zu 100 Euro auf Gehwegen, Radwegen, Schutzstreifen und in zweiter Reihe. Fühlt sich ein anderer Verkehrsteilnehmer dadurch behindert, kann es sogar einen Punkt in Flensburg obendrauf geben. Werden durch ein abgestelltes Fahrzeug Polizei- oder Sanitätsfahrzeuge behindert, gibt es diesen Punkt in jedem Fall.

Rowdys, die mit "Motorenmusik" Anwohner ärgern, sollten künftig 100 Euro für den Fall beiseitelegen, dass sich letztere das Nummernschild aufschreiben. 25 Euro weniger werden Fahrern abgenommen, bei denen die Polizei eine so genannte "Blitzer-App" findet, die vor automatischen Geschwindigkeitskontrollen warnt (vgl. Blitzerwarnsysteme im Auto: Ein rechtlicher Blick). Mit bis zu 220 Euro mehr Bußgeld muss dagegen jemand rechnen, der eine Rettungsgasse befährt, ohne Polizist, Feuerwehrmann oder Krankenwagenfahrer zu sein. Ihm drohen darüber hinaus ein Monat Fahrverbot und zwei Punkte im Fahreignungsregister.

"Verkehrsminister der Radfahrer"

Außer über Lastwagen und landwirtschaftliche Fahrzeuge könnten sich Autofahrer künftig auch öfter über Radfahrer ärgern: Die dürfen sie nun nämlich außerhalb von Ortschaften nur noch dann überholen, wenn sie dabei mindestens zwei Meter Seitenabstand einhalten können. Innerhalb von Ortschaften beträgt der neue Mindestseitenabstand eineinhalb Meter. Begegnen sie dem neuen Zweiräderüberholverbotsverkehrsschild dürfen sie das auf dem kommenden Streckenabschnitt auch dann nicht, wenn der Mindestseitenabstand gewährleistet wäre.

Radfahrer dagegen dürfen jetzt etwas, was vorher verboten war: An einer roten Ampel rechts abbiegen. Aber nur dann, wenn es ihnen ein ebenfalls neues Verkehrszeichen mit einem grünen Pfeil explizit erlaubt. Vor dem Abbiegen müssen sie jedoch mindestens drei Sekunden lang an der Ampel halten und darauf achten, dass kein anderer Verkehrsteilnehmer in Gefahr gerät.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer von der CSU lobte seine Novelle gestern als Werk, mit dem "unsere Mobilität sicherer, klimafreundlicher und gerechter" werde. Es stärke "insbesondere die schwächeren Verkehrsteilnehmer", denn er sei "auch ein Verkehrsminister der Radfahrer". Aus der Opposition kam der Widerspruch dazu vor allem von Seiten der FDP, deren Verkehrsexperten Oliver Luksic es "unpassend" findet, "das Falschparken auf einem Parkplatz für Elektroautos ebenso zu bestrafen wie auf einem Parkplatz für Schwerbehinderte". Dass nun statt einer Höchstgeschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 41 Stundenkilometern bereits eine von 26 zu einem Fahrverbot führt, hält er für "praxisfern und überzogen".