Albanische Heroin-Mafia auf dem Vormarsch
Der neueste Drogenbericht von Europol und die Selbständigkeit des Kosovo
"Die albanische Mafia und die sogenannte Befreiungsarmee Kosovo UCK haben keine Berührungspunkte - sie sind ein und dasselbe. Sie sind über die Familien miteinander verbunden, so dass es unmöglich ist, sie voneinander abzugrenzen," meinte Marko Nicovic, Leiter der Drogenabteilung im Belgrader Innenministerium, schon im Jahre 1998, als noch Slobodan Milosevic jugoslawischer Präsident war.
Wer dies seinerzeit für serbische Propaganda hielt, kann sich im neuesten Drogenbericht von Europol eines besseren belehren lassen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung fasste Mitte Januar den noch nicht veröffentlichten Report zusammen. Dort hieß es unter anderem:
Kontrolliert wird der europäische Heroinmarkt von international organisierten Gruppen, unter denen türkische und kurdische Organisationen nach wie vor das Sagen haben. Allerdings haben albanische Gruppen ihren Anteil am Rauschgiftmarkt im allgemeinen und am Heroinmarkt im speziellen kontinuierlich vergrößert. Drei Faktoren haben zu dieser Entwicklung maßgeblich beigetragen: die Anwesenheit von Albanern aus Albanien, aus dem Kosovo und aus Mazedonien in nahezu allen westeuropäischen Ländern, die Existenz vieler Erscheinungsformen organisierter Kriminalität unter Albanern und das Bestreben einiger Gruppen, aus Albanien, dem Kosovo und Teilen Mazedoniens ein selbständiges Groß-Albanien zu schaffen. Nach aller Erfahrung dient Rauschgifthandel auch im Fall Albanien dazu, Geld für den politischen wie den bewaffneten Kampf zu beschaffen.
Es spricht einiges dafür, dass diese Darstellung die Bedeutung der albanischen Verbrechergruppen sogar noch untertreibt. Der "Spiegel" stellte unter der Überschrift Sprache der Morde bereits Anfang August 1999 eine niederschmetternde Bilanz zusammen:
Noch nie hat sich aus einer so kleinen Volksgruppe in so kurzer Zeit eine so starke Energie in der Illegalität entfaltet...Überall, wo Banden 'ethnischer Albaner' operieren, ist aus Kripo-Kreisen zu hören, was der Hamburger Fahnder Detlef Ubben knapp und nüchtern ausdrückt: 'Sie drohen eher, sie prügeln eher, und sie schießen eher.' Das Bundeskriminalamt verzeichnete im 'Lagebild' bei der OK (Organisierte Kriminalität)-Klientel aus dem Kosovo eine 'extreme Gewaltbereitschaft' wie auch eine äußerst massive und brutale Gewaltanwendung'.
Im Herbst 2004 wies das FBI darauf hin, dass die Albanermafia sich auch in den USA an die Spitze der Unterwelt geschossen hat. Chris Swecker, Chef der Verbrechensabteilung der US-Behörde, sprach in diesem Zusammenhang von 1000 Balkangangstern. Sie hätten zuerst für die traditionsreichen Clans etwa der Cosa Nostra Schmutzarbeiten wie Prügeln und Töten verrichtet und sich dadurch unersetzlich gemacht. Weil dem FBI im Zuge der Operation Buttondown eine erhebliche Schwächung der Cosa Nostra gelang - 100 Führungsmitglieder und 600 Mitarbeiter des Verbrechersyndikats wurden in den letzten Jahren verhaftet -, konnten die albanischen Hiwis schließlich die brachliegenden Geschäftszweige ihrer früheren Chefs übernehmen. "FBI- Vertreter sagten, dass Russen und andere Gruppen der organisierten Kriminalität in den USA ... weniger gewalttätig arbeiteten als die Albaner."
Die hocheffiziente internationale Vernetzung der Albanergangs mit ihren weltweiten Niederlassungen basiert auf der Großfamilie, dem Clan:
Eine typische Balkanfamilie hat heutzutage 60 Angehörige, bisweilen kommen noch 150 Verwandte zusammen. Verstärkt noch durch Allianzen mit Nachbarn und Freunden sind solche Beziehungsgeflechte, sofern sie sich in kriminelle Netzwerke einfügen, eine nahezu ideale Basis.
Spiegel, 2.August 1999
Die Überlegenheit des Clan-Prinzips macht der Polizei zu schaffen: Festgenommene Kosovo-Mafiosi nehmen lieber hohe Haftstrafen in Kauf, als gegen ihre Gang auszusagen; das Einschmuggeln von V-Leuten ist fast aussichtslos, denn "innerhalb der Führungsebene (werden) keine Angehörigen anderer Nationen geduldet".
So verdienstvoll die "Spiegel"-Reportage in der Darstellung dieses Clanarchipels war, so falsch - und an dieser, und nur an dieser Stelle, auch potentiell rassistisch - war es, dass Austs Redakteure lediglich "Relikte einer archaischen Stammesgesellschaft" erkannt haben wollten. Denn was sich zwischen Pristina, Skoder und Tirana in den letzten Jahren abgespielt hat, war weder im Blut noch in der Kultur der dortigen Bevölkerung angelegt. Vielmehr war es der Einbruch des hochmodernen Kapitalismus in eine staatssozialistische Gesellschaft, die diese innerhalb weniger Jahre in jene wilde Barbarei zurückstürzen ließ, die von Karl May noch treffender als von Karl Marx beschrieben worden ist.
Selbst das Albanien Enver Hodschas bedeutete für die Bevölkerung insofern einen historischen Fortschritt, als es das Mittelalter und die Macht der Clans zurückdrängte. Staatliche Beschäftigungsgarantie und ein ausgebautes Sozialsystem ermöglichtem jedem und jeder eine individuelle Lebensführung unabhängig von der Großfamilie. Archaische Riten und religiöser Aberglaube waren in jeder Form untersagt. Nach dem Zusammenbruch des Systems lebten alte Sitten wie das Schleiertragen und die Blutrache wieder auf. Zwischen 1990 und 1995 - während die Weltöffentlichkeit die "Scheinwerfer auf den Kosovo" (Kinkel) gerichtet hielt - forderte im benachbarten Albanien nach Auskünften von Menschenrechtsgruppen die Blutrache 5.000 Opfer. Innerhalb weniger Monate nach dem Systemwechsel mussten fast alle Produktionsbetriebe in Albanien schließen, da sie teurer produzierten als die über den Weltmarkt ins Land drängende Konkurrenz.
Drogenumschlagplatz Kosovo
Wie Afghanistan das Hauptanbaugebiet, so ist das Kosovo der wichtigste Umschlagplatz für Heroin. Das Executive Intelligence Review spricht von einer "Achse Kabul-Pristina", über die der Drogenhandel und die Finanzierung der albanischen Untergrundbewegung UCK läuft. Dass über das Kosovo 40 Prozent des Heroinhandels nach Westeuropa und in die USA abgewickelt werden, ergibt sich auch aus den Recherchen von Europol und der Unmik-Polizei in der Krisenprovinz.
Vor diesem Hintergrund ist es kaum zu glauben, dass sich der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering Ende August 2004 ganz explizit dafür ausgesprochen hat, "dass das Kosovo in der Lage ist, ein eigener souveräner Staat zu sein". Auch die SPD-Außenpolitikerin Uta Zapf schwärmte kurz darauf von der "kosovarischen Unabhängigkeit. Wollen die deutschen Sozis der Heroingefahr für Europa Herr werden, indem sie den Heroinhändlern einen eigenen Staat schenken?
Noch seltsamer ist allerdings, dass die Frankfurter Allgemeine mit Berichten über die Drogenhochburg Kosovo die proalbanische Balkanpolitik Deutschlands blamiert, die sie ansonsten seit Jahren unterstützt und vorantreibt. Aber vielleicht wird am Ende dieser Widerspruch auf ganz überraschende Weise gelöst werden: Indem man die Tatsache, dass die albanische Mafia zur Gefahr für Westeuropa geworden ist, aus einem Contra- in ein Pro-Argument für die Selbständigkeit des Kosovo verwandelt. Nur in diesem Fall nämlich, wird es dann heißen, könnte man alle hierzulande straffällig gewordenen Skipetaren auf den Balkan abschieben - in ihre eigene Republik.
Vielleicht kann man sogar die Mafiosi für diese Rochade gewinnen - wenn man ihnen den Verzicht auf den Drogenhandel und die Rückführung in ihre Heimat durch die Ermöglichung eines Großalbanien schmackhaft macht. Aber vermutlich werden sie beides wollen.