Brexit: Warten auf den Fischkompromiss

Früher war auch die Adventszeit eine Fastenzeit, weshalb in manchen katholischen Gegenden an Heiligabend auch heute noch Fisch serviert wird. Foto: Kgbo. Lizenz: CC BY-SA 4.0

Im UK geht die Presse davon aus, dass Frankreich den Ärmelkanal nicht nur aus Furcht vor der britischen Corona-Mutation sperrte

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Obwohl das EU-Parlament verlautbarte, die Zeit für die Ratifizierung eines ab 1. Januar gültigen Handelsabkommens zwischen der EU und dem UK sei ihm nun zu knapp, gehen die Verhandlungen über einem solchen Vertrag weiter. Er kann nämlich auch ohne eine Ratifizierung vorläufig angewendet werden. Die britische Innenministerin Priti Patel konnte deshalb dem Angebot der stellvertretenden EU-Parlamentspräsidentin Katharina Barley, die Übergangsphase zu verlängern, auf Sky News eine Absage erteilen.

Britischer Vorschlag zu Fangquoten

Danach kolportierten "EU-Kreise" an deutsche Medien, für eine vorläufige Anwendung eines Handelsabkommens sei eine Einigung vor Weihnachten Voraussetzung. Einen Tag vor dem 24. Dezember ist so eine Einigung noch nicht zustande gekommen. Einen britischen Kompromissvorschlag zu den Fischereirechten, über den vorher in der Financial Times, dem Guardian und anderen Medien spekuliert wurde, soll EU-Chefunterhändler Michel Barnier als "inakzeptabel" abgelehnt haben.

Theresa Mays ehemaliger Berater Raoul Ruparel zufolge hatte London Brüssel in diesem Kompromissvorschlag angeboten, die aus den 1970er Jahren stammende Fangquote von Schiffen aus den EU-Mitgliedsländern in britischen und nordirischen Gewässern nicht um 60, sondern nur um 35 Prozent zu reduzieren. Zudem sollte dies nicht sofort geschehen, sondern über einen Zeitraum von fünf Jahren hinweg gestreckt.

Brüssel hätte dafür darauf verzichten müssen, auf die von britischen Fischern gefangenen Fische bei deren Einfuhr in EU-Mitgliedsländer Zölle zu erheben. Das wäre der EU erst dann erlaubt gewesen, wenn eine neue britische Regierung beispielsweise unter einem Premierminister Jacob Rees-Mogg nach fünf Jahren die Fangquoten weiter einschränkt. Hinsichtlich der Höhe der dann erlaubten Zölle hätte sich Brüssel aber einem unabhängigen Schiedsspruch unterwerfen müssen.

Macrons Kontinentalsperre

Britische Medien gehen davon aus, dass neben dem direkt beteiligten Franzosen Barnier indirekt auch der französische Staatspräsident Emmanuel Macron an den Brexit-Verhandlungen beteiligt ist. Er stoppte nach dem Bekanntwerden einer britischen Corona-Mutation nicht nur den Flugverkehr zwischen Frankreich und dem UK, sondern ließ auch den Eurotunnel sperren und den Fährverkehr zwischen Dover und Calais einstellen. Daraufhin stauten sich in Kent, der englischen Hallertau, so viele Lastwagen, dass man 2.180 auf dem ehemaligen Flughafen Manston und weitere 630 auf stillgelegten Spuren der Autobahn M20 unterbringen musste. In diesen Lastwagen verderben nun unter anderem frische Meeresfrüchte.

Den Mutmaßungen des Telegraph nach geschah das für den britischen Verkehrsminister Grant Shapps "überraschende" französische Vorgehen nicht nur aus Angst vor der möglicherweise ansteckenderen britischen Sars-CoV-2-Mutation, sondern "um den Briten den EU-Ausstieg möglichst schmerzhaft zu machen". Der SPD-Politiker Bernd Lange, der Vorsitzende des Handelsausschusses im EU-Parlament, schloss sich gestern in der deutschen Tageszeitung Die Welt dieser Interpretation an, während der französische Europa-Staatssekretär Clément Beaune darauf verwies, dass der britische Premierminister im Zusammenhang mit der Mutation selbst von einer "sehr schwierigen Situation" sprach, auf die man "angemessen" reagieren musste.

Nach der inzwischen durch die Möglichkeit von Tests der LKW-Fahrer etwas entschärften neuen Kontinentalsperre versuchte Johnson die Briten damit zu beruhigen, dass 80 Prozent der Importe an "Lebensmitteln, Medikamenten und Versorgungsgütern" nicht über den Eurotunnel und die Fähren zwischen Dover und Calais in das Vereinigte Königreich gelangen. Auch Supermarktketten wie Sainsbury's versicherten, man habe vorgesorgt und alle Zutaten für die traditionellen britischen Festtagsessen in ausreichender Menge vorrätig.

Dazu gehören neben gefüllten Truthähnen mit Bratensoße, Kartoffeln, Rosenkohl und schinkenumhüllten Würstchen auch der aus Eiern, Milch und Mehl zubereitete Yorkshire Pudding, der aus Dörrobst, Fett und Branntwein hergestellte Plumpudding, die obstgefüllten Mince Pies, sowie die aus Eier, Zucker, Alkohol und Milch gemischten Eggnogs. Knappheiten, so Sainsbury's, könne es lediglich bei nicht in diese Tradition fallenden Produkten wie Blumenkohl, Brokkoli, Salat und Zitrusfrüchten geben.

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