Anhörung zu Echelon im holländischen Parlament
Durchbruch nach 2 Jahren unbefriedigender Antworten auf Anfragen im Parlament.
Der Ausschuss für Justiz und Inneres des holländischen Parlaments entschied letzten Donnerstag, eine Anhörung über Echelon anzusetzen. Der Partei der "Grünen" gelang es damit, ihren Antrag durch den Ausschuss zu bringen.
Zu dieser Anhörung im Parlament kommt es, nachdem sich die niederländische Regierung geweigert hatte, ernsthafte Antworten auf Fragen betreffend Echelon im Parlament zu geben. Sechsmal haben Parlamentarier in den letzten zwei Jahren Anfragen bezüglich Echelon gestellt, jedesmal war die Antwort dieselbe: Wir können die Existenz von Echelon nicht bestätigen, die USA und Großbritannien würden zu diesem Thema keine Auskünfte erteilen, jede weitere Untersuchung wäre daher sinnlos.
Doch bei der letzten Sitzung des Rats für Justiz und Inneres der EU einigten sich die Mitgliedsstaaten, eine technische Arbeitsgruppe einzusetzen, die zu ermitteln hat, ob "technische Maßnahmen" wie z.N. starke Verschlüsselung den Missbrauch von abgehörtem Material verhindern können.Der Rat begrüßte die Initiative der Kommission, die "Informationsgesellschaft sicherer zu machen".
Der holländische Justizminister, Benk Korthals, erklärte nach der Sitzung, es gäbe zwar keine wirklichen Beweise für Spionage, es sei aber trotzdem besser, präventive Maßnahmen zu ergreifen. Er schien auch der Ansicht zu sein, dass Frankreich und Deutschland ihre europäischen Partner ebenfalls ausspionieren würden, indem er sagte, Deutschland und Frankreich "sind auch keine unschuldigen kleinen Kinder".
Auf die Frage, was diese mysteriösen Worte bedeuten würden, verweigerte ein Sprecher jeden weiteren Kommentar: "Das sollten Sie den Minister selbst fragen". Gefragt, ob es bedeuten würde, dass Korthals Frankreich und Deutschland Spionage vorwerfen würde, antwortete der Sprecher "das sind ihre eigenen Worte".
Da die Niederlande traditionell eine starke Loyalität gegenüber den USA und dem Vereinigten Königreich haben, entstand der Verdacht, dass die Regierung Fragen über Echelon ausweicht, um den Interessen der eigenen Nachrichtendienste nicht zu schaden. Diese arbeiten eng mit den Diensten der USA zusammen. Zugleich hat die niederländische Regierung neue Befugnisse für ihre Geheimdienste beantragt, beispielsweise das Abhören von Satellitenkommunikation und das Durchsuchen des Materials nach Suchbegriffen. Darüberheinaus soll der Auftrag der Geheimdienste auf Wirtschaftsspionage erweitert werden.
In einem Artikel für die holländische Tageszeitung NRC Handelsblad argumentierten zwei holländische Mitglieder der global Internet Liberty Campaign, das Bureau Jansen en Janssen und Bits of Freedom für eine parlamentarische Untersuchung über Echelon, mit Berufung auf die Nichtbeantweantwortung von Fragen durch die Regierung und die neuen Befugnisse für die Geheimdienste. Überraschenderweise entschied sich der Parlamentsausschuss nur vier Tage, nachdem dieser Artikel erschienen war, für eine Anhörung über Echelon.
Bureau Jansen en Janssen und Bits of Freedom, die im letzten Monat ein Dossier über Echelon herausgegeben haben, das Ende Juli auch auf englisch verfügbar sein wird, werden zu der Anhörung eingeladen.