Bawag/Refco - Bilanzfälschung auf Gegenseitigkeit?
Die Österreichische Gewerkschaftsbank und der weltgrößte unabhängige ‚Prime Broker’ haben sich dank gemeinsamer Interessen in einen der größten Finanz-Vertuschungsskandal der jüngeren Geschichte verstrickt
Im Sommer 2005 war die österreichische Gewerkschaftsbank Bawag-PSK in die internationalen Schlagzeilen geraten, weil sie wenige Stunden vor dem Platzen des Refco-Skandals 350 Millionen Dollar an dessen Boss Phillip Bennet überwiesen hatte. Das Brokerhaus Refco, das sich als weltweit einziger unabhängiger ‚Prime-Broker’ als Full-Service-Provider vor allem für Hedge Fonds profiliert hatte, war erst wenige Wochen zuvor an die Börse gegangen. Bennet, der offenbar uneinbringliche Forderungen jahrelang verheimlicht hatte, hatte versäumt, rechtzeitig zum Bilanzstichtag neuerlich für „Ordnung“ zu sorgen und die angelaufenen Verluste in „werthaltige“ Forderungen zu verwandeln. Insbesondere war ein neuer Mitarbeiter im Refco-Rechnungswesen nicht rechtzeitig auf Linie gebracht worden, der den nun in den USA gerichtsanhängigen Skandal auffliegen ließ.
Hatte es anfangs noch so ausgesehen, als hätte sich mit der Bawag mal wieder ein „small austrian wannabe“ aus Gier und Naivität von einem Wall Street-Fuchs aufs Kreuz legen lassen, entpuppt sich die Angelegenheit nun als verzweifelter Versuch der Bawag, einen Verlust zu verstecken, der fast drei Mal so hoch war wie jener, der Refco implodieren ließ. Wobei sich die Interessen Refcos und der Bawag, die von 1996 bis 2004 übrigens zu 46 Prozent der Bayrischen Landesbank gehört hatte, offenbar ideal ergänzten.
Die Bombe platzte am 15. März 2006, als Bloomberg die so genannten „Phantom-Bonds“ in die Finanzschlagzeilen und in enge Beziehung zur Bawag brachte. „Plötzlich war eine halbe Milliarde Dollars an Verbindlichkeiten einfach verschwunden“, zitierte Bloomberg den Anwalt einer Refco-Gläubiger-Gruppe. „Niemand erschien, um vor Gericht einen Anspruch zu wahren. Es war, als hätten sie nie existiert.“
Und tatsächlich: Nachdem die internationalen Wirtschaftsmedien ausgiebig über die Bawag-Verbindung spekuliert hatten, traten der eben erst neu eingesetzte Generaldirektor Ewald Novotny und sein Vize Stephan Koren, sowie der langjährige Aufsichtsratschef Helmut Weninger am 24. März zur „großen Beichte“ an. So weit sie selbst die Angelegenheit durchschaut hätten, wollten sie nun die ganze Wahrheit auf den Tisch legen, beteuerten die Direktoren. Vorerst aber gaben sie vor allem die eigene Unwissenheit kund.
So war Novotny, der übrigens als höchst integer gilt, zur Zeit der Affäre noch Finanzwirtschafts-Professor und Wirtschaftssprecher der SPÖ, später Vizegeneraldirektor der Europäischen Investitions Bank (EIB) und nun erst seit wenigen Wochen in der Bank. Koren hatte zwar bereits 1998 bei der Bawag angeheuert, wird damals aber wohl ebenfalls nicht eingeweiht gewesen sein, gehörte er doch politisch zum falschen, nämlich zum ÖVP-Lager. Nur einer am Podium wusste von Anfang an Bescheid: Bawag-Aufsichtsratschef Weninger, der auch sofort seinen Rücktritt als Aufsichtsratschef und ÖGB-Finanzchef erklärte. Nach seiner Auffassung habe er die Bawag seinerzeit allerdings „gerettet“ und sich nichts vorzuwerfen.
Was war geschehen?
Die Geschichte reicht gut zwanzig Jahre zurück. So hatte die Bawag schon Mitte der 80er Jahre begonnen, über karibische Steueroasen in neue Geschäftszweige zu expandieren, die in etwa den Deals heutiger Hedge Fonds entsprachen und zudem außerbilanziell abgewickelt wurden. Know-how-Geber war die (neben Refco-Chef Phillip Bennet) schillerndste Figur der Affäre, der Sohn des langjährigen Generaldirektors Walter Flöttel, Wolfgang Flöttel, auf den bis heute die guten Kontakte der Bawag zur Hochfinanz zurückgehen sollen. Dank seiner Heirat mit Anne Eisenhower, Präsidenten Dwight D.’s Enkelin, gehört ‚Flottl’, wie er in den USA genant wird, zum US-Establishement. Er fehlt auch heute noch bei kaum einem New Yorker Society-Event, ist Großspender diverser karitativer und kultureller Institutionen und kam immer wieder als eifriger Käufer oder Verkäufer wertvoller Gemälde von Picasso, Cézanne und Degas in die Medien. Auf den Bermudas teilte er sich mit Silvio Berlusconi und Ross Perot eine Halbinsel.
Heute sei Flöttel (inzwischen geschieden und neuerlich mit seiner Frau verheiratet, was den Verdacht schürt, er habe so Vermögenswerte via Ehevertrag in Sicherheit gebracht) ohne Vermögen, erzählte Koren im Rahmen der „Beichte“. Denn dieses habe die Bawag 2001 verwertet und bedeutende Summen erhalten. Sollte er je wieder zu Geld kommen, würde die Bawag auch darauf Anspruch erheben. Während Flöttl aber nach wie vor beteuert, die besagten Verluste nicht verursacht zu haben, beantragte die österreichische Staatsanwaltschaft bereits erfolglos einen Haftbefehl.
Der heute 51jährige Flöttl, der „so brav studiert hat“, wie sich Österreichs Ex-Kanzler Franz Vranitzky erinnert, hat sein Geschäft an der Harvard Business School und bei der Wall Street Investmentbank Kidder, Peabody & Co. gelernt, wo er sich angeblich in nur sechs Jahren zum Vizepräsident hochgearbeitet habe. Im Juni 1987 gründete er nach österreichischen Quellen auf den Bermudas die Investmentfirma Ross Capital Markets Ltd., wobei dies laut Recherchen der dort erscheinenden Royal Gazette jedoch erst 1991 erfolgt sein soll. In rascher Folge gründete er danach jedenfalls weitere Firmen wie „International Asset Management“ und „EBT Securities Ltd“ (an der auch die Bawag beteiligt war), wo übrigens der heutige Chef der dortigen Finanzaufsicht als Managing Director tätig war. Diese seien zu ihrer Zeit der Prototyp des technischen High-tech-Trading gewesen, schreibt die „Royal Gazette“:
Die Trader arbeiteten rund um die Uhr um kalkulierte, hochriskante Geschäfte in den verschiedensten Währungen zu machen.
Arvind Krishnamurthy, der 1993 und 1994 für Ross Anleihen gehandelt hatte, erzählte dem „Prudent Investor“ dass Ross den Händlern in ihren Entscheidungen viel Autonomie eingeräumt habe:
Wir waren in kleinen Gruppen organisiert, die jede ihre eigene Strategie verfolgt hat und Kapital zugewiesen bekam.
„Ross Capital“ and „International Asset Management“ stehen noch heute im Telefonbuch, unter der angegebenen Nummer meldet sich jedoch nur ein Anrufbeantworter der „International Asset Management“, und an der angegebenen Adresse ist laut „Royal Gazette“ keine Spur der Unternehmen mehr zu finden.
Das Vorbild für den Arbeitsstil von „Ross Capital“ gab offenbar Flöttls früherer Arbeitgeber „Kidder“, wo mehr als anderswo risikiert und gefeuert wurde, wer keine Gewinne machte. Mitte der 90er Jahre durchlebte Kidder übrigens etliche Wall Street Skandale in führender Position und musste nach riesigen Verlusten auf das Anleiheportfolio 1994 von General Electric gerettet werden und verschwand später von der Bildfläche. Zu diesem Zeitpunkt wurde der junge Flöttl indes erstmals einer breiten österreichischen Öffentlichkeit bekannt. Denn schon 1994 wurde ruchbar, dass Vater Flöttl seinem Sohn persönlich Bawag-Kredite über 23 Milliarden Schillinge (rd. 1,5 Mrd. USD) bewilligt hatte, woraufhin laut „Financial Times“ sechs Geschäftsbanken ihre Kreditlinien mit der Bawag reduzieren wollten und einiger mediale Aufregung ausbrach. Denn solche Spekulationsgeschäfte hatten sich für eine Gewerkschaftsbank schon damals nicht so recht geziemt.
Daraufhin hatte die Bawag zumindest offiziell die „Karibik-Geschäfte“ beendet; der Kredit sei prompt und vollständig rückgeführt worden und die Bawag ohne Verluste aus der Sache herausgekommen, hieß es damals, was heute jedoch nicht mehr ganz glaubwürdig erscheint. Bis dahin hätte Flöttl den Angaben zufolge zudem auch gutes Geld verdient und die Gewerkschaftsbank nur dank dieser Spekulationsgewinne ihrem Anspruch gerecht werden können, ihren Privatkunden die besten Konditionen einzuräumen.
Am heiß umkämpften österreichischen Bankenplatz, wo die Zinsspanne traditionell deutlich niedriger ist als (mit Ausnahme Finnlands) überall sonst in Europa, hatte die Bawag tatsächlich jahrelang überdurchschnittliche Gewinne ausgewiesen, so dass kaum jemand an der Darstellung zweifelte, die Bawag habe eben geschickt spekuliert. Und so verwunderte auch nicht sehr, dass schon im nächsten Sommer der neue Generaldirektor, Flöttl-Intimus Helmut Elsner, in einem Radio-Interview offen äußerte, dass man die profitablen Geschäfte nur kurz unterbrochen habe und bald wieder aufnehmen werde.
Und wieder war Flöttl Junior der Partner. Welche Geschäfte da genau gemacht wurden erklärten die Vorstände nur sehr vage. Die Bawag sei „anfangs direkt beteiligt gewesen, später in der Form von Krediten“. Die Verluste sollen vor allem im Jahr 2000 angefallen sein, wobei Novotny von einem Japan Zins-Swap erzählte, der im Zusammenhang mit der Asienkrise im Oktober 2000 zu Margin-Calls geführt und allein einen Verlust von 350 Mio. Euro verursacht habe, hieß es noch bei der Beichte. Inzwischen sind jedoch Informationen aufgetaucht die darauf deuten, dass die Verluste teilweise bereits aus 1995 resultiert und wohl auch da schon eine Vorgeschichte gehabt haben könnten. So könnten ältere Verluste vielleicht gerade 1995 umfangreiche Auszahlungen verlangt und die Wiederaufnahme der „Geschäfte“ so erzwungen haben.
Operation Vertuschung
Laut Protokoll Nr. 246 einer Bawag-Aufsichtsratssitzung vom 17. September 1998, in der Elsner von „zusätzlichen Finanzierungsmöglichkeiten im Volumen von 89 Mio. USD“ spricht, die von Flöttl „gestioniert werden“, heißt es allerdings:
Die mit Dr. Flöttl abgewickelten Sondergeschäften weisen ein Volumen von USD 550 Mio. auf, daraus haben wir seit 1995 einen Ertrag von 554,0 Mio. lukriert.
Schon 1995 sollen nach Presse-Informationen jedoch bereits 500 Mill. Euro gefehlt haben, 1998 wäre nochmals so viel dazu gekommen und 2000 weitere 350 Millionen Euro an Miesen. Nichts ist hingegen offiziell bekannt geworden, wie viel dem an Erträgen gegenüberstand. Im Jahr 2000 hätte Flöttl der „Beichte“ zufolge jedoch „kalte Füße“ bekommen und sei „vereinbarungswidrig“, wie es in der Bawag hieß, aus den Geschäften ausgestiegen.
Novotny zufolge soll es Ende 2000 also nach rund 1,3 Milliarden Euro an versteckten Verlusten ausgesehen haben; letztlich wären es 999 Millionen Euro geworden – genug jedenfalls, um eine Bank mit kaum 1,2 Mrd. Euro an Kernkapital zu versenken. Woraufhin sich die Buchprüfer von KPMG weigerten der 2000er Bilanz der Bawag ohne zusätzliches Kapital einen „unbeschränkten Bestätigungsvermerk“ zu erteilen – eine Katastrophe, insbesondere da Wahlen vor der Tür standen.
Nun startete ein verschworenes Grüppchen eine Vertuschungsaktion, die ohne Refco-Pleite wohl nie ans Licht gekommen wäre. Der Bawag-Vorstand hatte vorerst nur AR-Chef Weniger informiert, der gleichzeitig Finanzchef des Österreichischen Gewerkschaftsbunds (ÖGB) war. Er und ÖGB-Chef Fritz Verzetnisch beschlossen nun, die Sache selbst vor Aufsichtsrat zu verheimlichen und „gemeinsam mit den Buchprüfern“ eine Lösung zu finden, die die Bawag vor Schaden bewahren sollte.
Die gefundene Lösung bestand nun daraus, wertlose Assets werthaltig zu machen, indem sie mit einer Garantie des ÖGB versehen wurden. Pikanterweise wurde dazu auch der berühmte „Streikfonds“ des ÖGB herangezogen, dessen Höhe eines der bestgehüteten Geheimnisse Österreichs darstellt und dessen Vermögen vor allem aus Bawag-Anteilen besteht, welche zu diesem Zeitpunkt selbst von zweifelhafter Werthaltigkeit gewesen sein dürften, wenn tatsächlich die Gefahr eines Bank-Run bestanden hätte. Offenbar war der Streikfonds alleine aber nicht ausreichend für die gesamte Garantie, denn die Bawag musste auch noch weiteres Vermögen verpfänden.
Da die Garantien teilweise über ÖGB-Unternehmen gelaufen sind, werden innerhalb des ÖGB außer den beiden Hauptverschwörern vermutlich wohl noch einzelne Geschäftsführer von ÖGB-Unternehmen wenigstens teilweise informiert gewesen sein, ansonsten herrschte aber absolute Geheimhaltung. So wurde Weningers Stellvertreter im Aufsichtsrat Werner Schmitt, der Chef des damaligen 46,1 Prozent-Eigentümers Bayrische Landesbank, ebenso wenig informiert wie (angeblich) SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer, Finanzminister Grasser und die österreichische Finanzmarktaufsicht, die der Bawag ohne Garantie wohl die Banklizenz hätte entziehen müssen.
Vermutlich wird aber auch auf der Seite Refcos einiges an Informationen gelandet sein, andernfalls hätte Refco die wertlosen Bonds wohl kaum jahrelang akzeptiert. Unbekannt ist bis heute auch, ob die Refco-Verluste, die laut Bennet durch uneinbringliche Forderungen an Kunden entstanden sind, etwas mit Flottl/Bawag zu tun haben. In US-Medien wird dies zwar immer wieder vermutet, ans Licht kommen werden die Tatsachen aber wohl erst im Zuge der laufenden US-Verfahren, wo vermutlich auch geklärt wird, was Refco von der Bawag als Gegenleistung für die Hilfe erhalten hat. Vorerst, da die Bawag offiziell zum Verkauf steht, stellt das jedenfalls ein nicht unbeträchtliches Prozessrisiko dar. Laut Koren sei jedoch kein Verschulden der Bawag an der Refco-Pleite gegeben und seien auch keinerlei Schadenersatzforderungen absehbar. Die Bawag hätte zudem auch kaum US-Vermögen, auf das die US-Behörden gegebenenfalls Zugriff nehmen könnten, so Koren, der im selben Atemzug allerdings zugestehen musste, auch hier nicht genau über die Sachlage informiert zu sein.
Unklar ist weiterhin auch, wie das Verhältnis von Bawag und Refco genau beschaffen war. Von Anfang bis Ende der 90er Jahre hatte Flottls „Ross Capital“ jedenfalls Devisen, Futures und Anleihen über Refco gehandelt und Flöttl den Kontakt zur Bawag-Führung hergestellt. Flöttl, der inzwischen auf den der Bermudas in die „besten Kreise“ vorstoßen konnte und beispielsweise mit dem damaligen Premier Sir John Swan ein achtgeschossiges „Front Street-Headquarte“’ hätte entwickeln wollen. Dies scheiterte jedoch 1995 und Flöttl begründete seinen Rückzug laut „Royal Gazette“ damals damit, seine Geschäfte nun in New York zu konsolidieren, wo er mehr Zeit verbringe als auf den Bermudas.
Indessen vertieften sich die Beziehungen zwischen der Gewerkschaftsbank und dem stark wachsenden Brokerhaus. So war die Bawag von 2000 bis 2004 mit offiziell 10 Prozent an Refco beteiligt (wobei Unterlagen von darauf deuten, dass die Beteiligung der Bawag noch größer gewesen sein könnte und länger bestanden habe als offiziell bekannt), eine Refco-Tochter hatte ihren Sitz an einer Wiener Bawag-Addresse und mehrere Refco-Mitarbeiter hatten im Wiener Handelsraum der Bawag ihren offiziellen Arbeitsplatz. Als problematisch für die Bawag könnten sich auch erweisen, dass passend zu vierteljährlichen Bilanzstichtagen in den Büchern mehrmals kurzfristige Forderungen Refcos an die Bawag auftauchten, die im Lichte der neuen Erkenntnisse nun zumindest verdächtig erscheinen. Bislang steht die Bawag in den USA aber noch nicht unter Anklage.
Während die Bawag ihre Refco-Anteile offiziell aber verkauft hatte, kaufte sie im August 2000 aber für 17,6 Mrd. Schilling (rund 1,3 Mrd. Euro) die Österreichische Postsparkasse (PSK) von der österreichischen Staatsholding ÖIAG, was wohl nicht möglich gewesen wäre, hätten die Behörden bescheid gewusst - und eine Refco-Tochter im Zuge der sehr komplizierten angelegten Fusion übrigens vorübergehend 25 Prozent der PSK-Anteile hielt.
Der damalige Bawag-General Elsner hatte noch im Juli übrigens behauptet, beim Kauf „keine Finanzierungsprobleme“ zu haben - viel mehr sollten mit dem Kauf aber wohl jene der Bawag gelöst werden. Denn die Verlust-Bereinigung scheint – anders als während der Freitags-PK behauptet, als es hieß, man habe die Verluste durch eigene Gewinne ausgeglichen - vor allem durch Aufwertungen im Zuger der Fusion mit der PSK erfolgt zu sein, wobei die Bawag allerdings auch aus eigener Kraft beigesteuert hatte. Die 2004 angefallenen hohen Gewinne aus dem Verkauf der bulgarischen Mobilfunk-Beteiligung (Mobiltel), die Insider mit bis zu 400 Millionen Euro beziffern, fanden in der offiziellen Bilanz jedenfalls keinen nennenswerten Niederschlag und dürften auf das Karibik-Konto gebucht wurden sein.
Überdies sollen die PSK-Beteiligungen an den Casinos-Austria und den Lotterien aufgewertet worden sein, und erst im Herbst 2005 wurde im Zuge der sehr kompliziert konstruierten endgültigen Fusion von Bawag und Postsparkasse die Bewertung der Bawag um mehr als eine halbe Milliarde Euro erhöht, wodurch als Verlust (für den der ÖGB noch haftet) nur noch 120 Mill. Euro für die Beteiligung an einem Casino in Jericho übrig geblieben sein sollen – auch dies allerdings ein Projekt, bei dem der Bawag-Anteil offiziell bei nicht mehr als 50 Millionen Euro gelegen hatte, der Hauptteil hingegen – wiederum nach offiziellen Angaben - von den Casinos Austria und dem österreichischen Geschäftsmann und langjährigen Karibik-Partner der Bawag Martin Schlaff gekommen sein sollen.
In den Bilanzen 2003/2004 der Bawag fanden sich übrigens kaum Hinweise auf die Vertuschungsaktion. Allerdings findet sich in den weiteren Angaben zur Bilanz 2004 der PSK Garantien für Konzernkredite zu Gunsten der Bawag über 2,74835 Mrd. Euro, nach knapp 1,4 Mrd. noch ein Jahr zuvor; außerdem die Anmerkung, dass zu Garantien im Zusammenhang mit Bawag-Eigentümern aufgrund des Bankgeheimnisses keine Aussagen gemacht werden. Etwas seltsam mutet zudem an, dass die Bawag ihre Tochter in Malta mit 500 Millionen Euro an Kapital ausgestattet hat, während sie doch nur dank ÖGB-Garantie bilanzieren konnte.
Stephan Koren, der im Jahr 2000 zum PSK-General gemacht wurde, hatte zu jenem Zeitpunkt nach eigenen Angaben weder von den Verlusten gewusst, noch davon, dass die PSK für die Verluste der Bawag werde gerade stehen müssen. Sollten die Verluste aber tatsächlich bereits 1998 bestanden haben, so scheint es möglich, dass Bawag-General Elsner den ÖVP-Mann schon genau deshalb in die Bawag geholt hat. Denn Koren hatte einst als Kabinettssekretär den so genannten Schüssel/Ditz-Kurs des späteren Bundeskanzlers organisiert und war erst mit dem Wechsel des damaligen Finanzministers Johannes Ditz in die Beteiligungsholding ÖIAG aus dem Kabinett ausgeschieden und 1998 in der BAWAG gelandet.
Während ÖVP-Mann Ditz in der ÖIAG den PSK-Verkauf organisierte, hatte Koren bei der Bawag Karriere gemacht, wurde Geschäftsführer der BAWAG Invest Consult, dann Direktor mit Generalvollmacht und Ende 2000 wurde er nach gelungener Übernahme von Elsner als PSK-Generaldirektor eingesetzt, was den politischen Widerstand der konservativen Regierung gegen einen Verkauf der mit hohen stillen Reserven ausgestatteten PSK an die „rote“ Bawag erheblich verringert haben dürfte. Weninger, der während der „Beichte“ angab, dass die Vertuschung in enger Zusammenarbeit mit den Wirtschaftsprüfen erfolgt ist, ist zuzutrauen, dass er die „Rettung“ vielleicht nur deshalb in dieser Form gewagt hat, weil bereits klar war, wie eine Rettung risikolos mittels PSK erfolgen könne.