Banken: Milliarden-Steuerbetrug über Cum-Cum

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Kanzler Scholz hat politischen Ärger mit Cum-Ex-Geschäften der Warburg Bank. In Frankreich gab es Großrazzien gegen Banken, die mit Cum-Cum den Staat um Milliarden schädigen. Welche Folgen zieht die Politik daraus?

Cum-Ex-Geschäfte sind Steuer-Betrug in großem Stil. Für Bundeskanzler Olaf Scholz liegt da einiger Ärger drin: Vorgeworfen wir ihm, dass er "in Befragungen zum sogenannten Cum-Ex-Skandal nicht die Wahrheit gesagt haben" (DW) soll.

Scholz muss sich wieder mit dem Dauerskandal um die Hamburger Privatbank MM Warburg auseinandersetzen. Denn CDU/CSU fordern einen Untersuchungsausschuss zu den Vorgängen. Da die Ampelkoalition es mehrfach verhindert habe, Scholz vor den Finanzausschuss zu laden, sei ein Untersuchungsausschuss des Bundestags jetzt unausweichlich, hieß es vergangene Woche.

Warburg-Affäre

Die Forderung ist nachvollziehbar. Scholz hatte als Hamburger Bürgermeister 2016 den Gesellschafter der Warburg Bank mehrfach im Rathaus empfangen. Dem folgte der plötzliche Verzicht der Hansestadt, 47 Millionen Euro Steuererstattungen aus Cum-Ex-Geschäften zurückzufordern. Man ließ den Vorgang in die Verjährung laufen.

Der heutige Bundeskanzler gibt aber vor, sich an die Treffen nicht erinnern zu können, wie er in einer Hamburger Untersuchung beteuert hatte.

Vorwurf der Lüge

Darin sieht auch die Linke eine klare Täuschung. Der ehemalige Bundestagsabgeordneter der Linken, Fabio de Masi, der sich profund in die Tiefen des Skandals eingearbeitet hat, glaubt dem Kanzler auch wegen der vielen Widersprüche nicht. Er erklärt, dass die vermeintlichen Erinnerungslücken des Bundeskanzlers nicht nur neurologisch unglaubwürdig seien.

"Scholz hat mir gegenüber im Bundestag eine konkrete Erinnerung an ein Treffen geschildert", so de Masi gegenüber der Frankfurter Rundschau. Die Aussage, die Scholz im Hamburger Untersuchungsausschuss gemacht habe, sei "eine Lüge", so der "Finanzdetektiv" und fügt an:

"Eine uneidliche Falschaussage vor einem Untersuchungsausschuss ist strafbar."

Sie kann mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft werden.

De Masi fordert unter anderem auch, "Internetübertragungen von U-Ausschüssen", um für Transparenz zu sorgen. Er will in der Warburg-Affäre "jeden Stein" umdrehen. "Es geht ja gar nicht mehr nur um die verheimlichten Treffen von #Scholz mit #CumEx Bankiers, sondern die Widersprüche im Bundestag", argumentiert der ehemalige Bundestagsabgeordnete der Linken.

Er will nicht nur den Kanzler im Untersuchungsausschuss sehen, sondern für ihn wäre es "von allen Beteiligten ehrlicher", wenn der Untersuchungsauftrag erweitert werden würde. Er erinnere sich unter anderem auch noch gut daran, wie verhindert werden musste, dass der ehemalige Finanzminister Wolfgang Schäuble, "die noch teureren Cum-Cum Deals legalisierte".

Tatsächlich sind Cum-Ex-Geschäfte nur ein kleiner Teil der "illegalen Billionen-Geschäfte", in die Banken verwickelt sind.

Der große Bruder von Cum-Ex: "Cum-Cum-Deals", Großrazzien bei Banken

Aktuell sorgten Razzien bei Großbanken in Frankreich für Furore, wo es sich eben nicht um Cum-Ex-Geschäfte drehte, sondern um für die Staatskassen noch teureren Cum-Cum-Deals.

Durchsucht wurden die Société Générale, BNP Paribas, Exane (eine Filiale der BNP Paribas) und der britische Bankenriese HSBC. Dabei war aber auch Natixis. Sie gehört zur großen BPCE-Gruppe, es ist die Investmentbank der französischen Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Sie alle sollen in milliardenschwere Deals verwickelt sein, um Steuern in großem Stil über Cum-Cum zu hinterziehen.

Dazu kommt der Vorwurf der schweren Geldwäsche. Das Geld fehlt dann wieder in den Staatshaushalten. Über leere Kassen wird zwar gerne geredet, aber selten nur wird der Kreis zur massiven Steuervermeidung oder Steuerhinterziehung gezogen, mit denen man sie gut füllen könnte.

Die Verfahren gegen die Großbanken laufen schon seit eineinhalb Jahren. Nun waren kürzlich 160 Beschäftigte der französischen Finanzstaatsanwaltschaft ausgerückt, um Beweise zu sichern. Es handelt sich um ein sehr komplexes Verfahren, an dem gleich 16 Richter beteiligt sind, aber auch sechs deutsche Staatsanwälte sollen im Rahmen der europäischen Zusammenarbeit tätig sein.

Bei Cum-Ex-Geschäften werden große Aktienpakete per Leerverkäufe rund um den Stichtag für die Ausschüttung in rascher Folge hin- und hergeschoben, um Verwirrung zu schaffen. Die Beteiligten lassen sich die Kapitalertragsteuer in Höhe von 25 Prozent mehrfach zurückerstatten, obwohl sie sie nur einmal auf die Dividende gezahlt wurde.

Wie laufen Cum-Cum-Geschäfte?

Cum-Cum-Geschäfte laufen dagegen etwas anders. Im Bankenlexikon ist zu dieser Art des sogenannten "Dividendenstripping" zu lesen:

"Bezeichnung für Wertpapiertransaktionen, bei denen die schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfte mit Zins- oder Dividendenberechtigung gehandelt werden."

Cum-Cum-Geschäfte seien darauf ausgerichtet, "inländische Aktien von regelsteuerpflichtigen Ausländern kurz vor der Dividendenzahlung auf einen körperschaftssteuerbegünstigten Inländer zu übertragen und unmittelbar nach der körperschaftssteuerbefreiten Dividendenvereinnahmung wieder an den ausländischen Aktionär zurückzugeben".

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte festgestellt, dass Cum-Ex-Geschäfte illegal sind und das gilt auch für Cum-Cum-Deals. Im französischen Fall ist die Sachlage ganz ähnlich wie in Deutschland: Inländische Investoren können sich die Kapitalertragsteuer komplett vom Finanzamt zurückerstatten lassen.

Aber auch ausländische Aktionäre von börsennotierten Unternehmen in Frankreich sollen, so der Vorwurf der Ermittler, um den Dividendenstichtag herum ihre Aktienpakete gegen eine Gebühr an eine französische Bank "verliehen" haben. Die französische Bank habe dafür die volle Dividende erhalten und dafür zunächst 30 Prozent Kapitalertragsteuer bezahlt, die sie sich vom Finanzamt aber rückerstatten ließ.

Kurz nach dem Dividendenstichtag sollen die Banken den ausländischen Aktionären die Aktien mit dem Großteil der Dividende zurückgegeben haben. Das bedeutet, dass letztlich keinerlei Steuer auf die Gewinne gezahlt wurden. Den "Gewinn" aus dem Steuerbetrug sollen sich die Banken und die Kunden aufgeteilt haben.

Die renommierte französische Tageszeitung Le Monde nennt den Vorgang einen "Steuerraub", der wie Cum-Ex lange Zeit in einer "rechtlichen Grauzone" habe gedeihen können. Le Monde geht davon aus, dass die durch das koordinierte Vorgehen von Justiz- und Steuerbehörden diese Praxis einen "schweren Rückschlag" erleiden könnte.