Bill Clinton und der begnadigte Großspender
FBI macht Bericht über Rohstofftycoon Marc Rich zugänglich
Zum Ende ihrer zweiten Amtszeit begnadigen US-Präsidenten traditionell Straftäter. Manchmal werfen solche Begnadigungen Fragen auf, die auch die Politik betreffen - zum Beispiel beim mutmaßlichen Steuerhinterzieher Marc Rich, der vom FBI gesucht wurde, sich in die Schweiz absetzte und am 20. Januar 2001 durch Hillary Clintons Ehemann Bill amnestiert wurde, nachdem seine Ex-Frau Denise vorher größere Summen an die Demokraten und die Clintons spendete.
Den 129-seitigen Abschlussbericht zu einer Untersuchung, die das FBI dazu bis 2005 durchführte, hat die US-Bundespolizei jetzt öffentlich (aber teilweise geschwärzt) zugänglich gemacht. Obwohl die Untersuchung ergebnislos verlief, konnte sie nicht alle Merkwürdigkeiten wirklich überzeugend erklären - offen bleibt beispielsweise, warum Clinton sich im Fall Rich nicht an den vorgeschriebenen Begnadigungsweg hielt und beim dafür zuständigen Staatsanwalts Roger Adams anfragte. Das dürfte der Grund dafür sein, warum sich Hillary Clintons Sprecher Brian Fallon und mehrere andere demokratische Politiker öffentlich darüber ärgern und dem FBI einen Eingriff in den Wahlkampf unterstellen.
Obama zurückhaltend
Neben der Veröffentlichung des Rich-Amnestieberichts kritisieren die Demokraten auch die am Freitag bekannt gewordene Mitteilung des FBI, dass auf einem Rechner des ehemaligen demokratischen Abgeordneten Anthony Weiner, den die US-Bundespolizisten wegen Sex-Chats mit einer Fünfzehnjährigen beschlagnahmten, Dokumente gefunden wurden, die dazu führen könnten, dass erneut in Sachen E-Mail-Affäre gegen die demokratische Kandidatin ermittelt wird (vgl. Funde auf Anthony Weiners Laptop bringen Clinton in Bedrängnis und Dezentrales Archiv Privatkopie).
Barack Obama hält sich hinsichtlich der in diesem Zusammenhang geäußerten Vorwürfe eines illegalen Wahlkampfeingriffs durch FBI-Chef James Comey zurück: Der noch amtierende Präsident ließ über seinen Sprecher Josh Earnest ausrichten, er halte Comey für integer und glaube nicht, dass es dem FBI-Chef mit seinen Veröffentlichungen um eine Einflussnahme auf die Wahl geht. Einige US-Medien erklären sich diese Äußerung damit, dass statt Comey ein Sonderermittler mit dem Fall beauftragt werden könnte, den die Demokraten mehr fürchten müssten als den derzeitigen FBI-Chef, welcher anderen Gerüchten zufolge im Sommer nur massivem Druck aus dem Justizministerium nachgab, als er Hillary Clintons Verstöße gegen Sicherheits- und Geheimhaltungsvorschriften ohne strafrechtliche Konsequenzen für beendet erklärte.
Finden sich unter den Dokumenten auf Weiners Rechner sicherheitskritische Unterlagen, die Clinton dem FBI bislang nicht zugänglich machte, dann drohen nicht nur ihrer Beraterin Huma Abedin, sondern auch ihr selbst Anklagen wegen Falschaussagen - zusätzlich zu eventuellen neuen Ermittlungen wegen weiterer Verstöße gegen Geheimhaltungsvorschriften. Auch die Frage, ob sie nur deshalb einen eigenen Mailserver nutzte, um im Bedarfsfall Dokumente verschwinden zu lassen, würde dadurch wieder aktueller.
In jedem Fall beschert die Medienaufmerksamkeit Clinton schlechtere Umfragewerte. Da die US-Präsidentschaftswahl aber nicht die landesweit meisten Stimmen entscheiden, sondern die über die gewonnenen Bundesstaaten gesammelten Wahlmänner, sind Berechnungen wie die von RealClearPolitics aussagekräftiger als reine landesweite Umfragen:
Den Erhebungen in den Bundesstaaten nach schätzt das Institut, dass Clinton aktuell auf 294 und Trump auf 244 Wahlmänner käme. Um die für eine Mehrheit nötigen 270 zu erreichen, müsste der Republikaner der Demokratin beispielsweise North Carolia (das 15 Wahlmänner vergibt und wo Clinton in den Umfragesammlungen aktuell mit 0,3 bis vier Punkten Vorsprung führt) und den 20 Delegierte starken Rust-Belt-Staat Pennsylvania (in dem die ehemalige Außenministerin mit bis zu sechs Punkten vorne liegt) abnehmen.
Sehr wahrscheinlich auch deshalb, um das zu verhindern, versuchen der demokratische Senatsfraktionschef Harry Reid und der demokratische Repräsentantenhausabgeordnete Adam Schiff die US-Medienaufmerksamkeit auf eine angebliche Untersuchung finanzieller Verbindungen von Trumps ehemaligem Wahlkampfmanager Paul Manafort mit Russen zu lenken, über die bereits seit August spekuliert wird (vgl. USA: Negativwahlkampf mit Janukowitsch und Merkel).
Die Anschuldigungen sind allerdings bemerkenswert unscharf: Schiff meint, er dürfe als Geheimdienstausschussmitglied nichts Konkretes sagen, aber die Wähler hätten "jedes Recht", sich "Sorgen über die Nähe von Trumps Beratern zum Kreml, Trumps Politik gegenüber Russland und Trumps potenzielle finanzielle Interessen" zu machen. Das FBI will zu diesen Vorwürfen, die Manafort selbst als "unwahr" und als "Teil politischer Propaganda" bestreitet, bislang nicht Stellung nehmen.