Bundeskabinett: Alles überwachen
Neues "Sicherheitspaket" mit Lesesysteme für KFZ-Kennzeichen, Videoüberwachung, Gesichteserkennungssysteme und Bodycams
Der Staat rüstet auf: Das Bundeskabinett billigte Gesetzesentwürfe, die Teil eines umfassenden "Sicherheitspakets" sind, das auf Bundesinnenminister Lothar de Maizière zurückgeht. Demnach setzt die Bundesregierung auf eine verstärkte Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen, Kennzeichenerfassungssysteme und Bodycams für Bundespolizisten. Begründet wird das Sicherheitspaket auch durch den "Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz" und mit Verweis auf Terroristen und Kriminelle, die "für Anschläge hochfrequentierte öffentlich zugängliche Anlagen auswählen, um größtmöglichen Schaden anzurichten".
Nach einer Regierungsmitteilung soll die Videoüberwachung insbesondere an Orten wie Sportstätten und Einkaufszentren erfolgen. Darüber hinaus sollen verstärkt Kameras mit Gesichtserkennungssystemen aufgerüstet werden. Doch die Bundesregierung möchte nicht nur Personen mit Hilfe moderner Technik im öffentlichen Raum identifizieren. Auch Kennzeichenerfassungssysteme sind Bestandteil des "Sicherheitspakets".
Da diesen umfassenden Eingriffen der Datenschutz im Weg steht, soll das Datenschutzgesetz so geändert werden, dass "Sicherheitsbelange bei der Entscheidung über die Überwachung stärker als bisher berücksichtigt werden", heißt es auf tagesschau.de. Betreiber öffentlicher Anlagen, Einrichtungen und Fahrzeuge sollen nicht verpflichtet werden, Videoüberwachung einzusetzen, das geplante Gesetz soll ihnen aber "die Entscheidung erleichtern".
Kritik an dem Maßnahmenkatalog kommt von der Linkspartei. Der Innenpolitiker Frank Tempel sagte gegenüber rbb im Zusammenhang mit einer Ausweitung der Videoüberwachung: "Ich denke, dass auch potenzielle Täter sich auf so etwas einstellen können. Tempel sprach von "Placebos für das subjektive Sicherheitsgefühl".
Klaus Bouillon (CDU), Vorsitzender der Innenministerkonferenz, sieht das hingegen anders. Er hatte Gesetzesänderungen gefordert, um für mehr "Sicherheit" im Land zu sorgen. Gegenüber der Rheinischen Post sagte Bouillon: "Es gibt bundesweit zahlreiche Flüchtlinge, von denen wir nicht wissen, wo sie herkommen und wie sie heißen - da ist ein Unsicherheitspotenzial drin". Bouillon war am Dienstag nach dem Anschlag in Berlin aufgefallen, als er von einem "Kriegszustand" sprach.
Bereits im Sommer dieses Jahres haben die Innenminister einen Maßnahmenkatalog zur inneren "Sicherheit" ausgearbeitet (Telepolis berichtete). Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) sagte damals zu dem Maßnahmenkatalog: "Wir müssen jetzt handeln. Die innere Sicherheit ist das zurzeit drängendste Thema."