Bundeswehr will unbemannte Hubschrauber beschaffen
Das Heer und die Marine interessieren sich für neue Hubschrauberdrohnen. Die Geräte wären bis zu 150 Kilogramm schwer und sollen Landeplätze für Kampf- und Transporthubschrauber erkunden oder Sensoren zur Erkennung von Sprengfallen befördern
Die Bundeswehr könnte bald in ein neues Drohnenprojekt für die Landstreitkräfte investieren. Von Interesse sind dabei unbemannte Hubschrauber zur Erkundung von Landeplätzen für Kampf- und Transporthubschrauber. Eine entsprechende Machbarkeitsstudie hat das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr bei der Firma Elektroniksystem- und Logistik-GmbH (ESG) beauftragt.
Zunächst hatte der in München ansässige Rüstungszulieferer die notwendigen Sensoren und Algorithmen für das Projekt entwickelt. Mit Unterstützung der Wehrtechnischen Dienststelle 61, die bei der Bundeswehr unter anderem für die Beschaffung von Drohnen zuständig ist, fanden Anfang Oktober Flugtests in der Kontrollzone Ingolstadt/Manching statt. Die Techniker nutzten dafür eine Drohne der ESG, die dort als "unbemannter Missionsausrüstungsträger" firmiert. Der nur für Tests genutzte Prototyp basiert auf der bis zu 150 kg schweren Hubschrauberdrohne "R-350" der schwedisch-schweizerischen Firma UMS Skeldar. Eine ähnliche Drohne verkauft der österreichische Konkurrent Schiebel unter der Bezeichnung "Camcopter".
Flug außerhalb der Sichtweite
Während der Erprobung wurden der ESG zufolge "für die unbemannte Fliegerei wichtige Aspekte betrachtet". An Bord befand sich demnach nicht näher bezeichnetes "luftfahrtechnisch noch nicht-zugelassenes Equipment". Gemeint ist vermutlich Ausrüstung zur Navigation und teilautonomen Steuerung. UMS Skeldar wirbt damit, dass ihre Drohnen mit elektro-optischen Sensoren und einem lasergestützten Radar ausgerüstet werden kann. Möglich wäre auch die Beförderung sogenannter "Sniffer" zum Aufspüren chemischer Stoffe, um dadurch Kampfmittel und Sprengfallen zu erkennen.
Mit einem Abfluggewicht von unter 150 Kilogramm bleibt die "R-350" unter der Gewichtsklasse, bei der die Luftfahrtbehörde der Europäischen Union für die Regulierung zuständig wäre. Es gelten also die nationalen Regelungen. Unmittelbar vor Beginn der Flugversuche hatte das deutsche Verkehrsministerium die neue Luftverkehrs-Ordnung in Kraft gesetzt. Erstmals werden dort auch Flüge außerhalb der Sichtweite der Steuerer erlaubt.
Das Verfahren wird als "beyond visual line of sight" (BVLOS) bezeichnet. Auch der UMAT flog größtenteils außer Sichtweite. Sollte sich die Bundeswehr für die Beschaffung der Hubschrauberdrohnen entscheiden, würde auch im Einsatz die Suche nach Start- und Landeplätzen per BVLOS absolviert. Die Drohnen sollen dabei "entscheidende (Zeit-)Vorteile bringen". Außerdem würden sie aufgrund ihrer kleineren Größe und geringeren Geräuschemission länger unbemerkt in feindlichem Gebiet operieren können.
Hubschrauberdrohnen als "luftbeweglicher Spähtrupp"
Entsprechende Fähigkeiten werden in einem Thesenpapier zur Zukunft der Landstreitkräfte beschrieben. Die Hubschrauberdrohnen werden dort als "luftbeweglicher Spähtrupp" beschrieben, der von einem "mission commander" direkt aus einem "Führungshubschrauber" navigiert wird. In einem anderen Einsatzszenario setzen Luftlandekräfte mit "unbemannten Unterstützungsplattformen" an den feindlichen Linien ab. Eine Aufklärungsdrohne würde das Gebiet erkunden und die Daten an einen ebenfalls unbemannten "Waffenträger" weitergeben, der dem Aufklärer autonom folgen kann.
Die Entscheidung zum Waffeneinsatz soll jedoch bei einem Waffensystemoffizier verbleiben. Bereits in 2011 hatte das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag in einer "Bestandsaufnahme und Folgenabschätzung" eine Beschaffung von Hubschrauberdrohnen für das Heer in Aussicht gestellt. Die Drohnen sollten einem Konvoi voraus fliegen und "Sniffer" zur Erkennung chemischer Stoffe mitführen. Ihre Kontrolle würde über eine im Konvoi mitfahrende Bodenkontrollstation erfolgen. Von einem Flug außerhalb der Sichtweite war damals noch nicht die Rede.
Auch die Marine will seit mehreren Jahren Hubschrauberdrohnen für die Ausrüstung ihrer neuen Korvetten einkaufen. Ursprünglich sollten "Camcopter" von Schiebel gekauft werden, das Verteidigungsministerium brach das Vorhaben aber wegen finanzieller Risiken beim Zulassungsprozess wieder ab. Zuständig hierfür ist die neue militärische Luftfahrtbehörde, die der damalige Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) nach dem Debakel um die Drohne "Euro Hawk" eingerichtet hatte. Im Juli wurde die Beschaffung der Marine-Drohnen erneut ausgeschrieben.