Auskunftspflicht von Müttern gegenüber "Scheinvätern"

Justizminister Maas legt einen neuen Gesetzentwurf zu "Kuckuckskindern" vor

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Der bürokratische Begriff "Scheinvater" bezeichnet mit einem Wort eine schwierige Situation, die vom ersten Verdacht bis zur Gewissheit eine harte, oft bittere Wegstrecke für die ganze Familie ist. "Kuckucksvater" lautet der andere Ausdruck für das Drama, in dem sich zeigt, dass der Vater eines oder mehrerer Kindern einer Täuschung unterlag: Er ist nicht der biologische Vater.

Schon der bloße Verdacht berührt den Kern vieler unglücklicher Geschichten: das gebrochene Vertrauen zwischen Paaren. Für die Kinder ist die Entdeckung ebenfalls eine drastische Veränderung ihrer Wirklichkeit. Ob der Gesetzgeber für solche bestürzenden Situationen und ihre Konsequenzen, angemessene Richtlinien findet, bleibt, wie viele andere große Fragen, offen.

Wie hart rechtlich verbürgte Reaktionen sein können, zeigt ein kurzer Blick auf den Eintrag "Kuckuckskind" auf Wikimannia. Dort heißt es, dass der Vater "in manchen Kulturen (wie der römischen) das Recht hatte, ein Kind zu verstoßen, das er nicht als sein eigenes anerkannte".

Weltfremd wäre es anzunehmen, dass dergleichen Reaktionen heute nicht mehr vorkommen, in vielen Fällen wahrscheinlich mehr auf psychischer denn auf physischer Ebene. Aber die Rechtsprechung hat sich von solchen unbarmherzigen Schonungslosigkeiten entfernt. Sie hält sich nüchtern an Unterhaltszahlungen.

Justizminister Maas hat nun einen neuen Gesetzesentwurf für mehr Rechtssicherheit beim Scheinvaterregress angekündigt.

In der dazu gehörigen Mitteilung seines Ministeriums wird die entscheidende Veränderung der gesetzlichen Regelungen angesprochen:

Wir regeln klar einen gesetzlichen Auskunftsanspruch des Scheinvaters gegen die Mutter auf Benennung des mutmaßlichen leiblichen Vaters. Soweit dies zur Durchsetzung des Regressanspruchs des Scheinvaters gegen den Vater des Kindes erforderlich ist, soll eine gesetzliche Verpflichtung der Mutter zur Erteilung der Auskunft bestehen.

Der Justizminister reagiert mit dem neuen Gesetzesentwurf auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2015, das in einem Fall der Scheinvaterschaft die Auskunftspflicht der Mutter als einen Eingriff in die Intimsphäre wertete.

Das aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG folgende allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt mit der Privat- und Intimsphäre auch das Recht, selbst darüber zu befinden, ob, in welcher Form und wem Einblick in die Intimsphäre und das eigene Geschlechtsleben gewährt wird. Dies umschließt das Recht, geschlechtliche Beziehungen zu einem bestimmten Partner nicht offenbaren zu müssen.

Zugleich verwiesen die Verfassungsrichter aber bei Punkt 2 der Entscheidung auf eine Gesetzeslücke:

Die gerichtliche Verpflichtung einer Mutter, zur Durchsetzung eines Regressanspruchs des Scheinvaters (§ 1607 Abs. 3 BGB) Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters des Kindes zu erteilen, überschreitet die verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung, weil es hierfür an einer hinreichend deutlichen Grundlage im geschriebenen Recht fehlt.

Die Karlsruher Richter waren sich also dessen bewusst, dass es väterlicherseits Gründe gibt, die im Fall der Scheinvaterschaft dem Recht auf eine von Einblicken geschützte Intimsphäre der Mütter entgegenstehen könnten.

Nun hat sich das Justizministerium dazu entschieden im neuen Gesetzentwurf die Mutter des Kindes dazu zu verpflichten, dem "Dritten, der dem Kind als Vater Unterhalt gewährt, auf Verlangen Auskunft zu erteilen, wer ihr während der Empfängniszeit beigewohnt hat, soweit dies zur Feststellung des übergangenen Unterhaltsanspruchs erforderlich ist".

Doch bleibt der Einzelfall und die Ausnahmen: Die Verpflichtung bestehe nicht, wenn die Erteilung der Auskunft für die Mutter des Kindes unzumutbar wäre". Das sind dann Fälle für Literatur- und Filmeschaffende oder für die Gerichte. "Nur wenn schwerwiegende Gründe dagegen sprächen, solle die Mutter den Namen verschweigen dürfen" wird Maas zitiert.

Schwerwiegende Gründe lägen beispielsweise vor, so wird präzisiert, "wenn das Persönlichkeitsrecht der Mutter in besonderem Maße verletzt würde und die Erteilung der Auskunft daher unzumutbar ist". Auch das wird in dieser Allgemeinheit Gerichte beschäftigen, die über Einzelfälle und Ausnahmen urteilen. Ein gutes Geschäft für Anwälte.

Den Regressanspruch des Scheinvaters, was Unterhaltszahlungen gegenüber dem biologischen Vater betrifft, will der Justizminister mit einer Richtlinie begrenzen.

Das Gesetz sieht weiter vor, dass der Scheinvater die Erstattung von Unterhaltskosten vom leiblichen Vater rückwirkend nur für zwei Jahre einfordern kann. Diese Begrenzung begründete Maas damit, dass ein Familienleben nicht über viele Jahre hinweg rückabgewickelt werden solle. So habe ein Scheinvater "in der Regel die Abstammung des Kindes zunächst nicht hinterfragt und dieses Familienleben tatsächlich gelebt"

Deutsche Welle