Bekommt Mexiko heute erstmals einen linksgerichteten Präsidenten?
López Obrador in Wahlumfragen deutlich vorne. Schwere Krise des Landes und Bündnis mit rechter Partei PES brachten ihn in Führung
In Mexiko findet am heutigen Sonntag eine wohl historische Präsidentschaftswahl statt: Letzten Umfragen zufolge zeichnet sich ein Sieg des Mitte-links-Kandidaten Andrés Manuel López Obrador ab. Die führende Rolle des Politikers ist auf eine tiefgreifende gesellschaftliche Krise und den daraus folgenden Prestigeverlust der etablierten Parteien zurückzuführen. Zudem ist AMLO, wie der aussichtsreichste Kandidat im Land genannt wird, ein Bündnis mit der konservativ-evangelikalen Partei der Sozialen Begegnung (Partido Encuentro Social, PES) eingegangen und hat den bisherigen Lagerwahlkampf damit erfolgreich durchbrochen.
Vor diesem Hintergrund sind knapp 89 Millionen Wahlberechtigte heute aufgerufen, den folgenden Präsidenten, ein Parlament und zahlreiche Ämter auf Lokal- und Regionalebene neu zu bestimmen.
López Obrador sprach vor seiner Stimmabgabe von der "Chance, unser Land zu verändern". Nun sei "die Einheit des gesamten Volkes nötig", sagte der 64-Jährige, der bereits zwei Mal als Kandidat gescheitert war, mutmaßlich auch wegen Wahlbetrugs. Beim dritten Mal nun zeigt er sich zuversichtlicher: Die Menschen sollten "freundschaftlich aufeinander zugehen, um die Veränderung zu erreichen, die Heldentat, Mexiko zu verändern".
Sollten sich die Vorhersagen bewahrheiten, steht der frühere Bürgermeister von Mexiko-Stadt einer Mammutaufgabe gegenüber: Mexiko ist de facto ein gescheiterter Staat, zerrieben zwischen Drogenkriminalität, neoliberaler Misswirtschaft und Korruption. Die Gewalt hat 2017 mehr als 25.000 Menschenleben gekostet, über 37.000 Menschen werden vermisst.
Angesichts dieser Zahlen wandte sich der linksgerichtete Politiker gegen die "korrupten Eliten" des Landes und kündigte an, das Land im Falle seines Wahlsiegs "radikal" zu reformieren. Eine Regierung unter seiner Führung werde gegen Drogenhandel, Gewalt und Korruption vorgehen. Mexiko wurde fast hundert Jahre lang von der ehemaligen Staatspartei "der Institutionellen Revolution" (Partido Revolucionario Institucional -PRI) und zuletzt auch von der konservativ-klerikalen Partei der Nationalen Aktion (Partido Acción Nacional - PAN) beherrscht. Nun könnte López Obradors "Bewegung der Nationalen Erneuerung" (Movimiento Renovación Nacional - Morena ) übernehmen.
Inwieweit der ehemals dezidiert Linke López Obrador aber mit der Oligarchie bricht ist unklar: Sein Bündnis mit der Partei PES und eine Reihe programmatischer Aussagen ließen zuletzt einen deutlichen Rechtsruck erkennen.