Anwälte beantragen Aufhebung des PKK-Verbots
Die 1993 in Deutschland verbotene Organisation strebt eine Legalisierung an. Ihre Aktivitäten hier erfüllen für sich genommen keinen Straftatbestand
Wenn mutmaßliche Kader der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) in Deutschland vor Gericht stehen, werden ihnen meist völlig unspektakuläre Dinge vorgeworfen, die ohne das PKK-Verbot gar keinen Straftatbestand erfüllen würden – etwa die Organisation von Demos oder Informationsveranstaltungen in kurdischen Kulturvereinen.
Das 1993 vom damaligen Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) erlassene Organisationsverbot wird auch großzügig auf angebliche Teil- oder Vorfrontorganisationen ausgedehnt – bis hin zu einem Verlag und einer Musikproduktionsfirma. Alles, was "den organisatorischen Zusammenhalt" stärken könnte, ist nach dieser Logik potenziell strafbar, auch wenn es auf den ersten Blick unter Meinungs-, Versammlungs- oder Kunstfreiheit fällt.
Am Mittwoch wurde ein Kurde vom Oberlandesgericht München als "Frontarbeiter der PKK" nach den Antiterrorparagraphen 129a/b zu einer Haftstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Unter den 30 konkreten Tatvorwürfen gegen ihn waren laut einem Bericht der kurdischen Nachrichtenagentur ANF unter anderem "Müllentsorgung bei einer Gedenkveranstaltung" und Telefonate mit Abgeordneten der türkisch-kurdischen Oppositionspartei HDP.
Viel Raum für Willkür
Zahlreiche Menschen wurden in den letzten Jahren in Deutschland auch zu hohen Geldstrafen verurteilt, weil sie öffentlich Flaggen und Embleme syrisch-kurdischer Organisationen zeigten, die in Deutschland nicht verboten sind – Sympathiebekundungen für die syrisch-kurdischen Volks- und Frauenverteidigungskräfte YPG und YPJ können aber je nach Kontext als Ersatzhandlung für verbotene "PKK-Propaganda" gewertet werden.
Bereits 2014 war in Deutschland kurzzeitig eine Diskussion über das Ende ihrer Kriminalisierung aufgeploppt, weil auch PKK-Milizen international für ihren Kampf gegen den "Islamischen Staat" (IS) gelobt wurden. Der damalige Unionsfraktionschef Volker Kauder hatte sogar laut über Waffenlieferungen an die PKK nachgedacht. Doch um diesen Vorstoß von ungewohnter Seite wurde es schnell wieder still.
Ein neuer Vorstoß kommt von den Berliner Rechtsanwälten Lukas Theune und Peer Stolle: Sie haben beim Bundesinnenministerium unter Nancy Faeser (SPD) die Aufhebung des PKK-Betätigungsverbots beantragt.
Auf einer Pressekonferenz am Mittwoch zeigten die Anwälte auf, wie sich die Verhältnisse seit 1993 geändert haben. Eine Aufrechterhaltung des Verbots sei nicht mehr zu rechtfertigen, denn die PKK begehe keine Straftaten in Deutschland und stelle damit keine Gefahr für die innere Sicherheit mehr dar. Zudem hätten sich die Ideen und Ziele der Organisation seither geändert. In der Türkei hingegen sei ein Regime entstanden, das demokratische Grundsätze mit Füßen trete.
Die PKK strebt beispielsweise schon seit längerer Zeit keinen eigenen Staat mehr an, sondern tritt für regionale Autonomie ein und spricht vom Modell des demokratischen Konföderalismus.
Nächster Schritt wäre Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht
Den Antrag auf Aufhebung des Verbots in Deutschland stellten die Anwälte im Namen des Exekutivrates der Union der Gemeinschaften Kurdistans (KCK) – einem Dachverband, der die PKK und ihre Schwesterorganisationen in den verschiedenen Teilen Kurdistans und der Diaspora vereint.
Laut einem Bericht der Tageszeitung junge Welt wird die Arbeit der Juristen dadurch erschwert, dass neben der PKK auch die KCK auf der EU-Terrorliste steht. Das bringt neben dem Verbot von Finanztransaktionen auch Kontaktbeschränkungen mit sich.
Falls Faesers Ministerium den Antrag zurückweist – laut einem Ministeriumssprecher ist damit zu rechnen – wollen die Anwälte vor dem Bundesverwaltungsgericht klagen.
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