Arabische Jugend: Lieber Putin als Trump
Studie Arab Youth Survey: 57 Prozent sehen in den USA einen Feind und nicht einen Verbündeten
Die jährliche Studie der arabischen Jugend (Arab Youth Survey) wird vom PR-Unternehmen ASDA’A Burson-Marsteller mit Hauptsitz in Dubai in Auftrag gegeben. Das geht mit einer anderen Tiefenschärfe und anderen Auffächerung einher als bei wissenschaftlich orientierten Fragestellungen. Aber da die Befragten aus 16 arabischen Staaten sowie den palästinensischen Territorien stammen und der Studie 3.500 Interviews "von Angesicht zu Angesicht" (jeweils nur Hälfte Männer und Frauen) zugrunde liegen, ist ihren Ergebnissen schon etwas abzulesen.
Zum Beispiel - und das sorgte umgehend für eine Schlagzeile in der Financial Times, in Gulf Today und in der Arab Times, dass Putin bei der Befragung der arabischen Jugendlichen zwischen 18 und 24 Jahren als "Top nicht-arabischer Verbündeter" gilt und nicht die USA unter Trump.
"Es ereignete sich ein dramatischer Wechsel in der Wahrnehmung Amerikas durch die jungen Araber in den letzten beiden Jahren; eine deutliche Mehrheit, nämlich 57 Prozent sehen in den USA nun einen Feind und nicht einen Verbündeten", schreibt die saudi-arabische Zeitung Arab News.
Tatsächlich so das nach Regionen aufgeschlüsselte Ergebnis der Umfrage sehen 55 Prozent der Befragten aus den Golfstaaten (Bahrain, Kuwait, Oman, Katar, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate), 50 Prozent der Befragten aus den arabischen Ländern Nordafrikas (Algerien, Ägypten, Libyen, Marokko und Tunesien) sowie 65 Prozent aus den Ländern der Levante (Irak, Jordanien, Libanon und die palästinensischen Territorien; in Syrien konnte keine Befragung durchgeführt werden) die USA "als Feind ihres Landes". Bei der letzten Befragung im Jahr 2016 waren die Werte deutlich niedriger (40%; 37% und 28 Prozent). Am letzten Wert - aus den Ländern der Levante - wird deutlich, dass die Veränderung des Blicks auf die USA mit deren Syrien-Politik zusammenhänge dürfte.
Von der Entwicklung des Krieges in Syrien profitiert hat Russland. In diesem Jahr sagten nun 31 Prozent in den Ländern der Levante, dass Russland zu den größten Verbündeten gehört; 2016 waren es 15 Prozent. Bei den Golfstaaten und in Nordafrika waren die Unterschiede bei den Bewertungen in den beiden Jahren längst nicht so deutlich (14 zu 11 Prozent bei den GCC; 15 zu 12 bei den Ländern in Nordafrika).
Insgesamt ist die USA bei der Frage nach den beliebtesten Verbündeten in der aktuellen Arab Youth Survey auf Platz 11 abgerutscht; Russland liegt mit 20 Prozent auf Platz vier und ist damit Spitzenreiter bei den nicht-arabischen Ländern. Der beliebtesten Top Five in der Gesamtwertung sind die Vereinigten Arabischen Emirate, es folgt Saudi-Arabien und Kuwait auf Platz drei. Auf Patz fünf ist Ägypten. Die Umfrage wird in arabischen Medien häufig als "Schaufenster" bezeichnet. Die Nennung der beliebtesten fünf Verbündeten verdeutlicht, dass es sich auf jeden Fall um ein arabisches Schaufenster handelt.
Dass Saudi-Arabien von der befragten arabischen Jugend (es waren in den allermeisten Ländern je 100 Frauen und Männer) als zweitbeliebtester Verbündeter genannt wurde, lässt sich etwa mit der Wahrnehmung Saudi-Arabiens in der Berichterstattung in Deutschland, Frankreich oder Großbritannien nicht unbedingt in Einklang bringen. Hier gibt es ganz eklatante Wahrnehmungsunterschiede.
Die arabische Jugendstudie stellte übrigens zum ersten Mal fest, dass Facebook und Twitter von 63 Prozent als erste News-Quelle genannt werden. Bei der Befragung im Jahr 2015 gaben dies nur 25 Prozent an. Fernsehen nannten 2015 noch 60 Prozent als erste Nachrichten-Bezugsquelle; nun sind es 51 Prozent.
Sehr gut schneidet in der Umfrage der saudische Kronprinz Mohammad Bin Salman ab. Bei den Jugendlichen seines Landes hat er zu Fragen, ob er die richtige Wahl als Kronprinz war, ob er eher als stark oder schwach wahrgenommen wird, ob er das Land in die richtige Richtung führt, Zustimmungswerte von über 90 Prozent. Seine "Anti-Kooruptionskampagne" wird in allen drei arabischen Regionen (Golfstaaten, Nordafrika, Levante) von weit über 80 Prozent unterstützt.
Ein PR-Unternehmen hätte sich keine besseren Werte für den Kronprinzen ausdenken können.
Dass man Wert auf eine angenehme Darstellung legt, zeigt sich auch, wenn es um die Ängste der Jugendlichen geht. Man muss schon etwas suchen, um diese Unzufriedenheit der Jugend mit den Regierungen zu entdecken: Mehr als 80 Prozent sind der Meinung, dass die Regierungen mehr für sie tun müssen. Terrorismus und die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit werden als oberste Prioritäten genannt.