Berufs- und Freizeitbekleidung der besonderen Art

Fachhandel für Polizisten, Fetisch-Liebhaber und Amokläufer?

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Wo bekommt ein Polizist seine Berufskleidung her? Von Neckermann? Nein, dafür gibt es spezielle Fachgeschäfte, die aber für Military- und Polizeifans auch über einen eigenen Online-Shop und Ebay verkaufen. Und viele „Spelunken“ – online und offline. Ein irritierneder Streifzug durch die olivgrünen Seiten des Web.

In Berlin befindet sich direkt neben der Parteizentrale der Grünen ein Fachgeschäft für die Grünen. Die anderen Grünen versteht sich, die mit den schönen Wappen auf der Mütze, sofern sie denn eine tragen und nicht etwa einen Schutzhelm. Im "Cop Shop" kann man nämlich trotz des Namens nicht etwa Polizisten kaufen, sondern Polizeibedarf: Ausrüstung, Schutzwesten, Bekleidung für Spezialeinheiten, Polizei, Militär, Feuerwehr, Sicherheitsdienste und auch Sportschützen, so verrät der 172 Seiten starke Katalog, den es auch als PDF zum Download gibt.

Niedlich: Polybär und Polyfant. Fehlt nur noch die Polymaus! (Bild: Cop-Shop-Katalog)

Von der Anhaltekelle zur Verkehrskontrolle über Waffenhalter, schutzsichere Westen, Taschenlampen, Pfefferspray – nur für bzw. gegen Tiere –, Military-Rucksäcke mit Gewehrhalter, Leatherman-Taschenmessern, Schlagstöcken, Elektroschockern, Tarnbekleidung, Gasmasken und Handschellen gibt es hier alles, was der gemeine Streifenpolizist und vor allem die härteren Varianten so im täglichen Einsatz brauchen können. Darüber hinaus werden Fortbildungen für Spezialeinheiten angeboten und auch neckische Polizeibären und Plüschelefanten.

Ebenso ist in fast jedem Bahnhofsviertel einer Großstadt ein sogenannter „Military-Shop“. Mancher schaut aus wie eine Originalrequisite aus einem Vietnam-Film, nur über die lange Zeit entsprechend vergammelt, und ist eher dafür bekannt, „Bongs“, Wasserpfeifen und ähnliches Genussmittelzubehör zu verkaufen – die komischen Klamotten und Tarnnetze erscheinen als eben das – Tarnung. Andere verkaufen hauptsächlich Klamotten im Militärdesign, manche firmieren eher als Fachgeschäfte für Outdoor-, Trekking-, Jagd- und Campingbedarf und erscheinen so weniger bedrohlich.

Weniger niedlich: Messer – echt Heckler & Koch… (Bild: Cop-Shop-Katalog)

Denn der Gedanke beschleicht einen unvermeidlich, wenn man nach den diversen Amokläufen ein derartiges Sortiment sieht, ob nun seriös als Berufs- oder Freizeitbedarf, oder aber eher in Richtung Fetisch für Möchtegern-Rambos, Gotcha-Spieler oder Bundeswehr-Fans. Waffenscheinpflichtige Waffen gibt es dabei in keinem der Läden über die Theke, selbst im Jagdbedarf nicht, aber Schlagstöcke, Messer und Masken sowie vielerorts waffenscheinfreie, doch ansonsten echt aussehende Gas- oder Luft-Waffen. Es beschleicht einen der Gedanke, wenn es zur Zeit der Demonstrationen auf der Frankfurter Startbahn West schon das Internet mit derartig praxisnahen Fachartikelversendern gegeben hätte, hätten die Demonstranten des schwarzen Blocks ihre Kampfausrüstung nicht mühselig selbst basteln müssen...aber gleiches gilt natürlich dann auch für die rechten Kampftruppen oder selbsternannte private Möchtegern-Sicherheitstruppen.

Zumindest im Cop-Shop werden diese allerdings nicht einkaufen, so Geschäftsführerin Ulrike Hermann zu Telepolis: Dessen Markenware sei Krawallbrüdern und auch anderen Privatleuten nämlich schlicht zu teuer. Und in den Ladengeschäften achte geschultes Personal darauf, wer da was kaufen will und verweigere dies gegebenenfalls, so Hermann. Artikel mit Hoheitszeichen, also Polizeiwappen der Länder und entsprechenden Aufschriften wie "Polizei" oder "Bundesgrenzschutz" werden nur gegen Berechtigungsnachweis an Amtsträger verkauft, das restliche Sortiment steht dagegen jedem offen, Normalbürger müssen lediglich bei manchen Artikeln etwas mehr zahlen als Amtsträger.

GSG 9 oder schwarzer September? (Bild: Hatch, Cop-Shop)

Frau Hermann bedauert, dass diese selbst gewählten Einschränkungen gesetzlich bislang nicht notwendig seien, denn eigentlich sollte an jedermann nur Kleidung verkauft werden dürfen, der rest nur an Berechtigte. Gegründet hat die Ladenkette schließlich im Jahr 1990 ihr Mann Chris Hermann, damals selbst Beamter einer Polizeispezialeinheit, der seinerzeit so Probleme hatte, für seine Einheit entsprechende Ausrüstung zu beschaffen und der deshalb natürlich nicht will, dass mit seiner Ware – oder der anderer Händler – Unfug geschieht.

Dabei standen bei der Geschäftsidee übrigens ausgerechnet die berüchtigten Münchner „Schwarzen Sheriffs“ Pate, so Ulrike Hermann, da diese nicht nur durch unprofessionelles Auftreten und Randale Schlagzeilen machten, sondern auch sehr schlecht ausgerüstet waren, beispielsweise mit unzureichend gesicherten Waffen, und so als Negativbeispiel dienten, wie es nicht sein sollte. Auch heute noch sei so mancher Sicherheitsmann, beispielsweise in Banken, so schlecht ausgerüstet, dass ein Bankräuber gar keine eigene Waffe mitbringen müsse, sondern sich einfach mit einem Handgriff der des Sicherheitsmanns bemächtigen könne, so Hermann zu Telepolis.

Weihnachten im BW-Zelt? Oder lieber Zielschießen auf Christbaumkugeln? Kuriose Startseite eines Online-Army-Shops

Eine Beschränkung des Handels gibt es jedoch online nicht: auch an Privatpersonen wird gerne geliefert, und ein Ebay-Shop der Kette bewirbt dann doch ein reichhaltiges Sortiment „für Polizei, Militär, Feuerwehr, Security, Sportschützen, Gotcha, sowie Outdoor- und Adventurefans“. Es sei auch unsinnig, die einfachen Schlagstöcke unter Verschluss zu halten, bei denen jeder Besenstiel aus dem Baumarkt ebenso gefährlich sein könne, so Ulrike Hermann. Und sowohl Schlagstöcke wie Messer seien Waffen, die nur auf kurze Distanz funktionieren.

Gefährlicher seien nach ihrer Meinung die in den USA erhältlichen Elektro-Taser, die Drähte mit Pfeil auf Entfernung abschössen und Personen mit schwachem Herz durchaus töten könnten, sowie Soft-Air-Waffen wegen der Verwechslungsgefahr. Dagegen verstünde sie nicht, wieso „less lethal immunition“, die sogenannten „bean bags“, in Deutschland verboten seien: Diese Munition würde in USA gerne gegen jene verwendet, die es in Selbstmordabsicht darauf anlegten, beispielsweise in einem Kaufhaus eine Erschießung durch Polizeibeamte zu provozieren.

Nur Ausreden eines Händlers, der laut eigener Aussage auch die Bundeswehr in Afghanistan beliefert? Nein. Wer Begriffe wie „Military“ in die Suchmaschinen eingibt, was unter unseren Lesern vielleicht nicht so häufig vorkommt, wohl aber bei der entsprechenden Klientel, findet übrigens sofort Shops, die die erwähnten waffenscheinfreien, doch dennoch nicht ungefährlichen Luftgewehre, Soft-Air-, Gas- und CO2-Waffen auch online verkaufen – zwar teils nur an Personen über18 gegen Altersnachweis, doch im Gegensatz zum anscheinend gefährlicheren Zugriff auf Erotik ("Wir haben die Gesetze ja nicht erfunden") reicht hier ein zugefaxter oder -mailter Personalausweisscan, der natürlich von Vater oder Bruder geborgt sein kann.

Altersnachweis für Waffen:
Alle Waffen aus unserem Angebot sind frei verkäuflich und unterliegen keiner Anmeldepflicht. Bestimmte, gekennzeichnete Waffen und Munition dürfen nur an Personen über 18 Jahren abgegeben werden. Laut Gesetz muss uns ein amtlicher Altersnachweis vorliegen. Bitte senden Sie uns bei Ihrer Erstbestellung eine Kopie Ihres Personalausweis, Reisepasses oder Führerscheins und bestätigen Sie diese Kopie mit Ihrer rechtsverbindlichen Unterschrift. Der Name des Bestellers und der Inhaber des Altersnachweises müssen identisch sein. Zusendung per Fax: Wenn Sie Ihren Altersnachweis per Fax senden möchten, so stellen Sie Ihr Gerät auf Foto-, Fein- oder zumindest auf besonders helle Übertragung ein.

Aus der Website der Recon Company

Mancher Profi-Händler verweigert sich dem Verkauf an Privat kommentarlos, andere listen jedoch gleich dienstbereit mehr als ein Dutzend von ihm versorgte Online-Military-Händler auf, damit niemand an solchen Kleinigkeiten scheitert. Die Jugendschützer stört dies nicht. Dass allerdings auch Handschellen mit Plüschbesatz in diesen Shops angeboten werden, die ja eher als Erotikartikel zählen dürften, und das auch noch ohne Altersnachweis, tja das allerdings könnte den Military-Shops tatsächlich Probleme mit dem Jugendschutz bescheren…