BND-Affäre: SPD setzt eine Art Ultimatum
SPD-Generalsekretärin Fahimi fordert bis zum 8 Juni Klarheit, wie der Bundestag die Selektorenliste prüfen kann
Die SPD übt weiter Druck auf die Kanzlerin und die Union aus. Generalsekretärin Yasmin Fahimi setzte nun über die Bild am Sonntag Merkel und dem Bundeskanzleramt eine Art Ultimatum, die von der NSA stammenden Selektorenlisten den für Geheimdienste zuständigen Bundestagsgremien auch ohne Zustimmung der USA zu übergeben, nachdem SPD-Chef Gabriel die Regierung, der er auch angehört, ebenfalls in der BamS aufgefordert hat, endlich mehr "Rückgrat" gegenüber den USA zu zeigen.
Daraufhin hatte Unionsfraktionsvize schon einmal Neuwahlen ins Spiel gebracht, um die SPD daran zu erinnern, dass sie dann wohl verlieren und aus der Regierung ausscheiden könnte. Offenbar zog der Druck nicht, die SPD will hartnäckig bleiben und glaubt wohl, damit punkten zu können. Nach dem letzten DeutschlandTrend gehen fast Zweidrittel der Deutschen davon aus, dass Merkel sich nicht um Aufklärung bemüht. Tatsächlich haben Merkel und die Union die angebliche Notwendigkeit der weiteren Zusammenarbeit mit den amerikanischen Geheimdiensten stets über eine Aufklärung und Einstellung der Massenüberwachung gesetzt.
Fahimi fordert eine Entscheidung bis zum 8. Juni: "Wir dürfen die Aufklärung der BND-Affäre nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben. Denn die Vorwürfe sind gravierend und das Kanzleramt schuldet uns Bürgern eine gründliche Untersuchung", sagte Fahimi der BamS. "Ich erwarte, dass das Kanzleramt bis zur nächsten Sitzungswoche endlich Klarheit darüber schafft, wie der Bundestag in geeigneter Art und Weise die Selektorenliste prüfen kann. Ein Aussitzen dieser Affäre wird es mit der SPD nicht geben."
Offenbar rückt die SPD damit Überlegungen ab, einen Kompromiss zu suchen und etwa einem Sonderbeauftragten Einsicht zu gewähren, der dann dem NSA-Untersuchungsausschuss und dem Parlamentarischen Kontrollgremium berichten würde. Die Abgeordneten als Vertreter des Volkes, die zur Geheimhaltung verpflichtet wären, würden so aber weiter ausgeschlossen bleiben. Die Grünen und die Linken haben diesen Vorschlag von vorneherein abgelehnt und eine Klage angedroht.
Nach Angaben der BamS würde die US-Regierung die Veröffentlichung der Selektorenliste prinzipiell ablehnen, so dass Deutschland klein beigeben oder einen Konflikt mit den USA riskieren müsste. Angeblich habe man Informationen aus "Geheimdienstkreisen", die Deutschland nun noch mehr ausspähen wollen: "Ab sofort ist Deutschland verstärkt Operationsgebiet." Verhindert werden soll damit, dass "amerikanische Staatsgeheimnisse verraten" werden. Dass die US-Geheimdienste und wahrscheinlich auch andere Geheimdienste auf Distanz zum BND gehen, der den Bundestagsgremien vielleicht Interna preisgeben könnte, wurde schon zuvor gemunkelt.
Peinlich für die Bundeskanzlerin dürfte sein, dass das G7-Treffen und damit die Begegnung mit US-Präsident Obama naht und ein Aussitzen nicht mehr möglich ist. Bewusst hat Fahimi ihr "Ultimatum" zu diesem Zeitpunkt gesetzt. Ob Obama und Merkel hier eine Einigung finden können, darf bezweifelt werden, zumal die USA kein Interesse daran haben. Es liegt also tatsächlich an Merkel, Rückgrat zu zeigen, was wiederum auch nicht ganz so schlimm sein dürfte, da die NSA und deren Lauschaktivitäten gegenüber US-Bürgern auch in den USA umstritten sind.
Ob die SPD sich aber letztlich einen großen Gefallen tut, die Aufklärung zu forcieren, muss abgewartet werden. Schließlich wurde die Zusammenarbeit zwischen NSA und BND nach 9/11, aber auch nach dem Echelonskandal unter der damaligen rot-grünen Regierung enger. Und verantwortlich dafür war im Bundeskanzleramt der jetzige Außenminister Steinmeier von der SPD.