Bargeldverbot würde zu mehr Kontrolle und Enteignung führen

Seite 2: Mit dem Bargeldverbot könnte die Staatsverschuldung gesenkt werden

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Angesichts der extremen Verschuldung und der Tatsache, dass diese nicht durch ein starkes Wachstum gesenkt wird oder gesenkt werden soll, sind wir wieder beim eigentlichen Thema. Denn Rogoff und der IWF bereiten sich auf den Ernstfall vor. Das geforderte Bargeldverbot ist dabei ein zentrales Element, um die Staatsschulden im Fall der Fälle über die Enteignung der Sparer deutlich senken zu können. Denn eine Teilenteignung kann nur auf das Geld angewendet werden, das greifbar auf Konten bei Banken liegt, weshalb diese Summe ausgeweitet werden soll. Bargeld oder Edelmetalle entziehen sich diesem Zugriff ebenso wie das Geld der Kapital- und Steuerflüchtigen, die es längst in Steuerparadiese verschoben haben.

Vielleicht erinnert sich doch noch jemand daran, dass die Teilenteignung im Fall von Zypern nicht nur vom IWF geplant war, sondern von der EZB und der EU-Kommission sekundiert wurde. Dabei sollte die Zwangsabgabe für alle Sparer aber nur 10% betragen (Letzte Zwangsabgabe in Europa "endete vor Erschießungskommando"). Das scheiterte damals allerdings noch am massiven Widerstand, an der Schwierigkeit bei der Durchführung und fehlender Vorbereitung. Ohnehin würde das längst nicht mehr reichen, um eine effektive Entschuldung zu erreichen.

Das soll sich ändern. Denn IWF und Co streben längst ganz andere Schritte an. Dagegen war die 10%-Zwangsabgabe in Zypern ein Witz. Denn es ist auch der Rogoff, der seit langem auf eine "finanzielle Repression" drängt, weil anders den Schuldenbergen auch in reichen Ländern nicht mehr begegnet werden könne. Das Bargeldverbot nimmt in der Strategie eine zentrale Rolle ein, um an möglichst viel Geld zu kommen. Mit der ehemaligen IWF-Kollegin Carmen Reinhart fordert er noch radikalere Maßnahmen. Neben "Kapitalkontrollen" ist eine "verdeckte Steuer für Sparer" genauso geplant, wie das Abladen von wertlosen Anleihen und Aktien bei Pensionsfonds und Versicherungen, denen per Gesetz eine geringere Verzinsung als versprochen aufgezwungen werden soll (IWF drängt auf Enteignung der Sparer). Auch das kam sogar schon in Deutschland im vergangenen Jahr zum Einsatz, wie die Rettung deutscher Lebensversicherungen angesichts der Probleme mit niedrigen Zinsen gezeigt hat.

"Bei den heutigen technischen Möglichkeiten sind Münzen und Geldscheine tatsächlich ein Anachronismus"

Die Debatte wird auch in Deutschland immer weiter getrieben, wo der Einsatz von Bargeld noch besonders stark ist. So forderte gerade der Wirtschaftsweise Peter Bofinger ebenfalls eine Abschaffung des Bargelds. "Bei den heutigen technischen Möglichkeiten sind Münzen und Geldscheine tatsächlich ein Anachronismus", sagte er. Bargeld erschwere den Zahlungsverkehr "ungemein". Dabei ist das sicher nicht für die Kunden der Fall. Die Bezahlung mit Scheckkarten oder mit Schecks (wie in Frankreich noch üblich), dauert oft deutlich länger, als wenn "Leute vor Ihnen an der Ladenkasse nach Kleingeld suchen und die Kassiererin nach Wechselgeld", wie Bofinger meint, der wohl selten einkaufen geht.

Das ist ein genauso vorgeschobenes Argument wie die Bekämpfung von Drogenhandel, ergänzt von Bofinger noch durch die Bekämpfung von Schwarzarbeit. Er meint, fast ein Drittel des Euro-Bargelds seien 500-Euro-Scheine - "fürs Einkaufen braucht die niemand, damit wickeln lichtscheue Gestalten ihre Geschäfte ab". Meint er damit zum Beispiel die in Spanien regierende Volkspartei (PP)? Denn die Konservativen haben sich 20 Jahre über diese Scheinchen prächtig illegal über Korruption finanziert. Sie haben sogar die hinterzogenen Steuern mit einer Steueramnestie wieder sauber und rein gewaschen, was sogar die konservative Financial Times kritisierte. Betrüger konnten für lächerliche Nachzahlungen, die deutlich unter dem Steuersatz lagen, den ehrliche Bürger bezahlt haben, das Geld legalisieren und nicht einmal die Herkunft wurde geprüft, weshalb sogar Geld im großen Stil gewaschen werden konnte. Das System wird seit vielen Jahren toleriert, deshalb dürften solche Argumente nur vorgeschoben sein.

Was niemand wirklich sagt, ist, dass es neben der möglichen Teilenteignung um eine massive Ausweitung der Kontrolle der breiten Bevölkerung geht. Sie wird seit Jahren betrieben, was auch der Vorstoß zur Vorratsdatenspeicherung in Deutschland gerade wieder zeigt. Der NSA-Skandal, Wikileaks und Snowden haben längst aufgedeckt, welche Dimensionen die Kontrolle inzwischen angenommen hat. Hierüber wird öffentlich nicht immer wieder schwadroniert, wie über die angebliche Regulierung der Finanzmärkte, die Bekämpfung von Steuerflucht und die Bekämpfung von Drogen und Waffenhandel. sondern hier wird (auch hinter den Kulissen und illegal) schon konkret gehandelt.

Erstaunlich ist, dass in der Debatte um das Bargeld über die Überwachung und Kontrolle kaum ein Wort verloren wird, die das bargeldlose Bezahlen bedeutet (Kontenabfragemöglichkeiten, Bargeldabschaffung und Registrierkassenzwang). Damit wird der Bürger noch gläserner, weil bei allen Käufen weitere Daten hinterlassen werden, die ausgewertet, benutzt und missbraucht werden können. Ein Blick über die Grenze reicht aus, um zu sehen, dass zum Beispiel in Österreich darüber auch im Rahmen von Freiheitsrechten debattiert wird. Sogar "Die Presse" in Österreich, ein Blatt das sicher nicht als linkes Kampfblatt bezeichnet werden kann, spricht davon, dass es beim Bargeldverbot "um Profit und Kontrolle" geht.

Ähnlich wie bei der Vorratsdatenspeicherung wird nämlich der Bürger unter "Generalverdacht" gestellt. So führt die Zeitung aus, dass in Frankreich schon heute eine Obergrenze von 1.500 Euro für Barzahlungen gilt, die nun auf 1.000 Euro gesenkt werden soll. Das Limit gilt bereits in Italien. In Griechenland ist es nur noch die Hälfte, und es soll Druck dahin geben, es auf 70 Euro zu senken. Auch der konservativen "Neue Zürcher Zeitung" (NZZ) ist der Vorstoß nicht geheuer, doch sie hebt eher auf ökonomische Gründe ab. Die "Idee des Bargeldverbots steht für irrsinnige Welt", titelte sie. "Ein Verbot von Bargeld oder dessen Besteuerung wäre eine neue Eskalation der seit Jahren grassierenden finanziellen Repression."

Die Debatte in Europa wird vor allem in Skandinavien vorangetrieben. In Schweden und Norwegen setzen sich zum Teil auch Gewerkschaften mit Banken und Handelsketten für die Abschaffung von Scheinen und Münzen ein. Der konkreteste Vorstoß in Richtung zur Abschaffung geht von Dänemark aus. Das Land will als erstes Land in Europa den Zwang zur Annahme von Bargeld in vielen kleinen Läden, Restaurants und Tankstellen abschaffen. Dass die Regierung unter dem Sozialdemokraten Helle Thorning-Schmidt dafür eine Mehrheit erhält, gilt als sicher. Vielleicht sollten sich die auch linkeren Unterstützer das noch einmal überlegen. Dänemark war Vorreiter bei den ziemlich erfolglosen Versuchen mit Negativzinsen (Nullzins, Strafzinsen und demnächst unbegrenztes Gelddrucken). Zur Stützung der eigenen Währung wurde der Negativzins inzwischen immer deutlicher ausgeweitet, er liegt nun sogar schon bei 0,75%.