Bush goes Pop und Punk goes Bush

Wächst zusammen, was zusammen gehört?

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Setzen sich George W. Bushs Anhänger aus reichen Südstaatlern, senilen Rentnern und religiösen Rechten zusammen? Nicht nur, denn Bush-Fans kommen durchaus auch aus anderen Milieus: Pro-Bush-Punkrocker und modebewusste Nachwuchs-Republikaner zeigen Flagge - und Sinn für Humor.

Tobias Hansen ist Werbedesigner. Dass er außerdem Däne ist, spielt im Leben des jungen Mannes eher eine untergeordnete Rolle: Er ist viel unterwegs, arbeitet häufig im Ausland, auch in den USA. Seit der weltweiten Protestwelle gegen die Veröffentlichung dänischer Mohammed-Cartoons im Februar dieses Jahres ist sich Hansen seiner Herkunft wieder bewusst. „Welcome to the party“, begrüßen ihn freudige Grenzbeamte bei der Passkontrolle am New Yorker Flughafen. Die Kontrolleure sind froh, einen Dänen empfangen zu dürfen, und zeigen sich solidarisch. „I buy danish“, versichert einer der Kollegen mit Dänemark-Anstecker eifrig. Daneben prangt ein kleines Konterfei des grinsenden US-Präsidenten George W. Bush.

Durch das Kaufen dänischer Produkte die freie Welt verteidigen? Solidarität mit Dänemark als Beitrag im Kampf gegen den Terror? Nicht nur, aber vor allem in den USA zeigen westliche Glaubenskrieger im halluzinierten Kulturkampf Initiative. Auch wenn solche Aktionen nicht unbedingt dem Weltfrieden dienen, machen doch die zur Schau gestellten dänischen Nationalsymbole deutlich, was selbst Neokonservativen nicht verloren gegangen ist: trockener Humor.

Nach sechs Jahren Bush fängt man in den USA mit originellen Ideen erst richtig an. Seit der US-Präsident seinen so genannten Krieg gegen den Terror führt, ist seine Politik zunehmend Gegenstand wohlwollender, formvollendeter Arbeiten im Grenzbereich zwischen Kunst und Kommerz. Bush goes Pop. Angefangen beim Abbild des Urvaters des modernen Rechtskonservatismus, dem früheren US-Präsidenten Ronald Reagan, bis hin zum durchgestrichenen Che-Konterfei hat die neue Garderobe für patriotische US-Amerikaner einiges zu bieten.

ThoseShirts.com wirbt mit „konservativem Humor“ und „guter Qualität“. „Commies aren’t cool!“ lautet einer der Sprüche auf den angebotenen Oberteilen. Andere greifen sehr viel direkter ein, und fordern „Re-Defeat Communism“ - neben einem Bild der nun wirklich alles andere als linken Demokratin Hillary Clinton. Weniger witzig wird es, wenn der aufgedruckte Spruch das schlichte Gemüt des Trägers verrät. „Ich habe gerade die Katze kastriert - jetzt ist es ein Liberaler“, heißt es auf einem der Stücke. Blanken Hass zeigen die auf neokonservativen Kleidercode spezialisierten Anbieter, wenn sie in Opposition zum Slogan „Free Mumia“, schlicht „Fry Mumia“ - sprich: das Braten des inhaftierten afroamerikanischen Journalisten fordern.

Als wären modebewusste Nachwuchs-Republikaner mit Viva-La-Reagan-Revolucion-T-Shirts nicht schon genug, hat nun auch der Punkrock seine Liebe zu den Neokonservativen neu entdeckt. Randale, Revolte und Anarchie? Nicht wenn es nach Punkrockmythos Michale Graves geht. Graves ist der ehemalige Sänger der populären Band Misfits und unterstützt das Projekt Conservative Punk. Die Initiative ist das Sammelbecken für eine neue Fraktion der US-amerikanischen Jugend: Punk, aber patriotisch, besoffen, aber für Bush. Punk goes Bush.

Allzu oft dürfte Johnny Ramone, Gitarrist der legendären Punkrocker The Ramones, nicht mehr betrunken sein, denn er starb vor knapp zwei Jahren. Aber glühender Anhänger der Republikaner war auch er. Als die Ramones 2002 ihren Platz in der Rock and Roll Hall of Fame bekamen, nahm Johnny Ramone das Mikro und erklärte ganz sachlich: „God bless President Bush.“ Nick Rizzuto, der Gründer der Plattform „Conservative Punk“, findet übrigens, dass Punk und Konservatismus sehr gut zusammen passen. Beide würden sehr viel Wert auf „individuelle Verantwortung“ legen, erklärte der erst 23-jährige Rizzuto plausibel.

Dass Bush die Sympathie lärmender Biedermeier mit ausgefallenen Outfits besser gebrauchen kann als die Würdigung heimischer Wissenschaftler scheint hingegen offenkundig. Denn, dürfte man sich im Weißen Haus fragen, kann ein Schwammkugelkäfer zur Popularität beitragen? Diese Insekten sind winzig, ernähren sich von Pilzen und leben unter feuchtem Holz. Einen solchen Käfer benannten Wissenschaftler der renommierten Cornell University vergangenes Jahr nach dem US-Präsidenten: Agathidium bushi geht zu Ehren des 43. Präsidenten der USA in die Geschichte der Insektenkunde ein.