China macht das Netz dicht
Mit neuen Vorschriften will China die Kontrolle über Internet-Veröffentlichungen weiter verschärfen
China gilt nicht unbedingt als Hort der Meinungsfreiheit. Gerade das Internet stellt für die Regierung eine besondere Herausforderung dar in ihrem Bemühen, alle Medien fest im Griff zu halten. Das gesamte Netz ist strengen Kontrollen unterworfen: Eine staatliche Polizeitruppe überwacht den E-Mail-Verkehr, viele ausländische Nachrichtenseiten sind gesperrt, Internet-Cafes müssen besuchte Seiten mitprotokollieren und die Unterlagen den staatlichen Behörden bei Bedarf zur Verfügung stellen.
Das alles reicht offenbar immer noch nicht aus: Jetzt ziehen das Ministerium für die Informationsindustrie und die Staatliche Presse- und Publikationsverwaltung die Zügel noch straffer.
Mit den neuen Vorschriften (Provisional Regulations on Management and Control of the Internet Publications), die ab dem 1. August in Kraft treten, soll die gesunde und geordnete Entwicklung des Publikationsgeschäfts im Netz weiter gefördert werden. Betreiber von Web-Seiten etwa müssen dann den Inhalt ihrer Veröffentlichungen genau dokumentieren und Kopien davon 60 Tage aufbewahren, um sie den Kontrolleuren der staatlichen Behörden auf Nachfrage vorlegen zu können. Verboten sind alle Inhalte, die die staatliche Sicherheit und den sozialen Frieden gefährden könnten.
Dazu gehören nach Meldung von People's Daily Online vor allem Inhalte, die "Aberglauben" und "religiöses Sektiertum" propagieren, was wohl besonders auf die verbotene Glaubensgemeinschaft Falun Gong gemünzt ist. Von den Vorschriften betroffen sind jedoch offensichtlich auch Herausgeber von Büchern, Zeitungen, Zeitschriften, audiovisuellen Produkten und wissenschaftlichen Publikationen. Verstöße gegen die Richtlinien, die als vorübergehend deklariert sind, sollen sanktioniert werden, welche Strafen vorgesehen sind, wurde nicht genannt.
Bereits seit März gibt es außerdem die Einladung an chinesische Internet-Portale, sich der "Öffentlichen Erklärung für Selbstdisziplin der chinesischen Internet-Branche" anzuschließen, einem Bündnis gegen "subversive Inhalte". Wer sich dieser freiwilligen Selbstzensur unterwirft, muss neben den üblichen Forderungen wie Förderung der Internet-Nutzung, Vorgehen gegen Copyright-Verstöße etc. auch spezifisch chinesische Anliegen erfüllen: Der Unterzeichner verpflichtet sich keine Informationen zu produzieren oder zu verbreiten, die die Staatssicherheit oder soziale Stabilität gefährden könnten. Wie das Wall Street Journal vor kurzem meldete, wurde die "Erklärung" bereits von 300 Anbietern unterschrieben, darunter auch die chinesische Dependance des US-Internetportals Yahoo.
Die Eile mit der das neue Maßnahmenpaket geschürt wurde kommt nicht von ungefähr. Sie steht offenbar in Zusammenhang mit den Ankündigungen der Hackergruppen Cult of the dead Cow (cDc) und Hacktivismo, in Kürze kostenlose Software im Netz loszulassen, die das anonyme Surfen durchs Internet und damit das elegante Umschiffen staatlicher Firewalls ermöglicht.