"China stellt die größte Bedrohung für Schweden dar"
Schwedens "Nein" zu Huawei war deutlich und der Druck aus China ist es auch
Den Beschluss, den chinesischen Technologiekonzern als möglichen Ausrüster für den kommenden Mobilfunkstandard für Schweden auszuschließen, traf Anfang dieser Woche offiziell Digitalminister Anders Ygeman im Verbund mit dem staatlichen Post- und Telekommunikationsunternehmen PTS. Der Sozialdemokrat verwies umständlich auf verschärfte Sicherheitsbedingungen für Kommunikationstechnologie.
Doch der Entscheidung lag eine Analyse des schwedischen Inlandsgeheimdienst "Säpo" zugrunde und dessen Chef Klas Friberg hielt sich nicht lange mit der traditionellen schwedischen Zurückhaltung auf. "China stellt die größte Bedrohung für Schweden dar. Der chinesische Staat betreibt Cyberspionage, um seine eigenes Wirtschaftswachstum zu fördern und seine militärische Kompetenz auszubauen", erklärte der Geheimdienstler vor den Medien. Der Bann gelte auch für den chinesischen Telekommunikationsausrüster ZTE .
Chinas Botschafter in Stockholm Gui Congyou bat darauf die schwedische Regierung, die Entscheidung wieder zurück zu nehmen, beide Unternehmen seien seit zwanzig Jahren in Schweden tätig und hätten sich an die Gesetze gehalten. Sowohl der Diplomat wie das chinesische Außenministerium kündigten Konsequenzen für schwedische Unternehmungen in China an, sollte Ygeman bei seinem Nein bleiben.
In der rotgrünen Minderheitsregierung ist man darum um Schadensbegrenzung bemüht. "Es ist nicht gegen China als Land gerichtet", beschwichtigte Premierminister Stefan Löfven und betonte, dass sich die Regierung an die Gesetzeslage und die Bewertung der Behörden zu halten habe.
Im vergangenen Jahr schloss US-Präsident Donald Trump Huawei als Ausrüster für 5G in den USA offiziell wegen Spionagegefahr aus und bat befreundete Staaten, es ihm gleich zu tun. Auch ein Gesetz, dass es US-Firmen verbietet, Komponenten an Huawei zu verkaufen, bedroht das Unternehmen.
Lange hat es danach ausgesehen, dass Schweden, das sich als neutraler Staat versteht, eine klare Entscheidung gegen Huawei vermeiden würde, wie es etwa Australien und Großbritannien praktiziert haben. Nun verbleibt die Ausschreibung, die ab dem 10. November für zehn Tage laufen soll, in Skandinavien - es besteht die Wahl zwischen dem finnischen Technologiekonzern Nokia und dem schwedischen Unternehmen Ericsson.
Durch die mangelnde Konkurrenz aus China kann es am Ende für die schwedischen Konsumenten jedoch teurer werden, glaubt der Sender SVT. Aber auch für Ericsson wird sich der Wettbewerbsvorteil wohl nicht auszahlen. Denn der Konzern, der als Telefongesellschaft schon seit dem späten 19. Jahrhundert im Reich der Mitte präsent ist, hat in China Fabriken stehen. Bereits im Juli drohte die Führung in Peking, mit Exportkontrollgesetzen die Ausfuhr der Produkte zu verteuern.
Börje Ekholm, Vorstandsvorsitzender von Ericsson, sieht noch eine weitere Gefahr. Er warnt davor, dass man in Schweden nicht verstehe, wie weit China technologisch in der Kommunikationstechnologie voraus sei. Es gebe das große Risiko, dass "Europa in der Entwicklung zurückfällt". Ericsson brauche das Wissen der chinesischen Experten vor Ort. Ekholm ist im Aufsichtsrat der chinesischen IT-Konzerns Alibaba.
Schweden sind gegenüber China skeptisch
Das schwedisch-chinesische Verhältnis war in der letzten Zeit spannungsreich. Das liegt in der Natur der Staaten: auf der einen Seite die humanitäre Großmacht, die sich gerne für Menschenrechte in fernen Ländern engagiert, auf der anderen Seite die reale Großmacht, die ungehalten wird, wenn das Thema "Human Rights" von Vertretern des fernen Westens zur Sprache gebracht wird.
Vielleicht hat Peking ausgerechnet darum 2017 einen besonders kernigen Diplomaten nach Stockholm gesandt. Gui Congyou, der gerne mal laut Handelsstrafen gegen Schweden fordert, wurde nach Stand von Ende 2019 40 Mal ins schwedische Außenministerium beordert. Konservative wie Linke forderten bereits in seltener Eintracht im Parlament seine Ausweisung.
Aber auch die komplexere Einflussnahme Chinas auf Schweden gibt es. Die liberale Zeitung Expressen spricht von "elite capture", dem Einspannen von einflussreichen Personen des öffentlichen Lebens in Schweden für die chinesische Sache. So wurde der ehemalige Peking-Botschafter Mikael Lindström Berater bei Huawei, der ehemalige Premierminister Fredrik Reinfeldt saß im Vorstand von "Sino-Nordic Investment", einer Firma mit Hauptbeteiligung aus Hongkong.
Auch soll ein chinesisches Unternehmen ein Datenleck genutzt haben, um von 1000 bedeutenden schwedischen Persönlichkeiten und ihren Angehörigen, auch aus dem Bereich Verteidigung, Informationen zu sammeln.
Schweden, das sich nicht scheut, chinesische Regimekritiker zu ehren, kann als harte Nuss für chinesische Charmebestrebungen gesehen werden. Nach aktuellen Umfragen haben 85 Prozent der Einwohner des Königreichs eine negative Meinung vom Reich der Mitte - dies wird nur um ein Prozent von Japan übertroffen.
In Norwegen ist die Entscheidung über 5G für Ericsson schon gefallen, in Dänemark weitgehend auch. In Finnland ist die Frage noch offen, dort will man den chinesischen Konzern nicht kategorisch ausschließen.
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