Aufregung um Sahra Wagenknecht in der Linken

Ihre Pressemitteilung zu dem Anschlag von Ansbach löste eine innerparteiliche Diskussion um die Absetzung der Linken-Politikerin als Chefin der Bundestagsfraktion aus

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"... Die Ereignisse der letzten Tage zeigen, dass die Aufnahme und Integration einer großen Zahl von Flüchtlingen und Zuwanderern mit erheblichen Problemen verbunden und schwieriger ist, als Merkels leichtfertiges 'Wir schaffen das' uns im letzten Herbst einreden wollte. Der Staat muss jetzt alles dafür tun, dass sich die Menschen in unserem Land wieder sicher fühlen können ...", heißt es in einer am vergangenen Montag veröffentlichten Pressmitteilung der LINKEN-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht.

Hintergrund des Statements waren drei Attacken in Würzburg, Reutlingen und Ansbach innerhalb einer Woche auf Personen, für die junge Männer verantwortlich sind, die als Flüchtlinge herkamen und noch nicht lange in diesem Land lebten. Die beiden Anschläge von Würzburg und Ansbach sollen - so die Medienberichte glaubhaft sind - monatelang vorbereitet worden sein. Beide Täter nahmen vor der Tat eine Videobotschaft auf, in der sie sich zum IS bekannten und die Taten ankündigten. Der IS bestätigte jeweils nach der Tat die Zugehörigkeit der Täter zu der Terror-Organisation, bzw., dass die Taten in ihrem Sinne ausgeführt worden seien.

Dass die Aufnahme der Flüchtlinge auch zu Problemen führt, wird frau angesichts dessen ja wohl mal sagen dürfen. Darf sie nicht, schallte es ihr unmittelbar nach der Veröffentlichung entgegen. "DIE LINKE ist notwendig, weil sie einen Unterschied macht zur Politik der herrschenden Parteien. … Das … gilt auch für den Umgang mit den jüngsten Amokläufen hierzulande. Die Herstellung eines direkten Zusammenhanges dieser Amokläufe mit der Flüchtlingspolitik von Merkel ist schlicht nicht zutreffend", äußerte sich zunächst der stellvertretende Vorsitzende der Partei, Tobias Pflüger

Hitzig wurde Wagenknechts Pressemitteilung in den sozialen Netzwerken im Internet debattiert. "Ich hoffe, niemand aus meinem wahlkämpfenden Landesverband lädt diese Genossin zu irgendwas ein...", twitterte beispielsweise der Abgeordnete der Partei Die Linke im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, Peter Ritter.

Starker Tobak angesichts der Tatsache, dass er als Mitglied der ehemaligen rot-roten Landesregierung sowohl Abschiebungen im großen Stil mit zu verantworten hatte, als auch die erste bekannt gewordene Inhaftierung eines Asylbewerbers wegen Verletzung der Residenzpflicht, bzw. weil dieser das wegen Residenzpflicht verhängte Bußgeld nicht zahlen konnte. "Purer, widerwärtiger Rechtspopulismus ist das", twitterte die thüringische Linke Landtagsabgeordnete Katharina König. Auch Thüringen unter der rot-rot-grünen Landesregierung geriet mehrfach wegen der praktizierten Massenabschiebungen, u.a. von Roma aus dem Kosovo, in die Kritik.

Auch die Medien nahmen Notiz von Wagenknechts Statement: "Aha! Flüchtlinge und Terroristen in einen Topf werfen. Kann man ja mal so raushauen. Macht die AfD schließlich täglich. Aber die Linke?", fragte der Reporter Georg Restle auf der Facebook-Seite des ARD-Magazins Monitor.

Aufgrund des starken Gegenwinds korrigierte Wagenknecht ihre Äußerungen:

Meine gestrige Stellungnahme zum Selbstmordattentat in Ansbach hat, ..., offenbar zu Missverständnissen geführt. Es ging mir weder darum, die Aufnahme von Flüchtlingen zu kritisieren, noch alle in Deutschland lebenden Flüchtlinge unter Generalverdacht zu stellen. … Es ging mir darum deutlich zu machen, dass die Integration einer derart großen Zahl von Menschen eine der größten Herausforderungen der letzten Jahre ist und um die Kritik an Merkel, die im letzten Herbst zwar ihr 'Wir schaffen das' fleißig gepredigt, bis heute aber unterlassen hat, die notwendigen sozialen und politischen Voraussetzungen zu schaffen ..."

Sahra Wagenknecht

Zu dem Zeitpunkt hatte allerdings ihr Fraktionskollege Jan van Aken in der Berliner Zeitung die Absetzung Wagenknechts als Fraktionsvorsitzende ins Gespräch gebracht: "Wer Merkel von rechts kritisiert, kann nicht Vorsitzender einer Linksfraktion sein."

Die Flüchtlinge mit IS-Terror in Verbindung zu bringen, sei der AfD vorbehalten, hieß es allenthalben. Nur zur Erinnerung: Nicht Sahra Wagenknecht, sondern die Täter selbst haben diesen Zusammenhang hergestellt. Wagenknechts Richtigstellung wurde als eine Taktik abgetan, die auch von der AfD häufig praktiziert werde.

Ob Taktik oder nicht, richtig ist, dass Wagenknecht in der Vergangenheit schon häufiger mit Aussagen, die auch aus dem Mund von AfD-Politikern stammen könnten, Furore gemacht hat. U.a. forderte sie Ausbildungsplätze für deutsche Jugendliche, nach den Ereignissen in der Silvesternacht sprach sie vom "Gastrecht", das "missbraucht" werde. Wiederholt forderte sie "Obergrenzen" für die Aufnahme von Asylsuchenden.

Insofern ist es mehr als an der Zeit, dass es innerhalb der Partei eine Auseinandersetzung gibt. Die sollte sich allerdings nicht an der Person Wagenknecht festmachen. Sondern zu prüfen wäre, inwiefern die Grundsätze zur Flüchtlings- und Asylpolitik im 2011 in Erfurt beschlossenen Parteiprogramm von Repräsentanten der Partei, insbesondere jenen in der viel zitierten "Regierungsverantwortung", ernst genommen und umgesetzt werden.