Ausschnitt einer islamfeindlichen Realität

Seite 2: Spürbare Einschränkungen, ohne dass sich jemand strafbar macht

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Dazu kommt: Viele Vorfälle rangieren unterhalb der Strafbarkeitsschwelle. Spürbare Einschränkungen für muslimisches Gemeindeleben bringen sie dennoch. Anfang Mai entdeckten Besucher einer Moschee in Berlin-Neukölln beispielsweise eine Gewehrpatrone in ihrem Räumen. Der Vorsitzende der Gemeinde Ali Şenel erklärte daraufhin, dass zuvor fast wöchentlich Drohschreiben bei der Moschee eingegangen seien - ohne dass die Polizei darauf reagiert habe.

Häufig reicht auch schon die bloße Angst, um muslimisches Gemeindeleben empfindlich einzuschränken. Bei Erfurt ruht seit drei Monaten der Neubau einer Moschee, weil Baufirmen Sorge vor Anschlägen auf ihre Baumaschinen haben.

In Dresden berichten die Verantwortlichen einer Moschee in der Innenstadt, dass sich viele Gläubige infolge rechter Übergriffe nicht mehr trauen, zum Gebet zu kommen. Überall in Deutschland scheitert die Suche von Muslimen nach Gebetsräumen immer wieder an Eigentümern und Vermietern, die Angst vor rechten Protesten oder Anfeindungen aus der Nachbarschaft haben.

Die Folge: Der Großteil des islamischen Gemeindelebens in Deutschland findet in überfüllten Privaträumen und umfunktionierten Büroräumen statt. Im ganzen Osten des Landes steht bisher nur eine einzige klassische Moschee mit Minarett und Kuppel, die Khadija-Moschee in Berlin-Pankow. Gemessen am Bedarf gibt es in Deutschland nicht zu viele islamische Religionsstätten, sondern Hunderte zu wenig.

Behördliche und politische Widerstände gegen Moscheebauten

Dafür verantwortlich sind aber nicht nur Anfeindungen von rechten Gruppen und skeptischen Anwohnern. Die meisten Moscheebauprojekte scheitern lange, bevor sich die erste AfD-Demo formiert hat oder Unbekannte den ersten Schweinekopf auf der Moscheebaustelle abgelegt haben.

"Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet." So steht es zwar in Artikel 4, Absatz 2 des Grundgesetzes. In der Praxis stößt der Bau von Moscheen vor allem in den neuen Bundesländern stets auf zahlreiche behördliche und politische Widerstände. Moscheebauten sind auch immer ein Politikum und oftmals werden Behörden zu Akteuren in dieser politischen Auseinandersetzung.

Vor allem das deutsche Baurecht bietet unzählige Möglichkeiten, das theoretische Grundrecht auf Religionsfreiheit in der Praxis an einzelnen Paragraphen scheitern zu lassen: Mal sind es die mangelnden Parkmöglichkeiten in der Innenstadt, ein andermal verbietet der Bebauungsplan für das Gewerbegebiet die Errichtung religiöser Gebäude im Gewerbegebiet. Mal könnte das Minarett die Silhouette der Neubausiedlungen stören, ein anderes Mal verstößt der vermeintliche Gebetslärm gegen Vorschriften zum Lärmschutz.

Mit solchen Hindernissen sind natürlich auch andere Bauprojekte konfrontiert. Doch während im Falle anderer Kultureinrichtungen Sondergenehmigungen erteilt, Bebauungspläne geändert und Fördergelder verteilt werden, trifft muslimische Bauprojekte meist die volle Wucht behördlicher Auflagen.

Von den fünf Moscheebauprojekten, die Muslime in den letzten Jahren im Osten der Republik initiierten, haben oder hatten sich alle mit großen politischen und behördlichen Widerständen auseinanderzusetzen (Erfurt, Leipzig und Schwerin) oder sind bereits daran gescheitert (Chemnitz und Rostock).

Was eigentlich das gute Recht von Gläubigen dieses Landes ist, wird oftmals zum Spielball politischer Auseinandersetzungen, von Diskussionen im Stadtrat und Programmatiken im Wahlkampf. Diese Politisierung muslimischen Gemeindelebens hat noch eine Folge.

Extremismusforscher sagen: Es ist auch diese ständige Problematisierung durch Gesellschaft und Politik, die schließlich dazu beiträgt, dass sich Einzelne legitimiert fühlen, den vermeintlichen Volkswillen mit Gewalt durchzusetzen.