Batteriespeicher: Warum Lavendel der neue Star der Energiewende werden könnte
![Blühender Lavendel auf dem Feld - er könnte schon bald in Batteriespeichern zum Erfolg der Energiewende beitragen.](https://heise.cloudimg.io/width/700/q75.png-lossy-75.webp-lossy-75.foil1/_www-heise-de_/imgs/18/4/7/8/9/7/5/0/shutterstock_2513136053-beab3e788e4a7716.jpeg)
(Bild: fetrinka / Shutterstock.com)
Lavendelöl könnte die Energiewende beschleunigen. Forscher haben daraus ein Material geschaffen, das Natrium-Schwefel-Batterien leistungsstärker macht.
Die Energiewende droht zu scheitern, wenn es nicht gelingt, ausreichend Strom aus Wind und Sonne zu speichern, wenn er gerade nicht benötigt wird. Weltweit werden aus diesem Grund große Batteriespeicher geplant und errichtet.
Bislang standen dabei Lithium-Ionen-Akkus im Mittelpunkt des Interesses. Kobalt und Lithium, zwei wichtige Komponenten dieser Akkus sind nicht nur selten, ihr Abbau geht auch oft mit erheblichen Umweltverschmutzungen und sozialen sowie politischen Verwerfungen einher, was die Nachhaltigkeit von Lithium-Ionen-Akkus in Zweifel zieht.
Doch Forscher des Max-Planck-Instituts für Kolloid- und Grenzflächenforschung haben jetzt wohl eine Alternative gefunden. Und ausgerechnet Lavendel könnte dabei eine Schlüsselrolle spielen.
Natrium-Schwefel-Batterien als Alternative zu Lithium
Das Team um Paolo Giusto hat aus Linalool, dem Hauptbestandteil von Lavendelöl, und Schwefel ein Material entwickelt, das Natrium-Schwefel-Batterien verbessern könnte. "Es ist faszinierend, zukünftige Batterien mit etwas zu gestalten, das in unseren Gärten wächst", sagt Giusto.
Natrium-Schwefel-Batterien hatten bislang entscheidende Nachteile gegenüber Lithium-Ionen-Akkus: Sie speichern weniger Energie und hielten nicht so lange. Doch genau an dieser Stelle setzte die Forschung mit Linalool an.
Linalool als Käfig für Polysulfide
Das Problem bei Natrium-Schwefel-Batterien: Sogenannte Polysulfide wandern zwischen den Polen hin und her, reagieren mit ihnen und führen so zum Versagen des Akkus. Die Max-Planck-Forscher lösen dies, indem sie die Polysulfide in einen Kohlenstoff-Käfig aus Linalool und Schwefel einsperren.
"Wir erzeugen aus Linalool und Schwefel ein stabiles und dichtes Nanomaterial und erhalten so Batterien, die langlebiger sind und eine höhere Energiedichte aufweisen als heutige Natrium-Schwefel-Batterien", erklärt Evgeny Senokos, der am Institut an Alternativen zu Lithium-Batterien forscht.
Die winzigen Poren des Materials sind etwa 100.000 Mal schmaler als ein menschliches Haar. Sie schließen die sperrigen Polysulfide ein. Natriumionen können aber noch hinein- und herausströmen. So erreichten die getesteten Batteriezellen auch nach 1.500 Lade- und Entladezyklen noch mehr als 80 Prozent der ursprünglichen Kapazität – genug für den praktischen Einsatz.
Höhere Speicherkapazität und schnelleres Laden
Die Kohlenstoff-Nanogefäße erhöhen aber nicht nur die Lebensdauer, sondern auch die Speicherkapazität: Da der Schwefel fixiert ist, steht er fast vollständig für die Energiespeicherung zur Verfügung. Das neuartige Kathodenmaterial kann so mehr als 600 Milliamperestunden pro Gramm liefern – der bisher höchste Wert für diesen Batterietyp. Dabei werden über 99 Prozent des Schwefels genutzt.
"Mit einem kreativen Blick auf die Natur finden wir Lösungen für viele Herausforderungen der Energiewende", betont Paolo Giusto. Er ist zuversichtlich, dass die Industrie bald auf die Entwicklung aufmerksam wird und der Sprung vom Labor in die Praxis gelingt.
Noch hoffen die Forschenden, dass sich die Ladezeiten weiter verkürzen lassen. Denn je schneller eine Batterie geladen werden kann, desto flexibler ist ihr Einsatz. Die Lavendelöl-Schwefel-Kombination könnte so ein Baustein für die Speicherung der Zukunft werden – und Duft in die Energiewende bringen.