Assad: "Der Westen ist verantwortlich"
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Syrien: Der Wiederaufbau, die "wirtschaftliche Waffe" des Westens und die Flüchtlinge
Wäre die Einmischung von Außen nicht, könnte er den Konflikt in Syrien in einem Jahr lösen, weil er dann nicht so kompliziert wäre, sagte Baschar al-Assad in einem Interview mit der Journalistin Hala Jaber.
Der Satz erscheint trivial, wird es aber schon etwas weniger, wenn sich vor Augen hält, was daraus folgt, dass die oppositionellen Milizen, eingeschlossen IS-Kämpfer, einen Krieg gegen die Regierung fortsetzen, obwohl sie keine Aussichten mehr haben, ihre militärischen und politischen Ziele zu erreichen. Genährt und am Leben gehalten wird der Krieg durch die USA und ihre Partner, die versuchen, die Macht von Baschar al-Assad zu beschränken und damit auch die Stellung des großen Rivalen Russland und Irans.
Eine Konsequenz aus der Unterstützung des "syrischen Dschihad" ist, dass seit Kriegsbeginn Millionen von Syrern aus ihrer jeweiligen Höllenkreisen geflohen sind - innerhalb des Landes, in Nachbarländer und nach Europa. Die Aufnahme von Flüchtlingen und Migranten ist zu einem dominierenden politischen Streitthema geworden.
Assads Vorwurf...
Syrien liegt auf einer tektonischen Bruch- oder Spannungslinie in vieler Hinsicht, sagt der syrische Präsident im englisch-sprachigen Interview (transkribierte Langfassung auf Sana; Kurzfassung für die britische Mail in Sunday auf YouTube): geografisch, politisch, sozial und ideologisch; das löse Rückwirkungen aus, zum Beispiel terroristische Anschläge in Europa.
Dem Westen wirft er an mehreren Stellen vor, dass er die Terroristen in Syrien unterstützt habe, namentlich al-Qaida, aber auch der IS würde von den USA unterstützt, wenn es darum geht, Vorstöße der syrischen Armee aufzuhalten. So etwas sei erst die letzten Tage passiert. "The West is responsible first of all", laut Baschar al-Assads Fazit.
... und der blinde Fleck der Selbstwahrnehmung
Der Vorwurf ist bekannt. Gleichwohl wird die Mitverantwortung der USA (mindestens eine Milliarde Dollar für ein Programm zur Unterstützung der militanten Opposition) und Großbritanniens (wo z.B. man regierungsamtlich 38,5 Millionen Pfund! in eine dubiose Oppositions-Organisation wie die White Helmets gesteckt hat) wie auch der EU-Länder Frankreich und Deutschlands meist wie ein blinder Fleck in der öffentlichen Diskussion über den Krieg in Syrien behandelt. Sie wird selten zur Sprache gebracht.
Ob sich das künftig ändert? Der französische Geograf und Spezialist für Syrien, Fabrice Balanche, Lehrstuhlinhaber in Lyon, Gastprofessor in Stanford, mithin nicht von russischem Geld finanziert, kein ideologischer Gegner des "Westens", kein "Assadist", sieht die Aussichten für den Wiederaufbau Syriens bzw. die Erholung des Landes aus einer ungewöhnlichen nicht-hetzerischen, nüchternen Perspektive.
Die irrsinigen Kosten des Wiederaufbaus
In seiner aktuellen Analyse Syrien: Die Niederlage des Westens kommt er auch den seit einiger Zeit wichtiger gewordenen Ansatz zu sprechen, inwieweit die irrsinnigen Kosten für den Wiederaufbau des Landes eine Möglichkeit der westlichen Länder sind, hier dann doch den Einfluss auf Damaskus geltend zu machen, den man mit einer politisch kurzsichtigen und was Menschenrechte und westliche Werte angeht problematischen Unterstützung von Dschihadisten, Salafisten und Islamisten in Syrien vergeigt hat.
Kurz: Kann das Scheitern der vom Westen bezahlten und von seinen engen Partnern in den Golfstaaten, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate und Kuwait gefütterten und radikalisierten Opposition durch die "wirtschaftliche Waffe" wettgemacht werden? Dadurch dass man, wie dies etwa schon aus Frankreich und den hochmoralischen Ebenen der EU zu hören war, fordert, dass es Geld nur dann gebe, wenn Assad geht?
Zwischen 250 Milliarden - Weltbank und UN - und 400 oder 500 Milliarden von syrischen und russischen Stellen bewegen sich die Schätzungen. Hebel wären da wahrscheinlich schon anzusetzen.