Bodenständig, banal und wenig sexy?
Seite 2: Deutsche Schule Rom
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Andere Akzente setzt die Deutsche Schule Rom. Sie befindet sich etwas außerhalb des Stadtgebietes an der Via Aurelia Antica. Es ist ein teilweise dreigeschossiger kompakter Baukörper, der an einem Hang liegt, und einen Kindergarten, eine Grundschule, eine Realschule, ein Gymnasium und die Schulverwaltung aufnimmt. Um diese Vielzahl von Schularten unterzubringen, gliederten die Architekten Christoph und Brigitte Parade – aus einem engeren Wettbewerb hervorgegangen – die Anlage in terrassenförmig angelegte Gebäudeteile.
Obgleich die große geschlossene Baumasse ein typisches Beispiel für die Architektur der 70er-Jahre darstellt, unterliegt sie nicht jener sterilen und monotonen Atmosphäre, die viele andere der seinerzeit geplanten Bauten prägt. So sind etwa synthetische Baustoffe als gestaltende Elemente nur selten zu finden. Dafür prägen natürliche Materialien wie Stein, Klinker und Holz sowie zurückhaltende Farbkompositionen die Erscheinung
Wie die Bautypologie und Entwurfslogik der Nachkriegsmoderne mit heutigen Erfordernissen unter der Prämisse der Bestandswahrung in Einklang gebracht werden kann, das zeigte unlängst der Wettbewerb für die Deutsche Schule Bilbao: Die Architekten Graf Praschma und Erich Morgenroth hatten das große Hanggrundstück 1961 mit der für die Zeit typischen Pavillonarchitektur bebaut: hangaufwärts gestaffelt, harmonisch und sinnig zueinander angeordnet, und durch eine geschwungene Straße sowie große Freitreppen miteinander verbunden.
Weil das fast vollständig erhaltene Schulensemble in den vergangenen gut 50 Jahren nur punktuell instandgehalten wurde, und weil heute wesentlich mehr Kinder unterrichtet werden müssen, steht nun eine Komplettsanierung an. Das Büro Glück + Partner (Stuttgart) traf überzeugende Aussagen zum mittel- und langfristigen Umgang mit dem Gebäudebestand und den Außenanlagen, und platzierte behutsam einige Erweiterungspotentiale als verträgliche Baumassen in eine stark freiraumplanerische Struktur.
Die Architektur der 1950er bis 1970er-Jahre wird bei den deutschen Schulen weder gehypt noch stigmatisiert. Gleichsam im Windschatten der aufgeladenen Diskussion in Deutschland findet sich hier eine so sachliche wie perspektivische Handlungsweise. Deren Kennzeichen ist eine Entwurfshaltung ohne Bekenntniszwang, die traditionelle Bezüge ebenso prüft wie die Errungenschaften der inzwischen selbst historischen Moderne.
Neues Interesse für das Alltägliche
Es zeigt sich hier ein neues Interesse für das Alltägliche, die Anerkennung dessen, was uns ständig und überall umgibt. Es geht nicht um ein Zusammenspiel von Alt und Neu, sondern um Architektur als große Zeitmaschine, die auch die Zukunft und den Zufall als Einflussfaktoren akzeptiert.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Deutschland mit seinen Kultur- und Bildungseinrichtungen im Ausland einen unspektakulären, aber keineswegs ambitionsfreien Weg geht. Was auf den ersten Blick als administratives Weiter-So daherkommt, stellt sich als ein kulturelles Verfahren dar, das an den technischen Prozess des Bauens geknüpft ist.
Das mag vielleicht banal und wenig sexy erscheinen. Dahinter aber steht eine eminent zukunftsträchtige Forderung: Die Vorstellung vom Architekten als ein Schöpfer originärer Werke sollte ersetzt werden durch den Gestalter von räumlichen Transformationen.
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