Aufregung nach Rubel-Entscheidung bei russischem Gas

Rubel erholte sich nach Entscheidung aus Moskau, politisches Verhältnis leidet. Bild: difotolife, pixabay.com

Der Wirtschaftskrieg zwischen dem Westen und Russland spitzt sich zu. Lässt sich eine harte Haltung bei den Sanktionen durchhalten?

Der russische Präsident Wladimir Putin hat angekündigt, "unfreundliche Länder" können künftig ihre Gasrechnungen nur noch in Rubel bezahlen. Und diese Ankündigung sorgt für Aufregung, denn momentan ist es noch ungewiss, ob diese Entwicklung auf einen Lieferstopp hinausläuft.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hat am Donnerstag gefordert, die Bundesregierung solle die Frühwarnstufe im nationalen Notfallplan Gas ausrufen. "Es liegen konkrete und ernst zu nehmende Hinweise vor, dass wir in eine Verschlechterung der Gasversorgungslage kommen", erklärte Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. "Mit der Ankündigung durch Putin, dass Gaslieferungen in Zukunft in Rubel zu bezahlen sind, ist eine Auswirkung auf die Gaslieferungen nicht auszuschließen."

Der Krisenplan sieht drei Alarmstufen vor: Frühwarnstufe, Alarmstufe und Notfallstufe. Die Frühwarnstufe kann demnach ausgerufen werden, wenn es "konkrete, ernst zu nehmende und zuverlässige Hinweise" vorliegen, dass ein Ereignis eintreten kann, das wahrscheinlich zu einer erheblichen Verschlechterung der Versorgungslage führen kann. Und es muss wahrscheinlich sein, dass eine höhere Alarmstufe notwendig wird.

Andreae sieht die Möglichkeit als gegeben an, dass es zu Auswirkungen auf die Gaslieferungen kommen kann. Der Ökonom Jens Südekum, der auch im wissenschaftlichen Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums sitzt, befürchtet, dass Russland nun letztlich den Gashahn ganz zudrehen könnte. Er plädierte aber für eine harte Haltung. Man stehe vor einer politischen Entscheidung: einknicken oder auf bestehende Verträge pochen.

Unter deutschen Politikern sorgte Putin Aussage für Panik. "Das freie Europa darf sich nicht erpressen lassen", sagte zum Beispiel Andreas Jung, Fraktionsvize der CDU-Bundestagsfraktion. Ihm zur Seite stand CDU-Chef Friedrich Merz, der am Donnerstag in einem Livestream des rbb-Inforadios zum Agieren Russlands meinte: "Das ist ein Vertragsbruch."

Die Verträge seien auf Euro- und Dollarbasis abgeschlossen worden und nicht auf Basis des Rubels. "Ich gehe davon aus und hoffe, dass die deutsche Wirtschaft und diejenigen, die diese Rechnungen bekommen, ein ganz hartes Nein sagen und dass keiner bereit ist, dieser Forderung nachzugeben", so Merz.

Etwas mehr Gelassenheit zeigte dagegen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Nach einem G7-Gipfel in Brüssel sagte er am Donnerstag, in den bestehenden Verträgen sei die Währung festgelegt, in der bezahlt werde. Und das sei, was dann auch gelte. "Und da steht ja meistens Euro oder Dollar", so Scholz weiter.

Einige europäische Konzerne lehnten es bereits ab, die Energielieferungen in Rubel zu bezahlen, etwa der polnische Energiekonzern PGNiG. "Der Vertrag, dessen Einzelheiten ich nicht offenlegen kann, legt die Zahlungsweise fest", erklärte PGNiG-Chef Pawel Majewski laut der Nachrichtenagentur AFP. Auch der österreichische Energiekonzern OMV hat erklärt, seine Zahlungen nicht auf Rubel umstellen zu wollen. "Ich dürfte so etwas gar nicht", sagte OMV-Chef Alfred Stern am Mittwoch dem Fernsehsender Puls 24. Laut Vertrag seien nämlich die Rechnungen in Euro zu begleichen.

EU könnte an Sanktionen zerbrechen

In den Medien wird vielfach kolportiert, der russische Präsident wolle mit der Abrechnung in Rubel die "unfreundlichen Länder" dazu zwingen, ihre eigenen Sanktionen zu unterlaufen. Denn wenn sie in der russischen Währung bezahlen müssten, dann müssten sie Rubel bei der russischen Zentralbank kaufen, die allerdings sanktioniert wird.

Dagegen behauptet Ulrich Leuchtmann, Devisenexperte bei der Commerzbank, im Handelsblatt, dass auch unter den neuen Bedingungen niemand die Sanktionen brechen müsste. Denn einige russische Geschäftsbanken sind von den Sanktionen ausgenommen, darunter die Gazprom-Bank. Damit sei ein Umtausch von Dollar und Euro in Rubel grundsätzlich kein Problem.

Die russische Regierung müsste dem Bericht zufolge einen zusätzlichen Schritt veranlassen, um die "unfreundlichen Länder" zum Bruch der Sanktionen zu zwingen. Sie müsste den russischen Banken verbieten, neue Rubel zu schöpfen oder an westliche Banken zu verkaufen. Dann dürfte nur die Zentralbank dies tun.

Doch selbst dann wäre es wahrscheinlich nicht notwendig, die Sanktionen zu brechen. Auf den Nachdenkseiten hatte Jens Berger am Donnerstag geschrieben, dass deutsche Unternehmen ihre Abrechnung auch über eine Bank laufen lassen könnten, die ihren Sitz in einem Land hat, das sich nicht den Sanktionen gegen Russland angeschlossen hat. Das wäre mit etwas mehr Aufwand und Kosten verbunden, wäre aber ohne Weiteres möglich.

Egal auf welchem Wege sich die europäischen Gaskonzerne Rubel verschaffen oder welche Wege sie zur Begleichung ihrer Rechnungen einschlagen würden – der Kurs des Rubels würde gestützt werden. Und das würde den Absichten der Sanktionen zuwiderlaufen.

Ob Russland die Energielieferungen einstellen würde, wenn die Rechnungen nicht in Rubel bezahlt werden würden, ist noch offen. Tobias Heidland, Direktor des Forschungsbereichs Internationale Entwicklung beim Institut für Weltwirtschaft (IfW), erklärte gegenüber AFP, in diesem Fall würden sich ganz viele Diskussionen von selbst klären, "die wir diese Woche in Deutschland hatten".

Dann wäre auch der russische Einfluss auf den Westen, der durch die Energielieferungen gegeben sei vom Tisch. Putin sei jedoch "clever genug, dass er sich dessen bewusst ist, damit Gefahr zu laufen, seine eigene Machtposition im Rest Europas zu schwächen".

Die Unbekannte in dem Spiel ist allerdings, ob die Europäische Union den Ausfall der Gaslieferungen aushalten würde. Österreich, Bulgarien, Tschechien, die Slowakei, Ungarn und auch Deutschland hätten mit erheblichen Problemen zu kämpfen, die Energieversorgung sicherzustellen. Nach den Plänen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wird es wohl nicht vor Mitte 2024 gelingen, weitgehend unabhängig von russischem Erdgas zu sein.