"Anschläge auf die Nord-Stream-Leitung aufklären"

Telepolis dokumentiert: Debatte im Bundestag über Nord-Stream-Anschläge. Heftiger Schlagabtausch zwischen Ampel-Parteien und Opposition. Wann wird Sabotage geklärt?

Im Bundestag war im Februar auf Antrag der AfD-Fraktion über die Anschläge auf die Nord-Stream-Pipelines debattiert worden. In Ergänzung zur Berichterstattung dokumentiert Telepolis die Reden zum Thema.


Die AfD hat eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung angezeigt. Bitte schön, Herr Frömming.

(Konstantin Kuhle [FDP]: Was kommt denn jetzt?)

Dr. Götz Frömming (AfD): Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren gleich ein Thema, das nicht nur von nationaler Bedeutung und Tragweite ist, sondern – ich glaube, wir sind uns einig – auch von internationaler Bedeutung und Tragweite. Wir gucken betrübt auf den leeren Platz des Kanzlers. Ich weiß, er ist entschuldigt;

(Dr. Paula Piechotta [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist nicht euer Ernst!)

aber der Vizekanzler und Wirtschaftsminister, der auch für diesen Bereich zuständig wäre, ist ja im Hause. Deshalb beantrage ich gemäß § 42 unserer Geschäftsordnung die Herbeirufung des Ministers.

(Beifall bei der AfD)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Es hat sich der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Till Steffen, gemeldet. – Bitte schön.

Dr. Till Steffen (Bündnis 90/Die Grünen):

Das ist natürlich sehr durchsichtig, was Sie hier machen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Zudem geht es um ein ausgesprochen – wie soll ich sagen? – fadenscheiniges Thema. Sie haben ja ein echtes Nichtthema zur Aktuellen Stunde angemeldet.

Insoweit: Es steht Ihnen natürlich zu, diesen Antrag zur Geschäftsordnung zu stellen. Aber ich will darauf hinweisen, dass in der Sache hinter der Dringlichkeit, die Sie gerade dargelegt haben, gar nichts steht, weil es sich wirklich um eine wunderbare Verschwörungsthese handelt, die Sie hier zur Aktuellen Stunde angemeldet haben. Wenn man sich eine Karikatur zu einer AfD-Debatte hätte ausdenken wollen, dann wäre es die von Ihnen angemeldete gewesen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Roger Beckamp [AfD]: Was wissen Sie denn genau? – Mike Moncsek [AfD]: Was wissen Sie denn? – Sebastian Münzenmaier [AfD]: Erzählen Sie uns mal mehr dazu!)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. – Dann lasse ich jetzt über den Antrag der AfD abstimmen. Wer dem Antrag der AfD folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die AfD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – Das sind alle übrigen Fraktionen. Dann ist der Antrag nicht angenommen.

(Thomas Ehrhorn [AfD]: Das ist so erbärmlich! – René Bochmann [AfD], an die übrigen Fraktionen gewandt: Sie alle wollen nicht wissen, was mit der Leitung passiert ist? Sehr eigenartig!)

Ich eröffne dann die Aussprache. Für die AfD erhält das Wort Tino Chrupalla.

(Beifall bei der AfD)

Tino Chrupalla (AfD):

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Anschläge auf die deutsche und die europäische Infrastruktur haben gezeigt, dass die Sicherheit Deutschlands in Gefahr ist, und das auf verschiedenen Ebenen. Zum einen schadet das desaströse Auftreten der Innenministerin dem Ansehen Deutschlands massiv. Zum anderen müssen wir uns hier und heute mit der Sicherheit unserer Lebensadern auseinandersetzen. Von diesen hängt die Existenz der Bürger genauso ab wie die unserer Industrie. Geraten die Energieversorgung, die Produktion von und Versorgung mit Trinkwasser oder auch die Kommunikation in Gefahr, wird es in Deutschland nicht nur sprichwörtlich dunkel; vielmehr wäre in kürzester Zeit auch die innere Sicherheit des gesamten Landes gefährdet.

Die Verantwortung liegt bei Ihnen, der Bundesregierung. Es liegt in Ihren Händen, wie sicher und zuverlässig die Versorgung unserer Bürger erfolgt.

(Beifall bei der AfD)

Sie müssen alle Kraft daransetzen, die Anschläge auf die Nord-Stream-Leitung, die Sie ja für nicht wichtig erachten – wir haben es gerade gehört –, aufzuklären. Seit fast einem halben Jahr stellen wir auch hier im Parlament bei den Regierungsbefragungen immer wieder dieselbe Frage: Wer hat den Anschlag auf die Gasleitungen in der Ostsee durchgeführt? Es handelt sich hierbei um die schwerste terroristische Aktion auf kritische Infrastruktur seit dem Zweiten Weltkrieg.

(Beifall bei der AfD)

Persönlich habe ich den Bundeskanzler in einer Telefonkonferenz gebeten, die Aufklärung voranzutreiben. Bis heute liegen keine Erkenntnisse vor; überall lautes Schweigen. Ich frage Sie: Warum? Der Generalbundesanwalt untersucht den Fall, die schwedischen und die dänischen Sicherheitsbehörden ebenso. Und es gibt noch immer keine Anhaltspunkte? Zumindest hat sich der Generalbundesanwalt heute im Merkur geäußert, dass es – ich zitiere – "derzeit nicht belegbar" sei, die Verantwortung bei den Russen zu suchen.

Da frage ich: Welche Rolle spielen unsere europäischen Nachbarn und so viel beschworenen guten Freunde? Ich frage das bewusst im Zusammenhang mit der Durchführung und der Aufklärung. Weshalb weigert sich Schweden, über die eigenen Ermittlungsergebnisse zu informieren? Welche Rolle spielt Polen in diesem Spiel? Nachdrücklich kam ja von dort im August 2022 die Forderung, Nord Stream 2 abzureißen.

Im direkten zeitlichen Zusammenhang, nämlich nur einen Tag nach den Anschlägen auf Nord Stream, fand die Eröffnung der Baltic Pipe statt, an der Norwegen, Dänemark und eben Polen beteiligt sind. Und warum genehmigt im Juni 2022 das norwegische Parlament den USA in einem Militärabkommen den unbegrenzten Zugang zu und die Nutzung von Teilen seines Hoheitsgebietes?

Wir brauchen hier endlich eine entsprechende Informationslage und Aufklärung. Als Parlament haben wir ein Recht darauf. Dieses ewige Schweigen der Bundesregierung ist nämlich der Nährboden für Gerüchte und Verschwörungstheorien.

(Beifall bei der AfD – Dirk-Ulrich Mende [SPD]: Die Sie befeuern!)

Es führt auch zu Angst und Verunsicherung bei den deutschen Bürgern. Also: Wem nutzt diese Strategie? Dem deutschen Volke jedenfalls nicht.

Es stimmt: Man spricht erst über Wahrheiten, wenn diese belegbar sind. Jedoch bekommen die Bürger – so auch ich – immer mehr den Eindruck, es gebe Fakten, die zumindest so schwierig zu vermitteln sind, dass man besser über Monate schweigt, wie wir es aktuell erleben. Welche Rolle möchte eigentlich die CDU als Oppositionskraft dabei spielen? Herr Kiesewetter wird ja dazu gleich ausführen.

(Konstantin Kuhle [FDP]: Der freut sich schon!)

Deswegen appelliere ich an Sie: Unterstützen Sie uns bei der Einrichtung eines Untersuchungsausschusses, gerade nach einem so schwerwiegenden Ereignis wie diesem Anschlag!

Ich komme wieder zurück zu unseren Verbündeten und Freunden. Kann die Bundesregierung mit größter Sicherheit ausschließen, dass Nord Stream nicht durch deren Zutun zerstört wurde? Schon heute müssen wir unsere Position in Europa und der westlichen Welt zumindest überdenken und im Fall, dass die Pipelines durch westliche Verbündete zerstört wurden, auch vollkommen neu bewerten.

Wähnen Sie Deutschland vielleicht sogar in einer Sicherheit, die gar keine ist? Agieren Länder wie Polen oder die Vereinigten Staaten nicht viel stärker im eigenen Interesse, als sich von Werten leiten zu lassen? Auch als Mitglied des Deutschen Bundestages fordere ich die Bundesregierung nachdrücklich auf, endlich Rede und Antwort zu stehen.

(Beifall bei der AfD)

Ich fordere Sie auch auf, die Fragen zu beantworten, die sich natürlich daraus ergeben: Sind die Versorgungsadern Deutschlands wie Wasserversorgung, Stromnetze und die Kommunikation überhaupt vor Anschlägen dieser Dimension geschützt? Laufen wir Gefahr, bald wieder Opfer von Anschlägen zu werden, die im Interesse anderer stattfinden? Und wie planen Sie, die kritische Infrastruktur Deutschlands überhaupt besser zu schützen? Welche Antworten hat eigentlich die Innenministerin darauf? Auch sie hätte heute hier sein müssen. Das gehört nämlich zu Ihrem Aufgabenbereich als Bundesministerin, Frau Faeser, und nicht die persönliche Karriereplanung in Hessen.

(Beifall bei der AfD – Zurufe der SPD: Oh!)

Begreifen Sie endlich, dass wir uns nicht einseitig binden dürfen! Wir müssen die eigenen Interessen, die Interessen Deutschlands und seiner Bürger, klar formulieren und dürfen uns nicht in der Vorstellung verlieren, die ganze Welt sei unser Freund.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

SPD: "Von kriminalistischen Ermittlungen überhaupt keine Ahnung haben"

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat der Kollege Sebastian Fiedler für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des Bündnisses 90/Die Grünen und der FDP)

Sebastian Fiedler (SPD):

Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

"Kein Ungeziefer in Lebensmitteln" stand bis vor Kurzem noch für die Aktuelle Stunde auf der Tagesordnung. Jetzt haben Sie sich das Thema "Anschläge auf deutsche und europäische Infrastruktur aufklären und abwehren" überlegt und sind mit voller Mannschaft angerückt. Es sitzen jetzt gerade übrigens ungefähr doppelt so viele bei Ihnen wie beim Gedenken zum Jahrestag der Befreiung von Auschwitz; daran kann ich mich noch gut erinnern: Da waren Ihre Reihen leer. Es ist schon bemerkenswert, auf welche Weise Sie die Skandalisierung voranzutreiben versuchen.

(Beifall bei der SPD, dem Bündnis 90/Die Grünen und der FDP – Zuruf von der AfD: Na, na, na!)

Verehrte Zuschauerinnen und Zuschauer, ich versuche noch einmal zu erklären, wie das ist: Der Generalbundesanwalt leitet ein Verfahren. Es ist nicht die Aufgabe unseres Hauses hier, Ermittlungen zu kommentieren, unterwegs nach außen zu tragen, sondern da läuft ein Ermittlungsverfahren. Genau so hat Peter Frank das dokumentiert. Er hat zwischendurch gesagt: Es gibt derzeit keine Belege für die eine oder andere Frage. – Das ist übrigens völlig normal. Ihr Wortbeitrag, Herr Chrupalla, zeigt im Prinzip, dass Sie von kriminalistischen Ermittlungen wirklich überhaupt keine Ahnung haben. Anders erklärt sich Ihre ganze Rede gar nicht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des Bündnisses 90/Die Grünen und der FDP)

Da geht es nämlich um kriminalistisches Hochreck, was da gerade betrieben wird, und zwar unter Wasser.

(Zurufe von der AfD)

Glauben Sie eigentlich, das sei für Kriminalistinnen und Kriminalisten an der Tagesordnung? Das dauert natürlich eine Zeit, und so ist das auch richtig. Die Ermittlungen werden hinterher von Gerichten überprüft; so ist das in unserem Rechtsstaat geregelt, und so ist das auch gut und richtig.

(Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ Die Grünen)

Es ist aber auch nicht erstaunlich, dass wir die Funktionsfähigkeit des Rechtsstaates immer wieder rechts außen erläutern müssen.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Sie tun ja so, als wäre es ein Fahrraddiebstahl gewesen!)

Genauso verhält es sich übrigens bei den Anschlägen auf die Deutsche Bahn. Auch da laufen richtigerweise noch die Ermittlungen. Und dass der Generalbundesanwalt zwischendurch sagt, dass sich dieses oder jenes noch nicht erhärtet hat, ist in jedem kriminalistischen Verfahren vollkommen normal.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Das hat doch eine politische Dimension!)

Und, ehrlich gesagt, viel mehr Raum – das hat der Kollege Till Steffen gerade schon gesagt –, bietet Ihr Antrag auch nicht.

Einen Punkt wird meine Kollegin Kreiser gleich noch aufgreifen. Sie wird noch was dazu erzählen, was die Bundesregierung alles tut im Hinblick auf den Schutz kritischer Infrastrukturen. Deswegen werde ich an der Stelle nicht mehr in der Tiefe darauf eingehen; dazu lernen Sie gleich noch mehr.

Ich will noch einen zusätzlichen Aspekt einbringen. Wir haben uns in unserer Arbeitsgruppe Kriminalpolitik mit einem zusätzlichen Impuls auseinandergesetzt, den ich noch mal in den Raum werfen möchte, weil er ganz gut zu der eigentlichen Überschrift – nicht zu Ihrer Rede – passt. Es lohnt sich durchaus, einen Blick darauf zu werfen, dass wir mal eine Schutzkommission hatten, seit 1951. Thomas de Maizière hat als Bundesinnenminister wirklich gute Dienste geleistet, aber an der Stelle hat er einen großen Fehler gemacht, als er sie nämlich 2015 auflöste.

Es gibt von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich dort engagiert haben, gute und nennenswerte Hinweise darauf, warum es wichtig wäre, ein solches interdisziplinäres Gremium noch einmal zu schaffen, und zwar aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bestehend, weil es sehr sinnvoll wäre, sich nicht wie damals nach dem Krieg mit den Auswirkungen des Krieges auseinanderzusetzen, sondern mit den massiven Auswirkungen des Klimawandels und des Artensterbens, mit Flüchtlingsströmen und Migration,

(Zuruf von der AfD)

mit Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine – achten Sie auf die Reihenfolge von Täter und Opfer: Putins Angriffskrieg auf die Ukraine! –,

(Beifall bei der SPD, dem Bündnis 90/Die Grünen und der FDP)

mit gesellschaftlicher Segregation, Polarisierung, Einflüssen von Desinformation

(Konstantin Kuhle [FDP]: So ist es!)

und natürlich auch mit dem Schutz von Lieferketten. Unsere Versorgungssicherheit ist wichtig; KRITIS ist wichtig.

Es gibt also ganz viele Gründe dafür, dass sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dauerhaft in einem dynamischen Prozess mit solchen Fragen auseinandersetzen. Deswegen haben wir diese Anregung aus der Wissenschaft in die Bundesregierung getragen. Ich finde es gut, dass dort überprüft wird, ob und inwieweit wir tatsächlich noch so etwas in einer Version 2.0 einrichten sollten.

Eine solche Kommission sollte dem Motto folgen, dass die Bevölkerung weiß, dass es so ein Gremium gibt, auf das wir uns alle verlassen können. Sie sollen nicht zwingend wissen, womit sie sich ständig beschäftigen. Das ist so ein bisschen die Verbindung zu dem Wortbeitrag von gerade. Denn für das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung – das ist das, was wir dazu wissen – ist es außerordentlich wichtig, dass die Bevölkerung weiß, dass der Rechtsstaat prinzipiell funktioniert, wie Ermittlungen laufen, wie der Schutz von kritischer Infrastruktur funktioniert.

(Zuruf von der AfD: Ja, wie denn?)

Die Bevölkerung darf und muss aber nicht zwingend wissen, wie und in welchem Detail das funktioniert. Warum nicht? Weil die Feinde der Demokratie das eben nicht wissen dürfen.

(Canan Bayram [Bündnis 90/Die Grünen]: Genau!)

Zu denen zähle ich auch Sie.

(Beifall bei der SPD, dem Bündnis 90/Die Grünen und der FDP – Zuruf des Abg. Sebastian Münzenmaier [AfD])

CDU: "Wem nützt es, wenn eine Leitung übrig bleibt?"

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Nächster Redner ist Roderich Kiesewetter für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Roderich Kiesewetter (CDU/CSU):

Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, der beste Schutz gegen Anschläge auf unsere Infrastruktur und kritische Infrastruktur ist, dass Russland verlieren lernt. Was meine ich damit? Dass Russland seine imperialen Ansprüche aufgibt, dass Russland seine kolonialen Ansprüche aufgibt, dass Russland den imperialen Angriffskrieg gegen die Ukraine und seine staatsterroristischen Aktivitäten – Stichwort "Tiergartenmord"; so festgestellt von einem deutschen Gericht – beendet. Russland muss verlieren lernen.

(Zuruf der Abg. Gerrit Huy [AfD])

Der zweite Aspekt ist, dass die Ukraine – wie unser Verteidigungsminister sagt – gewinnen muss, oder – wie Macron sagt – in den Grenzen von 1991 siegen muss. Dann haben wir die Voraussetzungen geschaffen, die auch notwendig sind, um mit Blick auf unsere Nationale Sicherheitsstrategie und das, was Kollege Fiedler eben ansprach, ein Sicherheitsgefühl, eine Sicherheitskultur zu schaffen.

Der Angriffskrieg geht von Russland aus. Ich frage nicht, ob der Autor, der da vorhin zitiert wurde, recht hat; ich frage: Wem nützt es? Ich möchte auf den Artikel auch nicht weiter eingehen, weil dieser Autor sehr klar keine Quelle benennt

(Tino Chrupalla [AfD]: Ich habe doch gar keinen Autor erwähnt!)

und auch seinen Aufsatz nicht veröffentlichen konnte und ihn deshalb selber in den Raum stellte. Deswegen ist es sehr gut, dass bei uns die Stärke des Rechts gilt, nämlich ein Generalbundesanwalt, der die Ermittlungen führt und dazu das Bundeskriminalamt, die Bundespolizei und viele andere Kräfte einsetzt.

Ich frage mich: Wem nützt es denn, wenn so ein Anschlag auf kritische Infrastruktur wie Nord Stream stattfindet, eine Leitung erstaunlicherweise übrig bleibt und dann das Land, das das Gas sendet, über mehrere Tage mit Hochdruck Gas durch diese Leitungen sendet? Doch nicht, um die Spuren zu konservieren, sondern, um die Spuren zu verwischen!

(Beifall bei der CDU/CSU – Thomas Ehrhorn [AfD]: Was für lächerliche Theorien eines Hobbykriminalisten! Das ist doch peinlich! – Weitere Zurufe von der AfD)

Aber es wird, meine sehr geehrten Damen und Herren, darauf ankommen, dass wir in aller Ruhe die Ermittlungen des Generalbundesanwalts abwarten. Wir sehen auch, wie sehr der Bezug auf die Stärke des Rechts den einen Flügel dieses Hauses, dessen Flügel unter Beobachtung steht, enerviert.

(Zuruf des Abg. Thomas Ehrhorn [AfD])

Deswegen rate ich uns zu Gelassenheit und zur Stärkung des Rechts.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben ja ein paar Ansätze, die hier sehr stark wirken. Nach fast 75 Jahren Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ist endlich eine Nationale Sicherheitsstrategie in Erarbeitung – leider nicht beim Kanzleramt, sondern im Auswärtigen Amt. Die Bund-Länder-Koordinierung – die ja auch den Schutz der kritischen Infrastruktur betrifft – können aber nur die Länder mitleisten, also muss das im Kanzleramt gemacht werden.

Ich hätte mich sehr gefreut, wenn es uns gelungen wäre, in dieser Woche die Nationale Sicherheitsstrategie im Bundestag zu debattieren – sie gehört nach dem Kabinett hierher – und dann bei der Münchner Sicherheitskonferenz öffentlich vorzustellen. Das hätte unserem Land, glaube ich, sehr zur Ehre gereicht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir werden sicherlich darüber sprechen, aber entscheidend ist, dass die Umsetzung dieser Nationalen Sicherheitsstrategie auch kritische Infrastruktur umfasst. Wir sind auf der einen Seite sehr stolz, dass binnen weniger Monate LNG-Terminals aus dem Boden gestampft werden, aber sie sind noch nicht Teil der kritischen Infrastruktur. Ich finde es schon bemerkenswert, dass hier darüber nachgedacht wird, dies den Betreibern oder den Bundesländern aufzulasten. Nein, der Bund hat es forciert, und es ist Aufgabe des Bundes, diese kritische Infrastruktur auch zu schützen. Dafür werden wir als Union uns auch intensiv einsetzen.

Der dritte Aspekt ist, dass wir unsere Nachrichtendienste dazu stärken müssen.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Ja!)

Wir investieren sehr viel Kraft und Geld in die Kontrolle der Nachrichtendienste. Wir müssen aber auch sehr viel Geld und Kraft in die Leistungsfähigkeit unserer Dienste investieren.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Die meisten kommen aus dem Ausland!)

Wir brauchen, liebe Koalition, keine Überwachungsgesamtrechnung. Unsere Bevölkerung braucht eine Bedrohungsgesamtrechnung.

(Konstantin Kuhle [FDP]: Beides!)

Und im Rahmen dieser Bedrohungsgesamtrechnung können wir dann auch einen Bezug zu einem aufgewerteten Bundessicherheitsrat, zur Nationalen Sicherheitsstrategie und anderem herstellen. Unserer Bevölkerung muss doch klargemacht werden, dass, wenn wir 300 Milliarden Euro für den sogenannten Doppel-Wumms aufwenden – 200 Milliarden Euro plus 95 Milliarden Euro plus 10 Milliarden Euro – und nur etwas mehr als 3 Milliarden Euro dieser Summe, also 1 Prozent, für die Ukraine, hier irgendwo die Gewichtung nicht ganz stimmt.

Deswegen möchte ich abschließend klar herausstellen, dass der beste Schutz unserer kritischen Infrastruktur eine Sicherheitskultur ist, die das sehr offen anspricht – deswegen hat diese Debatte einen guten Nebeneffekt, weil sie uns die Möglichkeit gibt, das herauszustellen –, und zweitens, dass in den genannten Rahmenbedingungen Russland verlieren lernt und die Ukraine in den Grenzen von 1991 gewinnt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Mike Moncsek [AfD]: Das sitzt tief!)

Grüne: "Kritische Infrastruktur muss besser geschützt werden"

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Das Wort erhält Leon Eckert für Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Leon Eckert (Bündnis 90/Die Grünen):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger!

Unsere kritische Infrastruktur wird angegriffen: ob digital durch das Lahmlegen ganzer Behördennetze, physisch auf Pipelines oder die Bahnkommunikation.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Von Ihren linken Freunden!)

Ich glaube, es ist Zeit, dass wir anerkennen: Unsere kritische Infrastruktur muss besser geschützt werden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Aber das machen wir in der Bundesregierung nicht durch das wilde Jonglieren mit Verschwörungsthesen oder Verdachtsfällen, sondern durch konkrete Maßnahmen.

Ich möchte mit Ihnen mal die Maßnahmen analysieren, die die Bundesregierung ergreifen wird und plant, um unsere kritische Infrastruktur besser zu schützen.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Da bin ich mal gespannt!)

Auf der einen Seite steht das Thema Vorsorge: resiliente Strukturen zu schaffen, Redundanzen zu planen, physischen Schutz, wie die einzelne Betontür oder auch Mauern, zu verstärken.

Ich glaube, da lohnt es sich, zu fragen: Wer ist eigentlich zuständig? Wir haben bei dem Angriff auf die Pipeline gesehen: Es ist nicht immer leicht, herauszufinden, wer für solche Fälle eigentlich zuständig ist. Ist es ein Sturm, der so einen Schaden verursacht, dann ist es im Zweifel eine Katastrophenschutzbehörde eines Landes; handelt es sich um Sabotage, einen Angriff eines feindlichen Staates, dann ist es der Bund, obwohl die Auswirkungen genau gleich sind?

Das heißt, wir müssen uns die Frage stellen: Wer ist zuständig? Wer muss eigentlich die Initiative ergreifen beim Schutz von kritischer Infrastruktur?

Das Gleiche gilt bei der Bewältigung. Wir haben derzeit die künstliche Trennung in Zivilschutz und Katastrophenschutz. Gleiche Wirkung: Ein Baum unterbricht eine Stromleitung, es kommt zu einem Stromausfall; die Landesbehörden, die untere Katastrophenschutzbehörde ist zuständig. Sabotage: Jemand sägt den Strommast durch, im Zweifel ein Zivilschutzfall; also ist der Bund zuständig.

Wir haben also die gleiche Bewältigungsaufgabe bei unterschiedlicher Zuständigkeit. Das führt natürlich zu Doppelstrukturen und, ich glaube, im Zweifel dazu, dass eine Struktur nicht so funktioniert, wie sie sollte. Ich denke, der Zivilschutzfall ist so noch nicht so richtig geübt worden. Ich vermute, dass es hier auch zu der einen oder anderen Überforderung kommen könnte. Also, hier Zuständigkeiten glattzuziehen, ist, glaube ich, eine wichtige Aufgabe. Wir haben dazu im Koalitionsvertrag vereinbart, im Rahmen des Föderalismusdialogs noch mal mit den Ländern über Katastrophenschutz, Zivilschutz, Vorsorge zu sprechen.

Ein weiterer Punkt ist die Investition in den Schutz von kritischen Infrastrukturen: Das ist die Stärkung des BSI, die Stärkung des BBK, das Investieren in Bewältigungsfähigkeiten wie zum Beispiel das Cyber-Hilfswerk, aber auch die Technische Nothilfe des Technischen Hilfswerks stark und up to date zu halten. Da hätten wir mit dem Sondervermögen, wenn wir Verteidigung als Gesamtverteidigung begriffen hätten – also Zivilschutz und militärische Verteidigung als die beiden Seiten einer Medaille, der Gesamtverteidigung –, einen großen Wurf machen können.

Leider hat die Union etwas kleiner gedacht und diesen Teil herausverhandelt. Das ist schade, entbindet uns als Parlament aber nicht, jetzt nachzulegen und zu sagen: 2024 werden die entsprechenden Mittel im Haushalt freigesetzt, um Cybersicherheit und Zivilschutz zu stärken.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Abgesehen davon müssen wir auch an die Regularien gehen. Das Kritis-Dachgesetz wird im Innenministerium vorbereitet. Wir unterstützen die Innenministerin dabei, einen guten und vollumfänglichen Gesetzentwurf auszuarbeiten. Und wir werden die Betreiberinnen und Betreiber von kritischer Infrastruktur in die Pflicht nehmen. Es geht um eine Harmonisierung von Recht. Wir haben ganz viele Vorsorgegesetze: Die Stromversorgung für Wasserversorger im Fall eines Blackouts ist dort geregelt, aber auch Einzelbestimmungen wie zum Beispiel bei der Versorgung von Krankenhäusern. Aber überall gibt es Lücken, und der Fall jetzt hat uns gezeigt: Nicht jeder Versorger und jeder Betreiber von kritischer Infrastruktur wusste, welche Vorgaben er erfüllen muss, welche Bestimmungen für ihn gedacht sind.

(Tino Chrupalla [AfD]: Das ist unfassbar, was man sich hier anhören muss!)

Dieses Kritis-Dachgesetz wird genau diese Lücke füllen. Darin werden die Zuständigkeiten der einzelnen Fachbehörden geregelt sein und auch die Regulierung und die Frage, welche Standards wir anheben müssen.

Das alles wird natürlich den Eintritt eines Ausfalls kritischer Infrastruktur nicht verhindern, sondern nur die Eintrittswahrscheinlichkeit reduzieren.

(Tino Chrupalla [AfD]: Das ist doch unglaublich!)

Deswegen müssen wir die Resilienz in allen Ressorts stärken. Wir haben die Resilienzstrategie in der Ressortabstimmung verabschiedet. Jetzt gilt es, diesen Resilienzgedanken in die Kommunen, in die Länder, in den Bund hineinzutragen und das auch im Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürgern zu verankern. Ich glaube, nur so können wir die Bewältigung von Schadensereignissen gut schultern. Diese ganzen Maßnahmen werden kommen, und wir können alle daran arbeiten, dass sie erfolgreich werden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Linke: "Kein wirkliches Aufklärungsinteresse"

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Nächste Rednerin ist Sevim Dağdelen für Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN – Konstantin Kuhle [FDP]: So! Jetzt mal los!)

Sevim Dağdelen (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Journalismus in unserem Land findet in diesen Tagen des Krieges oft nach dem Motto statt: "Der US-Präsident erklärt, die Bundesregierung verkündet, die Polizei informiert". Der international renommierte Enthüllungsjournalist Seymour Hersh hat sich in seiner ganzen Vita immer gegen einen Verlautbarungsjournalismus gestellt, der versucht, Regierungspositionen zu kolportieren und die Glaubwürdigkeit von Kritik am Regierungshandeln zu erschüttern.

Heute geht es so weit, dass privat finanzierte sogenannte Faktenchecker auf die Zersetzung von Opposition zur Kriegspolitik hinarbeiten und quasi amtlich erklären, was richtig ist und was nicht richtig zu sein hat.

(Beifall bei der AfD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Seymour Hersh hat von den Enthüllungen über das US-Massaker im Vietnamkrieg in My Lai bis heute Journalismus eben nicht als staatlich gelenkte Wahrheitsproduktion verstanden. Umso augenfälliger ist es, dass seine Enthüllungen über die mutmaßlich von den USA und Norwegen begangenen Terrorakte in den öffentlich-rechtlichen Medien und auch in den Leitmedien praktisch gar keine Rolle spielen.

(Konstantin Kuhle [FDP]: Sagen Sie doch mal was über die Terrorakte von Putin!)

Und es scheint so, dass auch der Bundesregierung selbst die Kraft und der Wille zu einer wirklichen Aufklärung der Terrorakte fehlt.

(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Hört! Hört!)

Man kann sich eben nicht bis in alle Ewigkeit hinter den Ermittlungen des Generalbundesanwalts verstecken.

(Beifall bei der AfD sowie bei Abgeordneten der LINKEN –Sebastian Fiedler [SPD]: Merken Sie was? Gucken Sie mal nach rechts! – Gegenruf des Abg. Konstantin Kuhle [FDP]: In trauter Zweisamkeit!)

Ich will gar nicht mutmaßen, warum es diesen mangelnden Aufklärungswillen der Bundesregierung zu geben scheint. Was sind die wirklichen Gründe? Man muss vielleicht nicht gleich annehmen, dass Bundeskanzler Scholz und Außenministerin Baerbock nicht mal alleine zum Bäcker gehen würden, ohne sich vorher die Erlaubnis der US-Administration dafür abgeholt zu haben.

(Heiterkeit und Beifall bei der AfD)

Aber für immer mehr Menschen in Deutschland wird offensichtlich, dass der Verzicht der Bundesregierung auf eine eigenständige und diplomatische Außenpolitik,

(Zuruf der Abg. Renate Künast [Bündnis 90/Die Grünen])

die sich nicht in einem Hörigkeitsverhältnis zu den USA begreift, zu einem immer größer werdenden Problem für die Sicherheit der Bevölkerung zu werden droht.

Wenn Sie als Bundesregierung aber dem Eindruck entgegentreten wollen, dass Sie gar kein wirkliches Aufklärungsinteresse haben, was die Terroranschläge auf die Energieversorgung über die wichtigen Gaspipelines angeht, dann fordere ich Sie als Bundesregierung auf, sich wenigstens nicht gegen die Etablierung einer internationalen Untersuchungskommission zu stellen, am besten unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN und der AfD)

In den letzten Stunden ist ein Manifest für Frieden – gegen Eskalation der Waffenlieferungen, für einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen – erschienen,

(Konstantin Kuhle [FDP]: Das ist wirklich peinlich! Wissen Sie, was in den letzten Stunden in der Ukraine los war? 150 000 Haushalte sind ohne Strom!)

mit 69 Intellektuellen und Künstlern, von Reinhard Mey bis Katharina Thalbach und dem Sohn Willy Brandts, Peter Brandt, als Erstunterzeichnern, das auch ich gezeichnet habe. In diesem Aufruf heißt es:

Wir Bürgerinnen und Bürger Deutschlands können nicht direkt auf Amerika und Russland oder auf unsere europäischen Nachbarn einwirken. Doch wir können und müssen unsere Regierung und den Kanzler in die Pflicht nehmen und ihn an seinen Schwur erinnern: "Schaden vom deutschen Volk wenden".

(Beifall bei der AfD sowie des Abg. Andrej Hunko [DIE LINKE – Jürgen Hardt [CDU/ CSU]: Das macht ja normalerweise immer die AfD hier!)

Und dies erwarte ich auch von der Bundesregierung, was die Aufklärung der Terroranschläge auf die Nord-Stream-Pipelines angeht.

(Renate Künast [Bündnis 90/Die Grünen], an DIE LINKE gewandt: Ist Ihnen das nicht regelrecht peinlich?)

Wer sich an seinen Amtseid erinnert, muss diese Sache jetzt mit Nachdruck verfolgen, ohne Ansehen, dass die Enthüllungen bisher darauf hinweisen, dass der eigene Verbündete, die USA, diesen Terrorangriff auf unser Land zu verantworten haben.

(Zuruf von der SPD: Das ist ja noch gar nicht raus!)

Es gab ja eine klare Ansage von US-Präsident Joe Biden am 7. Februar letzten Jahres. Er sagte bei der Pressekonferenz mit Bundeskanzler Scholz: "Wenn Russland ... einmarschiert, wird es kein Nord Stream 2 mehr geben.

(Zuruf von der AfD: Hört! Hört!)

Wir werden dem ein Ende bereiten.

Auch an die öffentliche Freude der Unterstaatssekretärin Victoria Nuland über diese Terroranschläge möchte ich Sie erinnern.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte nach den Anschlägen erklärt: Jede vorsätzliche Störung der aktiven europäischen Energieinfrastruktur ist inakzeptabel und wird zu der schärfsten möglichen Antwort führen."

Zitat Ende.

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Sevim Dağdelen (DIE LINKE):

Ich hoffe sehr, dass diese Ansage auch jetzt noch gilt, wo der Generalbundesanwalt für eine Täterschaft Russlands keine Beweise sieht, und dass die Bundesregierung einen Terrorangriff auf die deutsche und europäische Infrastruktur ebenfalls schärfstmöglich beantwortet.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und der AfD)

FDP: "Es darf keinen Ausverkauf kritischer Infrastruktur geben"

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Nächster Redner ist Konstantin Kuhle für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des Bündnisses 90/Die Grünen)

Konstantin Kuhle (FDP):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sprechen über Anschläge gegen die deutsche und gegen die europäische Infrastruktur. Offenbar geht es der antragstellenden Fraktion insbesondere um die Angriffe gegen die Pipeline Nord Stream 2 und gegen die Infrastruktur der Deutschen Bahn, die es in den letzten Monaten in Deutschland gegeben hat. Und ja, es ist richtig: Wir alle müssen ein Interesse daran haben, dass diese Taten aufgeklärt werden.

(Zuruf von der AfD: Hört! Hört! – Dr. Götz Frömming [AfD]: Haben denn alle ein Interesse daran?)

So wünschenswert es ist, dass diese Taten aufgeklärt werden, so klar ist aber auch: Es gibt zum jetzigen Zeitpunkt keine klaren Erkenntnisse über den Schuldigen.

(Zuruf von der AfD: Woher wissen Sie denn das?)

Deswegen verbietet sich jede Spekulation auf der Grundlage der unseriösen Quellen, die hier gerade vorgetragen worden sind.

(Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU und dem Bündnis 90/Die Grünen)

Diese Diskussion gibt uns aber die Gelegenheit, über Angriffe auf europäische Infrastruktur zu sprechen, bei denen die Urheberschaft völlig klar ist.

Liebe Kollegin Dağdelen, dass Sie es ernsthaft wagen, am heutigen Tag das Friedenspamphlet von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer hier auszubreiten, am heutigen Tag, wo die russische Armee massive Angriffe auf die Ukraine fliegt,

(Tino Chrupalla [AfD]: Gerade heute! – Mike Moncsek [AfD]: Eine Friedensinitiative! – Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Wie wollen Sie das denn beenden? Mit mehr Waffen und Panzern!)

gerade heute, wo 150 000 Haushalte allein in der Region Charkiw ohne Strom sind, das ist nichts anderes als Hohn und Spott für die Opfer dieses russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Und dafür sollten Sie sich wirklich schämen, liebe Kollegin Dağdelen.

(Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU (C) und dem Bündnis 90/Die Grünen)

Diese Angriffe auf die kritische Infrastruktur in der Ukraine sind niederträchtig, und sie sind perfide,

(Zuruf von der AfD: Zum Thema!)

weil sie gerade darauf ausgelegt sind, dass die Menschen in der Ukraine nicht mehr weiterleben können. Diese Angriffe sind die Grundlage einer Strategie, bei der Russland nicht mal mehr sein wahres Ziel verschleiert. Das wahre Ziel ist, dass man in der Ukraine nicht mehr leben kann. Das wahre Ziel Russlands und Putins ist die Vernichtung der Ukraine. Liebe Kollegin Dağdelen, wie kaputt, wie politisch und moralisch bankrott muss man eigentlich sein, um das zu relativieren?

(Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU und dem Bündnis 90/Die Grünen – Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Nur Diffamierungen, keine Argumente!)

Es gibt Angriffe Russlands gegen europäische Infrastruktur in der Ukraine, es gibt Angriffe Russlands gegen europäische und deutsche Infrastruktur, und dazu möchte ich gerne ausführen. Denn wir erleben ja seit der Eskalation des russischen Angriffskrieges nicht nur Angriffe auf die Infrastruktur in der Ukraine; wir erleben auch eine massive Welle russischer Cyberattacken gegen Einrichtungen bei uns in Deutschland. Daran kann man schon sehen, wie eingebettet diese Cyberattacken in eine hybride Kampagne Russlands gegen die europäische Infrastruktur insgesamt sind.

Dazu gehört der Angriffskrieg gegen die Ukraine. Das Ganze wird aber unterstützt durch Cyberangriffe, durch Desinformation, durch finanzielle Einflussnahme und indem man sich einen gezielten Kontakt zu Fürsprechern in den liberalen Demokratien in Deutschland und Europa aufbaut. Die Fürsprecher des russischen Angriffskrieges sitzen typischerweise in den liberalen Demokratien an den Rändern. Das kann man auch in dieser Debatte wieder sehr gut beobachten.

(Beifall bei der FDP, der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des Bündnisses 90/Die Grünen)

Es geht also gerade darum, Zwietracht, Misstrauen und Destabilisierung in europäische Gesellschaften hineinzutragen,

(Zuruf des Abg. Sebastian Münzenmaier [AfD])

um eine Rechtfertigungserzählung für den eigenen Angriffskrieg in der Ukraine zu schaffen. Das ist der Grund, warum man sich im Kreml, warum man sich in Moskau gerade solche Fürsprecher sucht wie hier.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Haben Sie das bei den Young Leaders gelernt von der Atlantik-Brücke?)

Es ist ja schon interessant, dass nach Frau Dağdelen jetzt hier gleich Moskaus bester Mann, Markus Frohnmaier, das Wort ergreift.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des Bündnisses 90/Die Grünen – Lachen bei Abgeordneten der AfD)

Früher haben Sie sich wenigstens noch dafür geschämt und solche Typen hinten versteckt.

(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Gucken Sie mal in den Spiegel!)

Jetzt setzen Sie den in die zweite Reihe und überlassen ihm hier gleich das Wort. Das ist wirklich allerhand. Ihre Kollegen treten mittlerweile im russischen Staatsfernsehen auf, wo offen Mordfantasien gegen die Außenministerin geäußert werden.

(Zuruf: Ein Skandal!)

Sie radikalisieren sich immer weiter als Moskaus Agent hier bei uns in Deutschland.

(Zuruf von der AfD: Hey!)

Deswegen sollten Sie sich schämen, liebe Freunde, die Sie nicht sind, von der AfD.

(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Bündnisses 90/Die Grünen)

Wenn wir darüber sprechen, wie unsere Gesellschaft darauf reagieren muss, dass es diese Angriffe auf die Stabilität unserer Gesellschaft gibt, dann müssen wir über das geplante Gesetz zum Schutz kritischer Infrastrukturen sprechen. Wir müssen darüber sprechen, dass es keinen Ausverkauf kritischer Infrastruktur geben darf, auch nicht bei Häfen.

Wir müssen darüber sprechen, dass der Bevölkerungsschutz und der Katastrophenschutz – dazu hat der Kollege Eckert ausgeführt – besser aufgestellt werden. Ich wünsche mir auch, dass das entsprechende Bundesamt eine Zentralstellenfunktion erhält. All das sind Punkte, die wir noch weiter vertiefen können. Wir müssen aber vor allen Dingen, um uns zu verteidigen, an unserer eigenen Stärke arbeiten,

(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Daran sollten Sie mal in der FDP in Niedersachsen arbeiten, an der eigenen Stärke!)

unserer eigenen inneren Stärke als Demokratie gegen die Feinde der Freiheit in Europa, aber auch hier im Haus. Da haben wir gerade perfekt gehört, wogegen man sich wirklich wehren muss, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU und dem Bündnis 90/Die Grünen)

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