Cannabis-Legalisierung als "Bürokratiemonster": Droht eine Überlastung der Gerichte?

Abstands- und Sichtschutzregeln für Gewächshäuser könnten Prozesshansel auf den Plan rufen. Foto: 7raysmarketing / Pixabay Licence

Viel Klein-Klein im Gesetzentwurf: Nachbarschafts-Streits scheinen vorprogrammiert. Deutscher Richterbund fürchtet Mehrarbeit.

Der Gesetzentwurf zur bedingten Freigabe von Cannabis-Produkten missfällt unter anderem dem Deutschen Richterbund. Hintergrund ist nicht der Verfolgungseifer gegen Konsumenten, sondern die Befürchtung, sich öfter mit Nachbarschaftsstreitigkeiten und bürokratischem Klein-Klein befassen zu müssen.

"Der sehr kleinteilige Entwurf sieht zahlreiche neue Bußgeldvorschriften vor, führt zu einem hohen behördlichen Kontrollaufwand und zu zahlreichen neuen Streitfragen, die am Ende vor den Gerichten landen", kritisierte der Geschäftsführer des Richterbunds, Sven Rebehn, am Mittwoch.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht in dem Entwurf, den das Kabinett am Mittwoch auf den Weg gebracht hat, ein "Gesetz mit Augenmaß". Erwachsenen soll damit der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis und der Anbau von bis zu drei Pflanzen erlaubt werden.

Entsprechende Gewächshäuser müssen allerdings einen Sichtschutz haben und einbruchssicher sein. In speziellen Vereinen dürfen sich Menschen zusammenschließen, um unter kontrollierten Bedingungen Cannabis anzubauen. Bis zu 50 Gramm pro Monat dürfen dann an Mitglieder abgegeben werden.

Lauterbachs Ressort hofft, dass das Gesetz Ende des Jahres in Kraft treten kann – Zoll, Kriminalbeamte und Richter laufen dagegen Sturm. Von einem "Bürokratiemonster mit vielen ungeklärten Fragen" spricht die Deutsche Zollgewerkschaft.

FDP-Fraktion lehnt Besitzobergrenze ab

Dieses Stichwort nennt auch die FDP-Fraktion im Bundestag, der die von ihr grundsätzlich mitgetragene Legalisierung zu halbherzig ist: "Durch viele kleinteilige Regularien entsteht ein unkontrollierbares Bürokratiemonster, das die Strafverfolgungsbehörden zusätzlich belastet", erklärte deren gesundheitspolitische Sprecherin Kristine Lütke am Mittwoch.

"Eine Besitzobergrenze lehnen wir als FDP-Fraktion entschieden ab. Auch ein striktes Konsumverbot in unmittelbarer Nähe zu Anbauvereinigungen ist schwer kontrollierbar und der Nutzen für den Jugendschutz zumindest fragwürdig."

Dirk Peglow vom Bund Deutscher Kriminalbeamter, der grundsätzlich für eine Entkriminalisierung ist, spricht von einem "Regelungsmonster", das den Schwarzmarkt nicht zurückdrängen werde. Er geht davon aus, dass weiter Cannabis in großen Mengen illegal verkauft werden wird, "und zwar zu besseren Preisen, möglicherweise in einer höheren Konzentrationsgehaltsstufe", sagte Peglow am Mittwoch dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB).

Beratungsstellen gehen unterdessen davon aus, in Zukunft mehr Menschen Rede und Antwort stehen zu müssen, was Risiken und Nebenwirkungen oder ein gesundes Maß an Cannabis-Konsum betrifft.