Bewegung im Fall Epstein
Ghislaine Maxwell festgenommen
Ein knappes Jahr nach der Verhaftung von Jeffrey Epstein ist auch dessen mutmaßliche "Madame" Ghislaine Maxwell in New Hampshire festgenommen worden. Ihr Aufenthaltsort galt öffentlich als unbekannt, seit Epstein am 10. August unter nicht ganz unmerkwürdigen Umständen ums Leben kam (vgl. Fall Epstein: Journalisten, die fraglos an Selbstmord glauben). Auch ihre Rechtsanwältin hatte behauptet, sie wisse nicht, wo sich Ghislaine Maxwell aufhält.
Staatsanwältin Audrey Strauss von der US-Bundesanwaltschaft in Manhattan wirft der Festgenommenen vor, in den 1990er Jahren Kontakte zu minderjährigen Mädchen geknüpft zu haben, um diese später Epstein und dessen Klienten zur sexuellen Verfügung zu stellen. Teilweise soll sie sich auch an solchen sexuellen Handlungen mit Minderjährigen beteiligt haben. Ein weiterer Anklagepunkt, den man ihr vorwirft, ist eine unter Eid geleistete Falschaussage zum Fall.
Ihr Vater war ebenfalls eine mysteriöse Figur
Maxwell ist nicht nur wegen ihrer Verbindung zu Epstein prominent, sondern auch, weil sie die Tochter des britischen Medienzaren Robert Maxwell ist, dessen Leben und Tod ebenfalls mit Merkwürdigkeiten behaftet sind. Der tschechische Emigrant Ján Ludvík Hyman Binyamin Hoch, der eine französische Hugenottin heiratete und seinen Namen anglisierte, war auch Mitglied des britischen Unterhauses und möglicherweise ein Spion. 1991 wurde sein lebloser Körper in der Nähe seiner Yacht "Lady Ghislaine" im Wasser treibend aufgefunden. Seine damals auf dem Schiff anwesende Tochter, nach der die "Lady Ghislaine" benannt war, bekundete später, sie glaube nicht an einen Unfall oder an Selbstmord, sondern an ein Verbrechen.
Nach seinem Tod brach Robert Maxwells Medienimperium schnell zusammen, und es kam heraus, dass er seinen luxuriösen Lebensstil unter anderem mit mehreren hundert Millionen Pfund aus der Pensionskasse seiner Unternehmen finanziert hatte. Ghislain zog in dieser Zeit in die USA und wurde die nach dessen eigenen Angaben "beste Freundin" von Jeffrey Epstein. Die Kreise, in denen die beiden verkehrten, waren voll von Prominenten.
Bei einem davon, dem englischen Prinzen Andrew, würde es Staatsanwältin Strauss ihren eigenen Angaben von gestern nach "sehr gerne sehen, wenn er zu uns käme und mit uns sprechen würde". Dass sich der Sohn der englischen Königin dazu bislang nicht bereit erklärte, könnte damit zusammenhängen, dass ihm das ehemalige Epstein-Mädchen Virginia G. vorwirft, 2001 mit ihr Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Zu einer Zeit, als sie 17 Jahre alt war. Der Herzogs von York wies diese Behauptung jedoch öffentlich von sich.
Prominente, Geld, und ein Geheimdienst
Der 60-jährige ist nicht der einzige Prominente, über dessen Beteiligung an Epsteins Treiben spekuliert wird. Andere Namen, die in diesem Zusammenhang fielen, sind etwa der des saudischen Kronprinz Mohammed bin Salman und der des ehemaligen amerikanischen Präsidenten Bill Clinton. Letzterer befand sich auf mindestens 26 Flügen zu Zielen außerhalb der USA an Bord von Epsteins Privatboeing 727, bestritt aber 2019 - ebenso wie 1998 - sexuelle Verfehlungen.
Wie Epstein an seine Privatboeing, an seine beiden Privatinseln Great Saint James und Little Saint James, und an sein Vermögen im geschätzten Wert von etwa einer halben Milliarde Dollar kam, ist ebenfalls Gegenstand von Spekulationen. Von den reichen Leuten, für die er nach eigenen Angaben Geld anlegte, ist bislang nur der Milliardär Leslie Wexner namentlich bekannt.
Ebenfalls bekannt ist eine Gerichtsaussage von Virginia G., der zufolge sie Epstein nach den von ihm verlangten sexuellen Kontakten mit Dritten über "intime und potenziell verfängliche Informationen" ausfragte. Die ehemalige CNN-Reporterin und Buchautorin Vicky Ward hält es deshalb für möglich, dass ein Teil von Epsteins Vermögen aus der Verwertung (beziehungsweise Nichtverwertung) solcher Informationen stammt. Dabei könnten ihrer Ansicht nach auch Geheimdienste eine Rolle gespielt haben: Ein Mitarbeiter der Trump-Administration sagte ihr angeblich, Alexander Acosta habe sein Bereitschaft zu einem für Epstein sehr günstigen Handel mit der Staatsanwaltschaft 2008 damit gerechtfertigt, dass man ihm damals gesagt habe, der Angeklagte "gehört dem Geheimdienst" und er solle "die Finger von ihm lassen".