Brüsseler Bürokratie weiterhin zugeknöpft

Europäische Kommission lockert restriktive Informationspolitik nur geringfügig.

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Die Europäische Kommission hat am 26. Januar einen Vorschlag zur Regulierung des öffentlichen Zugangs zu Dokumenten angenommen. Der Entwurf eines "Parlaments- und Ratsvorschlags bezüglich des öffentlichen Zugangs zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rats und der Kommission" enthielt nur einige geringfügige Änderungen gegenüber der heftig kritisierten ursprünglichen Version.

Besonders betroffen ist Tony Bunyan von Statewatch, eine Organisation, die zahlreiche EU-Dokumente auf ihrem Server veröffentlicht. Tony Bunyan ist mit der leicht abgeschwächten Version nicht zufrieden, denn die Herausgabe von Dokumenten kann aus zu vielen Gründen verweigert werden.

Der ursprüngliche Entwurf sah vor, dass von den europäischen Institutionen herausgegebene Dokumente ohne Erlaubnis weder fotokopiert noch im Internet veröffentlicht werden dürfen. Diese Formulierung in Artikel 8 wurde nun zu Gunsten von Statewatch und anderen Bürgerrechtsgruppen eingeschränkt: Nun muss die Erlaubnis nur dann eingeholt werden, wenn die Papiere aus kommerziellen Gründen oder "anderen Arten der ökonomischen Ausbeutung" vervielfältigt werden sollen.

Damit ist Statewatch nicht mehr von der Zustimmung der jeweiligen Behörde abhängig, wenn sie erlangte Dokumente im Internet veröffentlichen wollen. In der Statewatch-Datenbank befinden sich zur Zeit über 25.000 Einträge, davon 4.000 offizielle Dokumente. Fraglich ist allerdings, ob Redaktionen unter die Regelung fallen. Denn sie verkaufen in der Regel aus ökonomischen Gründen ihre Informationen an ihre Leser.

Leicht verbessert wurde auch die Beschwerdemöglichkeit der Antragsteller. Bei einem abschlägigen Bescheid müssen sie darauf hingewiesen werden, dass sie vor Gericht Einspruch erheben oder eine Beschwerde beim Europäischen Ombudsmann einreichen können.

Eine weitere leichte Verbesserung gab es hinsichtlich der Mitteilungspflicht. Sah die ursprüngliche Version vor, dass ein Nichtreagieren der Behörde innerhalb der vorgeschriebenen Ein-Monats-Frist gleichbedeutend mit einer negativen Entscheidung sei, heißt es nun, dass sie äquivalent mit einer positiven Entscheidung ist. Damit können die Behörden die Herausgabe von Dokumenten nicht einfach aussitzen.

Der Anti-Statewatch-Artikel

Kein Entgegenkommen gab es jedoch im Fall von regelmäßigen Nachfragern. So heißt es in Artikel 5 immer noch, dass "in Fällen wiederholter Nachfragen und/oder Anfragen für umfangreiche Dokumente die angefragte Einrichtung versuchen wird, mit dem Antragsteller eine annehmbare und faire Lösung zu finden". Für Bunyan ist klar, dass mit dieser Floskel die Kommission regelmäßige Antragsteller wie ihn stoppen will.

Die lange Liste der Ablehnungsgründe

Abgelehnt werden können die Anträge aus zahlreichen Gründen, beispielsweise wenn eine Veröffentlichung eine Gefahr für den Schutz "öffentlicher Interessen" darstellen würde. Darunter fällt vor allem der Schutz der öffentlichen Sicherheit und von militärischen und internationalen Beziehungen zwischen verschiedenen Staaten.

Geschützt werden die Dokumente ebenfalls aus "finanziellen und ökonomischen Interessen", aus Gründen der Geldwertstabilität sowie der Stabilität der gemeinschaftlichen Rechtsordnung. Keine Dokumente gibt es, wenn sie laufende Gerichtsverfahren, Inspektionen und Untersuchungen betreffen oder das effektive Funktionieren der Institutionen gefährden.

Ebenso kann ein Antrag abgelehnt werden, wenn es sich um persönliche Daten handelt: Darunter fallen Informationen, Meinungen und Einschätzungen bezüglich von Berufungen und Ernennungen bestimmter Personen, individuelle persönliche Details oder Dokumente mit medizinischen Geheimnissen.

Auch wenn die ökonomische Interessen einzelner Personen oder Einrichtungen gefährdet sind, heißt es: Schubladen zu. Dazu gehören Geschäftsgeheimnisse, Urheberrechte sowie Informationen aus dem Industrie-, Finanz- und Bankenbereich. Auch dürfen keine Dokumente ausgegeben werden, wenn eine dritte Partei, die das Dokument zur Verfügung gestellt hat, um Vertraulichkeit gebeten hat, beziehungsweise wenn die Gesetzgebung eines Mitgliedsstaates Vertraulichkeit erfordert.

Bindend für alle

Ebenfalls neu ist, dass diese Regulierung in ihrer Gesamtheit für alle Mitgliedsstaaten bindend und direkt anzuwenden ist. Nun muss sie noch vom Rat, der Kommission und dem Europäischen Parlament in einem gemeinsamen Entscheidungsverfahren angenommen werden. Der Termin, so Bunyan, steht erst im Juni 2001 an. Bis dahin müssen sich also noch verschiedene Ausschüsse des Europäischen Parlaments mit dem Antrag beschäftigen.