Auf dem Weg in die Quanten-Cloud
Mit Hilfe von Quanten-Teleportation wollen Forscher ein neues, sicheres Internet aufbauen, das jedermann Zugriff auf mächtige Quanten-Computer erlaubt
Cloud-Computing ist vom Business-Hype längst zur Realität geworden, die die meisten Nutzer gar nicht mehr bewusst wahrnehmen. Ob Fotos, Musik oder eBooks im Speicher des Smartphones oder im Netz liegen - solange der unmittelbare Zugriff gewährleistet ist, interessieren den Anwender die Details nicht. Doch die Technik hat einen großen Nachteil, der uns erst allmählich bewusst wird: Wir geben Berge persönlicher Daten in die Hände großer Firmen, wo sie mehr oder weniger sicher sind (sowohl was ihren Diebstahl als auch ihre kommerzielle Nutzung betrifft).
Einen Ausweg könnte eine Quanten-Infrastruktur bieten, und zwar nicht nur weil Quanten-Computer extrem leistungsfähig sind. Die Phänomene der Quantenwelt ermöglichen auch eine absolut sichere Übertragung von Informationen sowie deren Bearbeitung in einer Art und Weise, dass nicht einmal der Computer selbst mitbekommt, mit welchen Daten er gerade rechnet (blindes Quanten-Computing).
Damit sind nicht Versprechungen der IT-Experten gemeint, sondern grundlegende Gesetze der Physik, an die sich auch die schlauesten Hacker halten müssen (die natürlich immer noch nach Schwächen der konkreten Implementierung suchen können). Dazu muss allerdings der komplette Prozess entsprechend abgesichert sein - ein einziger Schritt traditionell elektronischer Informationsübertragung infiziert das komplette System mit seinen Sicherheitsrisiken.
Das Problem der Verschränkung
In zwei aktuellen Veröffentlichungen in Nature Photonics stellen Forscher aus China und aus Kanada jetzt ihre Technik vor, wie sie den ersten Schritt umsetzen wollen: die Übertragung von Informationen zum Nutzer zum verarbeitenden Rechner, einem Quanten-Computer, mit Hilfe der Quanten-Teleportation.
Mit dem aus "Raumschiff Enterprise" bekannten Beamen hat das nichts zu tun. Bei der Quanten-Teleportation wird der Quanten-Zustand eines Teilchens (also die Information) auf ein anderes übertragen, das sich anderswo befinden kann. Die Information könnte auf diese Weise also sicher vom Rechner des Nutzers in einen zentralen Quanten-Server wandern.
Voraussetzung dafür sind (mindestens) zwei miteinander verschränkte Teilchen - in der Praxis üblicherweise Lichtteilchen (Photonen), weil die sich über Glasfaserkabel prima übertragen lassen. Die Schwierigkeit besteht hier darin, die Verschränkung herzustellen, obwohl sich die Lichtquellen weit voneinander entfernt befinden. Dieses Problem haben die Forscher in Hefei und Calgary gelöst - und zwar auf unterschiedliche Weise.
Dabei sind sie auf sehr verschiedene Grenzen gestoßen, was Wissenschaftler immer faszinierend finden: Das ermöglicht nämlich in der Regel relativ schnell echten Fortschritt, indem man Techniken kombiniert. Die chinesischen Forscher haben Informationen auf einzelne Photonen übertragen, erreichen dadurch allerdings nur "Datenraten" von zwei Photonen pro Stunde.
Das kanadische Team hingegen kommt auf 17 Photonen pro Minute, kodiert Informationen jedoch in einer Überlagerung von Zuständen. Der kleine Nachteil: Man weiß erst hinterher, was man da eigentlich übertragen hat.
Wann können Sie Ihren Quantencomputer-Zugang buchen? Nicht so bald. Vielleicht ist auch das komplette Konzept des verteilten Quanten-Rechnens unsinnig. Hätte jemand 1950 ein "Internet" entworfen, wäre er wohl auch davon ausgegangen, dass der Großteil der Rechenkapazität von riesigen, mit Elektronenröhren oder Relais arbeitenden Maschinen bereitgestellt wird.
Ein Mini-Computer in jeder halbwegs intelligenten Küchenmaschine klang damals genauso utopisch wie heute die Vorstellung, einen Quanten-Computer unter dem Schreibtisch stehen zu haben.
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