Wie lange wird die Ukraine noch vom Westen finanziert?

Der Schatten von Soldaten vor dem Hintergrund russischer und ukrainischer Flaggen.

(Bild: Tomas Ragina / Shutterstock.com)

Je länger der Ukraine-Krieg, desto drängender die Frage: Wie soll das Land künftig unterstützt werden. Denn Solidarität ist teuer und immer schwerer durchzusetzen.

Ein Ende des Krieges in der Ukraine ist nicht in Sicht und er wird vermutlich noch Jahre andauern – mit allem Elend und Leid, das ein Krieg mit sich bringt. Das haben statistische Untersuchungen der Universität Uppsala ergeben: Zwischenstaatliche Kriege, die länger als ein Jahr dauern, enden im Durchschnitt erst nach mehr als einem Jahrzehnt.

Prognose: Krieg in der Ukraine könnte bis 2032 andauern

Im Falle der Ukraine würde das bedeuten: Der Krieg könnte erst 2032 oder noch später enden. Eine lange Zeit – nicht nur für die Ukrainer, sondern auch für die westlichen Unterstützer, die versprochen haben, Kiew so lange zu unterstützen, wie es nötig ist.

Gerade erst haben die USA ein neues Hilfspaket für die Ukraine im Wert von 61 Milliarden US-Dollar geschnürt. Doch inzwischen gehen Experten davon aus, dass dies nicht ausreichen wird, um das Kriegsglück zugunsten der ukrainischen Armee zu wenden. Wie die Nachrichtenagentur Reuters jetzt berichtet, wird es wohl gerade ausreichen, um den Bedarf bis 2025 zu decken.

Für die Zeit danach bleibt ein großes Fragezeichen und die Chancen, dass ein weiteres Hilfspaket in dieser Größenordnung geschnürt wird, scheinen gering. Daran ändert laut Reuters auch nichts, wer die US-Präsidentschaftswahlen im Herbst gewinnt.

Sollte der amtierende US-Präsident Joe Biden gewählt werden, dürfte es ihm nur sehr schwer gelingen, dem Kongress neues Geld abzuringen, heißt es bei Reuters. Und sollte Donald Trump ins Weiße Haus zurückkehren, könnte der Geldhahn noch schneller zugedreht werden.

Zukunft der Ukraine: Suche nach langfristigen Finanzierungsmöglichkeiten

Vor diesem Hintergrund wird diskutiert, wie die Ukraine über einen längeren Zeitraum finanziert werden kann. Im Gespräch ist ein mehrjähriger Finanzierungsplan, der auch auf eingefrorene russische Gelder zurückgreifen soll. Ob dies angesichts der Widerstände gegen eine Konfiszierung der Gelder realistisch ist, bleibt offen.

Man verspricht sich davon mehrere Vorteile: Er würde mehr Sicherheit gegen politische Veränderungen in den USA und anderen NATO-Staaten bieten. Er könnte auch die Moral der Ukrainer stärken. Und den westlichen Waffenschmieden böte er eine gewisse Sicherheit für ihre Investitionen.

Ukraine gegen Russland: Ein ungleicher Kampf

Die Ukraine steht vor der Herausforderung, sich gegenüber Russland zu behaupten, dessen Wirtschaft im Jahr 2023 elfmal größer war als die ukrainische. Obwohl die Ukraine im Jahr 2023 fast 65 Milliarden US-Dollar für Verteidigung ausgab – erstaunliche 37 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung – war dies laut dem Stockholmer Friedensforschungsinstitut (SIPRI) deutlich weniger als die Rüstungsausgaben Russlands. Moskau gab rund 109 Milliarden US-Dollar für das Militär aus.

Was die Ukrainer für Rüstung ausgaben, fehlte im Sozialsystem oder bei den Gehältern im öffentlichen Dienst. Westliche Hilfe schloss diese Lücke. Nach Angaben des Kieler Instituts für Weltwirtschaft haben die USA und Europa der Ukraine im vergangenen Jahr 88 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, davon 47 Milliarden für militärische Unterstützung und den Rest für finanzielle und humanitäre Hilfe.

Wie viel Geld benötigt die Ukraine?

Wie viel Geld Kiew in Zukunft braucht, hängt davon ab, welche Art von Krieg die Ukraine führt. Wenn es nur um Selbstverteidigung geht, wird es wahrscheinlich weniger kosten, als wenn es darum geht, die russischen Truppen aus dem Land zu vertreiben.

Erschwerend kommt hinzu, dass auch der Kreml immer mehr Geld in sein Militär pumpt. Laut Reuters könnte die Ukraine deshalb künftig jedes Jahr so viel Geld benötigen wie im vergangenen Jahr: 88 Milliarden Euro.

Ende Februar hatten die Verbündeten der Ukraine – hauptsächlich die Europäische Union – nach Angaben des Kieler Instituts 103 Milliarden Euro zugesagt, aber bisher nicht bereitgestellt. Zusammen mit dem US-Paket hat Kiew nun voraussichtlich genug Hilfe, um bis Ende 2025 über die Runden zu kommen.

Eingefrorene russische Vermögen als Finanzierungsquelle?

Die USA verfolgen den Plan, die eingefrorenen Guthaben der russischen Zentralbank für die Ukraine zu mobilisieren. Diese sollen beschlagnahmt und an Kiew übergeben werden.

Mit den knapp 300 Milliarden US-Dollar an eingefrorenen russischen Vermögen ließe sich der Krieg für die Ukraine laut Reuters bis 2028 finanzieren. Sollte wirklich zehn Jahre oder länger andauern, dann käme auf die Ukraine erneut die Frage zu, wie sie den Krieg ab 2029 finanzieren kann.

Allerdings sind hier noch Fragen der Legalität zu klären. Auch Verbündete wie Deutschland und Japan sprechen sich dagegen aus, weil sie fürchten, damit einen Präzedenzfall zu schaffen, der sie teuer zu stehen kommen könnte.

Alternativer Finanzierungsplan: Syndizierter Reparationskredit für die Ukraine

Eine Alternative wäre ein syndizierter Reparationskredit für die Ukraine. Nach dem Krieg könnte die Ukraine ihre Reparationsforderungen gegenüber Russland an ein Konsortium ihrer Verbündeten verpfänden und im Gegenzug ein Darlehen erhalten.

Sollte Moskau die Reparationszahlungen verweigern, könnten sich die Verbündeten der Ukraine an den eingefrorenen Vermögenswerten bedienen. Sollte Russland den Krieg jedoch mit einem Siegfrieden beenden, würden sowohl die Ukraine als auch ihre Geldgeber leer ausgehen.