Bundeswehr-Hilfe für privates Hospital im Hotspot Portugal
Im Land mit der höchsten Inzidenz weltweit breitet sich die britische Virusvariante aus und überlastet das Gesundheitssystem
Deutschland hatte Portugal Unterstützung zugesagt und am Mittwoch ist ein Bundeswehr-Airbus A400M in Richtung Lissabon gestartet. "26 Sanitätssoldatinnen und -soldaten, bestehend aus Ärzten und Pflegekräften, sind seit heute im von der Corona-Pandemie besonders betroffenen Land im Einsatz", teilte die Bundeswehr mit.
An Bord habe sich auch dringend benötigtes Material wie Beatmungsgeräte, Infusionspumpen und Verbrauchsmaterial befunden, das in Portugal knapp geworden ist. Unterstützt werden soll nach Angaben des portugiesischen Gesundheitsministerium das Hospital da Luz in Lissabon. Ein Hygieneteam, das sich ebenfalls an Bord befand, soll gegebenenfalls auch weitere Krankenhäuser unterstützen, so die Bundeswehr.
Da das Hospital da Luz von einem privaten Gesundheitsversorger Luz Saúde betrieben wird und ohnehin als eines der modernsten und größten in Portugal gilt, wurde die im Land laufende Debatte befeuert, ob private Krankenhäuser angesichts des Notstands genügend in die Pflicht genommen werden.
Der Linksblock (BE) hat daher eine Anfrage an die sozialistische Regierung gestellt. Das linksradikale Bündnis sieht "dringenden Klärungsbedarf" darin, warum ausgerechnet ein privates Krankenhaus unterstützt werde. Für den BE ist klar, dass "eine solche Unterstützung dazu dienen müsse, die Reaktionsfähigkeit des staatlichen Gesundheitssystems und darüber den auf ihm lastenden Druck zu mindern".
Wie der portugiesische Botschafter in Deutschland, der dem Abflug der Transportmaschine gestern im niedersächsischen Wunstorf beiwohnte, zeigte man sich auch in Lissabon sehr dankbar für die Unterstützung in dieser sehr dramatischen und schwierigen Lage. Während der Botschafter Ribeiro de Menezes auf dem Flughafen in Niedersachsen den Geist der europäischen Solidarität beschwor, bedankte sich Gesundheitsministerin Marta Temido bei der Ankunft für "diese Hilfe mit hochqualifiziertem Personal".
Klar ist, dass die Coronavirus-Lage in Portugal dramatisch ist. Zum Monatswechsel musste das Land die Notbremse ziehen. Nach dem verordneten Lockdown Mitte Januar wurden auch die Landesgrenzen zu Spanien für mindestens zwei Wochen geschlossen.
Nur noch wenige Übergänge sind für den Warenverkehr und dringende Angelegenheiten geöffnet, einige weitere für Grenzgänger jeweils zwei Stunden am Morgen und Abend. Der internationale Flugverkehr ist praktisch eingestellt.
Die Lage hatte sich vergangene Woche drastisch verschärft. Das Land mit zehn Millionen Einwohnern muss seither täglich etwa 300 Tote verkraften. Umgerechnet wären das in Deutschland etwa 2.500. Im Januar stellte Portugal einen traurigen Rekord auf. 5.576 Covid-Tote wurden verzeichnet. Das ist fast die Hälfte aller Todesfälle, die bisher in Portugal während der Pandemie zu verzeichnen sind.
Den Großraum Lissabon trifft es besonders hart. Hier wird die Hälfte aller Infektionen verzeichnet. Ist die aggressivere britische Variante im ganzen Land nur für gut 20 Prozent aller Neuinfektionen verantwortlich, sind es der Hauptstadt schon mehr als 50 Prozent. Lissabon kann weiter weltweit als führender Hotspot gesehen werden. Am späten Mittwoch wies ganz Portugal mit 741 weiter die höchste Sieben-Tage-Inzidenz weltweit pro 100 000 Einwohner aus.
Die Inzidenz lag aber in Lissabon fast drei Mal so hoch. Zum Vergleich. In Deutschland verzeichnete man derweil 67 und in Berlin 72.
Da das portugiesische Gesundheitssystem längst überlastet ist - alle gut 850 Betten der Intensivstationen auf dem Festland sind längst belegt - war eine Unterstützung von außen dringend nötig. Schwer erkrankte Patienten werden sogar schon auf portugiesische Inseln und nach Österreich ausgeflogen.
Positiv ist, dass die Zahl der Neuinfektionen im Vergleich zur Vorwoche über den verschärften Lockdown nun um 40 Prozent gesenkt werden konnte, obwohl am 24. Januar sogar Präsidentschaftswahlen stattfanden.
Am gestrigen Mittwoch wurden 9.083 neue Infektionen entdeckt. Diese Zahl ist weit vom Rekord entfernt, der am 28. Januar mit 16.432 aufgestellt worden war. Experten gehen nun davon aus, dass der Höhepunkt nun in Portugal überschritten ist, wie eine Studie der Universität Nova zeigt. Sie verweisen aber darauf, dass der Druck auf dem Gesundheitssystem länger anhalten wird und die Zahl der Toten derweil weiter steigen könne.