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Seite 2: Al-Qaida in Syrien: Der Kampf zwischen al-Nusra und Ahrar al-Sham

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Dort tragen seit einigen Tagen die beiden großen Verbündeten im Kampf um Aleppo, die Nusra-Front (aka Jabat Fatah al-Sham) und Ahrar al-Sham, Rivalitäten miteinander aus. Al-Nusra ist von der Waffenruhe ausgenommen, kann also von der syrischen Armee oder Verbündeten angegriffen werden, ohne dass die Abmachungen verletzt werden.

Interessant ist, dass man in der Astana-Konferenz laut verschiedener Berichte (hier in Deutsch von Alfred Hackensberger) anscheinend Karten mit Zonen, "Demarkationslinien", wie es mancherorts hieß, vereinbart hat, die den bewaffneten Gruppen Zonen zuweisen. Zonen, die mit der Präsenz von al-Nusra markiert sind, sind frei für Angriffe. Die anderen wären dann eine Art Schutzzone für die bewaffneten Opposition-Gruppen, die sich den Vereinbarungen der Astana-Konferenz angeschlossen haben.

Al-Qaida in der Klemme

Für den al-Qaida-Ableger al-Nusra sind das denkbar schlechte Karten, die Miliz könnte isoliert werden (ganz so wie es die frühere Vereinbarung zwischen den USA und Russland vorgesehen hatte), weswegen von dort aus erheblicher Druck auf die anderen Gruppen ausgeübt wird, sich der al-Nusra anzuschließen. Ansonsten wäre das Verrat, der mit dem Tod bestraft wird.

Es gab sogar ein Schreiben eines hochstehenden geistlichen Rates in Syrien, das die Milizen davon überzeugen sollte, dass es verboten sei, sich der al-Qaida-truppe anzuschließen, bzw. anders formuliert, dass es für wahre Muslime angeraten ist, sich der Nusra-Front nicht anzuschließen.

Die Klemme für al-Nusra wurde noch enger. Allerdings auch für Milizen von Ahrar al-Sham, die in Teilen der al-Qaida nahestehen und in anderen Teil sich lieber mit der Türkei verbinden (dafür gab es eine religiös begründete Erlaubnis). Der Fraktionsstreit wurde schließlich auch von einem Predigern kommentiert, der früher eng mit Zarqawi, der den Grundstein der IS-Milizen gelegt hat, verbunden war. Er riet vehement von einer Kooperation der Ahrar al-Sham mit der Türkei ab. Dies sei nur erwähnt nur um zu zeigen, wie stark die dschihadistischen Verbindungen sind, mit denen Ahrar al-Sham verquickt ist.

"Nur eine Inszenierung"

In den letzten Tagen gab es Berichte, dass der Streit zwischen al-Nusra und Ahrar al-Sham zu kriegerischen Auseinandersetzungen geführt habe (siehe Das al-Qaida-Problem könnte sich von selbst lösen). Auch das kritischeBeobachter-Blog Moon of Alabama berichtete vom "Rebel-Infighting".

Der Status von Ahrar al-Sham bei der Konferenz von Astana war nicht ganz klar. Es gab ein Ja von Teilen der Gruppe und ein Nein zur Waffenstillstandsvereinbarung. Aber Ahrar al-Sham war offiziell eingeladen. Die Miliz wurde nicht so klassifiziert wie die al-Nusra-Front, weswegen es dann vorstellbar wurde, dass die syrische oder die russische Luftwaffe gegebenenfalls bei Angriffen auf die ausgewiesenen Zonen mit al-Nusra-Präsenz gegen die al-Qaida-Miliz vorgeht und Ahrar al-Sham daraus einen Nutzen trägt.

Der Twist kam dann gestern, mit einem Posting des Syrien-Kenners Ehsani 2, der in Expertenkreisen wegen seines Zugangs zu wichtigen Quellen häufig zitiert wird. Ehsani 2, ein syrisch-amerikanischer Banker mit sehr guten Beziehungen zur Regierung, berichtete vom Verdacht, dass der "Krieg zwischen al-Nusra und Ahrar al-Sham" nur Theater sei, eine Inszenierung, die dazu dient, Ahrar al-Sham nicht als die extremistische Gruppe darzustellen, die sie ist, sondern sie zu den moderaten zu zählen. Ein Wolf im Schafskleid.

Moon of Alabama korrigierte daraufhin seine vorhergehende Darstellung des Konflikts zwischen den beiden Milizen - "Ahrar did not fight with al-Qaeda, al-Qaeda did not attack it" - und betonte noch einmal, wie listig die Dschihadisten in Syrien vorgehen.

Laut dem Kriegsbeobachter Magnier gibt es in den Auseinandersetzungen zwischen der al-Qaida-Miliz und ihren Gegner, auch bei Ahrar al-Sham, Tote. Wie sich die internen Kämpfe entwickeln, ist noch nicht abzusehen. Zu erkennen ist aber erneut, dass die Story von der moderaten Opposition in Aleppo stark von fiktiven Elementen geprägt war - und dass jeder Einmischungsvorschlag, der Syrien betrifft, mit Komplikationen zu rechnen hat.