Bundesregierung bestätigt Existenz von Echelon
FDP: Bundesregierung "lässt sich Informationen einzeln aus der Nase ziehen".
Die Bundesregierung hat erstmals in einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf die kleine Anfrage des FDP-Bundestagsabgeordneten Hans-Joachim Otto zugegeben, dass sie davon ausgeht, dass "es insbesondere zu Zeiten der Ost-West-Konfrontation eine Zusammenarbeit mehrerer englischsprachiger Länder bei der elektronischen Fernmeldeaufklärung unter der Bezeichnung Echelon gegeben hat."
Geradezu ernüchternd ist jedoch die Kenntnislage der Bundesregierung, die nicht nur seitens der Medien, sondern auch des Bundesnachrichtendienstes und Bundesverfassungsschutzes regelmäßig über Geheimdienstaktivitäten informiert wird. So habe sie "über den gegenwärtigen Stand dieser Zusammenarbeit [...] keine genauen Erkenntnisse". Seit der Veröffentlichung des ersten STOA-Berichts seien "sachverständige Stellen" innerhalb der Bundesregierung damit beschäftigt, die einzelnen Aussagen des Berichts zu überprüfen.
Die Ergebnisse sehen aber offensichtlich mager aus. So ist es der Regierung nicht möglich zu sagen, auf welchen Quellen die Studie basiert. Auch kann sie nicht beurteilen, ob die Aussagen dem tatsächlichen Stand der Überwachungstechnik entsprechen. Die Bundesregierung weiß auch nichts darüber, ob die Privatsphäre von Bürgern oder die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft gefährdet ist. Im Klartext: Die befreundeten Staaten können nicht der Wirtschaftsspionage beschuldigt werden.
Unklar bleibt, warum ihrer Ansicht nach, "Skepsis gegenüber dem durch die STOA-Studie vermittelten Eindruck einer in alle privaten, staatlichen und wirtschaftlichen Bereiche eingreifenden umfassenden Überwachung angebracht" ist. Denn die technischen Möglichkeiten und Kapazitäten in den diversen Studien und Berichten seien, "in großen Teilen weit überzogen dargestellt". Über welche eigenen Informationen verfügt sie, dass sie zu einem solchen Schluss kommen kann? Hier schweigt sie sich aus.
Hans-Joachim Otto kritisiert das beredte Schweigen der Bundesregierung. Sie müsse die Öffentlichkeit auch vorläufig über neue Erkenntnisse unterrichten und "sich nicht jede Information einzeln aus der Nase ziehen lassen."
Persilschein für Bad Aibling
Geradezu einen Persilschein stellt die Bundesregierung der US-amerikanischen Abhörstation im oberbayerischen Bad Aibling aus, der jedoch nur juristischen Wert haben dürfte: Die Station erfasse militärische Hochfrequenz- und Satellitenverkehre, die für die NATO relevant seien. Die Arbeit erfolge auf der Grundlage des NATO-Truppenstatuts. Darin sei "ein missbräuchliches Vorgehen" gegen Deutschland ausgeschlossen, ein solcher Einsatz wäre "unzulässig".
Die Bundesregierung habe keinen Anlass, an den Versicherungen der USA zu zweifeln, "dass von Bad Aibling keine gegen die Interessen der Bundesrepublik Deutschland gerichteten Aktivitäten ausgehen." "Grundsätzlich" sei die Aufklärung "nicht auf private Telekommunikationsverkehre ausgerichtet." Die in Bad Aibling gewonnen Erkenntnisse "werden im übrigen auch dem Bundesnachrichtendienst zur Verfügung gestellt." Unklar bleibt jedoch, in welchem Maße.
Letztlich flüchtet sich die Bundesregierung in Allgemeinplätze: Dass Kommunikationssysteme und deren Übertragungswege abgehört werden können, sei allgemein bekannt. Die Bundesregierung schütze deshalb die eigenen Systeme. Im privaten Bereich seien die TK-Betreiber gesetzlich verpflichtet, angemessene Vorkehrungen zum Schutz des Fernmeldegeheimnisses und personenbezogener Daten zu treffen. Die Bundesregierung verweist dabei auch auf die Maßnahmeempfehlungen des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).