Bundeswehr und digitale Funkgeräte: Regelrecht verbockt
Seite 3: Nato-Ziele versenkt
Da die Funkgeräte in über 100 unterschiedliche Fahrzeugtypen eingebaut werden müssen und sich dabei wohl allerlei neue bislang ungeahnte Probleme auftun, gehen Beobachterinnen und Beobachter von einer erheblichen Verspätung aus.
Dadurch wackeln auch die gegenüber der Nato gegebenen Zusagen nun erheblich:
Dabei drängt die Zeit. Die Bundesregierung steht bei der Nato im Wort, ab 2025 eine voll ausgerüstete Division mit drei Brigaden und 15.000 Soldaten bereitzustellen. Die vorbereitenden Übungen und Zertifizierungen stehen bereits 2024 an.
Dafür müssten rund 10.000 Fahrzeuge mit einer digitalen Anfangsbefähigung ("D-LBO basic") zur Verfügung stehen. Ohne diese Ausstattung wäre die Division mit veralteter Kommunikationstechnik nicht führungsfähig, die Zusage an die Nato obsolet - eine Blamage für den Kanzler und seinen Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD).
Die Welt
Was die ganze Funkgeräte-Affäre vor allem vor Augen führt, ist die Vielebenen-Dysfunktionalität des Bundeswehr-Beschaffungssystems. Folgerichtig bahnt sich bereits der nächste Skandal an: Gestern meldete der Business Insider, bis Ende des Jahres solle mit Airbus ein Vertrag zur Lieferung von bis zu 82 H145M-Helikoptern abgeschlossen werden.
Sie sollen die Tiger-Kampfhubschrauberflotte der Bundeswehr ersetzen und das, obwohl hiergegen massive Bedenken geäußert wurden:
(Es) gibt (…) innerhalb des Ministeriums sowie der Bundeswehr gravierende technische, finanzielle, operative sowie juristische Bedenken gegen das Beschaffungsvorhaben. Die zuständige Wehrtechnische Dienststelle der Bundeswehr etwa schrieb von einer "rein politischen Entscheidung, die am operationellen Bedarf vorbeigeht"; die Unterabteilung Strategische Fähigkeitsentwicklung im BMVg warnte vor "Einschränkungen bei Gefechtstauglichkeit, Durchsetzungs- und Durchhaltefähigkeit sowie dem Schutz der Besatzung".
Business Insider
Erneut ohne Ausschreibung sollen die wohl acht Milliarden Euro an Airbus gehen, was auch damit zusammenhängen dürfte, dass Airbus laut Business Insider zusammen mit dem Bundeswehr-Beschaffungsamt die Anforderungen für das Projekt ausgearbeitet haben soll, um etwaige Konkurrenten von vorneherein hinauszudrängen.
Parallel zu diesen (und vielen weiteren) Beschaffungskatastrophen werden die Forderungen immer lauter, nach dem Ende des Sondervermögens eine massive Erhöhung der Rüstungsausgaben durch drastische Sozialkürzungen zu bewerkstelligen (siehe Haushalt 2024: Zeitenwende heißt Sozialabbau).
Das Mindeste, was man von diesen Rüstungspropagandisten erwarten könnte, wäre, dass sie sich zuerst den Problemen im Beschaffungsapparat widmen, bevor sie fordern, weiter Milliarde um Milliarde im maroden Beschaffungssystem der Bundeswehr zu versenken.