Aufregung nach Rubel-Entscheidung bei russischem Gas

Seite 2: EU könnte an Sanktionen zerbrechen

In den Medien wird vielfach kolportiert, der russische Präsident wolle mit der Abrechnung in Rubel die "unfreundlichen Länder" dazu zwingen, ihre eigenen Sanktionen zu unterlaufen. Denn wenn sie in der russischen Währung bezahlen müssten, dann müssten sie Rubel bei der russischen Zentralbank kaufen, die allerdings sanktioniert wird.

Dagegen behauptet Ulrich Leuchtmann, Devisenexperte bei der Commerzbank, im Handelsblatt, dass auch unter den neuen Bedingungen niemand die Sanktionen brechen müsste. Denn einige russische Geschäftsbanken sind von den Sanktionen ausgenommen, darunter die Gazprom-Bank. Damit sei ein Umtausch von Dollar und Euro in Rubel grundsätzlich kein Problem.

Die russische Regierung müsste dem Bericht zufolge einen zusätzlichen Schritt veranlassen, um die "unfreundlichen Länder" zum Bruch der Sanktionen zu zwingen. Sie müsste den russischen Banken verbieten, neue Rubel zu schöpfen oder an westliche Banken zu verkaufen. Dann dürfte nur die Zentralbank dies tun.

Doch selbst dann wäre es wahrscheinlich nicht notwendig, die Sanktionen zu brechen. Auf den Nachdenkseiten hatte Jens Berger am Donnerstag geschrieben, dass deutsche Unternehmen ihre Abrechnung auch über eine Bank laufen lassen könnten, die ihren Sitz in einem Land hat, das sich nicht den Sanktionen gegen Russland angeschlossen hat. Das wäre mit etwas mehr Aufwand und Kosten verbunden, wäre aber ohne Weiteres möglich.

Egal auf welchem Wege sich die europäischen Gaskonzerne Rubel verschaffen oder welche Wege sie zur Begleichung ihrer Rechnungen einschlagen würden – der Kurs des Rubels würde gestützt werden. Und das würde den Absichten der Sanktionen zuwiderlaufen.

Ob Russland die Energielieferungen einstellen würde, wenn die Rechnungen nicht in Rubel bezahlt werden würden, ist noch offen. Tobias Heidland, Direktor des Forschungsbereichs Internationale Entwicklung beim Institut für Weltwirtschaft (IfW), erklärte gegenüber AFP, in diesem Fall würden sich ganz viele Diskussionen von selbst klären, "die wir diese Woche in Deutschland hatten".

Dann wäre auch der russische Einfluss auf den Westen, der durch die Energielieferungen gegeben sei vom Tisch. Putin sei jedoch "clever genug, dass er sich dessen bewusst ist, damit Gefahr zu laufen, seine eigene Machtposition im Rest Europas zu schwächen".

Die Unbekannte in dem Spiel ist allerdings, ob die Europäische Union den Ausfall der Gaslieferungen aushalten würde. Österreich, Bulgarien, Tschechien, die Slowakei, Ungarn und auch Deutschland hätten mit erheblichen Problemen zu kämpfen, die Energieversorgung sicherzustellen. Nach den Plänen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wird es wohl nicht vor Mitte 2024 gelingen, weitgehend unabhängig von russischem Erdgas zu sein.