AfD-Lovebombing für Hans-Georg Maaßen
Im Wahlkampf-Endspurt bekommt der Ex-Geheimdienstchef und CDU-Kandidat Schützenhilfe von der AfD - und kritisiert den Umgang seiner früheren Behörde mit der ultrarechten Partei
Der Thüringer AfD-Fraktionschef Björn Höcke hat den ehemaligen Chef des deutschen Inlandsgeheimdienstes, Hans-Georg Maaßen voller Anerkennung als "Stachel im Fleisch der CDU" bezeichnet. Auf dem Ticket der Christdemokraten bewirbt sich Maaßen als Direktkandidat in Südthüringen um ein Bundestagsmandat, was längst nicht von allen Spitzenpolitikern der CDU goutiert wird. Denn der ehemalige Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, der von 2012 bis 2018 sechs Jahre lang die Definitonsmacht über Extremismus in Deutschland hatte, ist mittlerweile vielen seiner Parteifreunde zu rechtslastig.
Die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien (CDU), die Mitglied im "Zukunftsteam" des Unionskanzlerkandidaten Armin Laschet ist, hat sogar indirekt dafür geworben, in Maaßens Südthüringer Wahlkreis 196 für den Gegenkandidaten der SPD zu stimmen - den Olympiasieger und früheren Biathlon-Bundestrainer Ullrich.
Maaßens Kandidatur müsse sie auch wenn sie gar nicht davon begeistert sei und sich frage, "was Herr Maaßen eigentlich in der CDU sucht", hatte Prien vor zwei Wochen in der ZDF-Talkshow von Markus Lanz erklärt. "Ich sag mal so, ich bin von Leistungssportlern immer wieder fasziniert", fügte sie mit Blick auf den Gegenkandidaten hinzu.
AfD-Rechtsaußen Björn Höcke würde Maaßen dagegen mit offenen Armen empfangen. Der Wahlkampf, den Maaßen derzeit als Direktkandidat in Südthüringen führe, habe "nicht mehr viel mit der CDU-Programmatik zu tun", sagte Höcke am Mittwoch vergangener Woche in Erfurt. "Es gibt viele Schnittstellen zur AfD."
Kandidat "mit Rückgrat und politischer Erfahrung"
Wenige Tage vor der Bundestagswahl kursieren nun auch Wahlaufrufe aus den Reihen der AfD zugunsten von Maaßen. Die AfD-Fraktion im Stadtrat von Suhl forderte am Mittwoch ihre Anhängerschaft auf, nur bei der Zweitstimme die AfD anzukreuzen und ihre Erststimme "einem Kandidaten mit Rückgrat und politischer Erfahrung" zu geben. Hans-Georg Maaßen wird in der Mitteilung des AfD-Fraktionsvorsitzenden nicht namentlich genannt, allerdings kann aus AfD-Sicht in diesem Zusammenhang nur er mit "Beamter, der sich nicht für Parteipolitik missbrauchen lässt" gemeint sein.
Peinlich berührt hat Maaßen dieses Lovebombing keineswegs. Im Gespräch mit der rechten Wochenzeitung Junge Freiheit kritisierte er den Umgang seiner früheren Behörde mit der AfD. "Ich bin der festen Überzeugung, der Verfassungsschutz sollte keine Parteien in Deutschland beobachten", sagte Maaßen im Auszug eines Video-Interviews, das die Junge Freiheit am Donnerstag veröffentlichte. Er halte es "nicht für richtig, dass politische Parteien wie zum Beispiel die AfD beobachtet werden", so Maaßen.
Die AfD selbst hatte sich bereits im Januar vorsorglich an das Kölner Verwaltungsgericht gewandt, um eine mögliche Einstufung als Verdachtsfall zu verhindern. Der heutige Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Thomas Haldenwang, hatte seinerseits die Verfassungsschutzämter der Länder in einer Videokonferenz intern über eine Hochstufung der Partei informiert.
Öffentlich hatte er sie nicht bekanntgegeben. Als die Information über die Landesbehörden dennoch an die Öffentlichkeit drang, hatte das Gericht dem Verfassungsschutz verboten, die Einordnung, Beobachtung, Behandlung oder Prüfung der Partei als "Verdachtsfall" vor Abschluss des Eilverfahrens öffentlich oder nicht öffentlich bekanntzugeben.
Alle für den SPD-Kandidaten, um Maaßen zu verhindern?
Unterdessen ist zwischen Vertretern demokratischer Parteien ein Streit über den Umgang mit Maaßens Kandidatur entbrannt, in den sich auch das Netzwerk Campact einmischte, weil die Partei Die Linke sich getraut hat, einen eigenen Direktkandidaten im Südthüringer Wahlkreis 196 aufzustellen. Die SPD und Campact werben dafür, dass doch bitteschön alle demokratisch gesinnten Menschen für den SPD-Kandidaten stimmen sollen, um Maaßen zu verhindern. Die Linke hatte sich trotzdem die Freiheit genommen, den Gewerkschafter Sandro Witt aufzustellen. Das sorgte in SPD-Kreisen und bei Campact für Entrüstung.
Zuletzt versuchte Campact mit einer konzertierten E-Mail-Aktion, Die Linke, die in Thüringen den Ministerpräsidenten stellt, unter Druck zu setzen, damit sie ihren Kandidaten im Wahlkreis 196 zurückzieht. Ministerpräsident Bodo Ramelow und die Ko-Chefin der Linkspartei, Susanne Hennig-Wellsow, sollten deshalb mit E-Mails bombardiert werden. Ramelow weigerte sich aber, "Einfluss auf einen Kandidaten einer freien Wahl auszuüben", damit dieser seine Kandidatur zurückziehe.