Chinas Vorsprung bei autonomen Fahrzeugen: Hardware, Software und Akzeptanz

China setzt auf Lernphasen für autonome Fahrzeuge und führt bei Hardware und Software. Mit speziellen Testzonen und günstigeren Preisen übernimmt es die Führung.

Die Entwicklungswege bei den autonomen Fahrzeugen unterscheiden sich deutlich zwischen den USA und China. Während man in den USA autonome Fahrzeuge unmittelbar am üblichen Verkehr teilnehmen ließ, hat man in China eine Lernphase vorgeschaltet, wo autonome Fahrzeuge in bestimmten Räumen zu bestimmten Zeiten mit geringem Verkehrsaufkommen üben/lernen durften.

Stufen des autonomen Fahrens

Die Society oft Automotive Reengineerings (SAUE) hat fünf Stufen des automatisierten bzw. autonomen Fahrens definiert. Diese Einteilung scheint sich weltweit in der Automobilindustrie durchgesetzt zu haben.

Stufe 0: Keine Automation. Der Fahrer lenkt, beschleunigt und bremst selbst.
Stufe 1: Das Auto verfügt über einzelne unterstützende Systeme wie Antiblockiersystem (ABS) oder Elektronisches Stabilitätsprogramm (EPS), die selbsttätig eingreifen.
Stufe 2: Automatisierte Systeme übernehmen Teilaufgaben (z. B. adaptive Geschwindigkeitsregelung, Spurwechselassistent, automatische Notbremsung). Der Fahrer behält aber die Hoheit über das Fahrzeug und die Verantwortung. 
Stufe 3: Das Auto kann streckenweise selbsttätig beschleunigen, bremsen und lenken (bedingte Automation). Bei Bedarf fordert das System den Fahrer auf, die Kontrolle zu übernehmen.
Stufe 4: In Normalbetrieb kann das Fahrzeug völlig autonom fahren. Der Fahrer hat aber die Möglichkeit, einzugreifen und das System zu überstimmen.
Stufe 5: Vollautomatisierter, autonomer Betrieb des Fahrzeugs ohne die Möglichkeit (und Notwendigkeit) des Eingreifens durch den Fahrer.

In Deutschland will BMW noch 2024 zwei 7er-Modelle mit einem Co-Piloten der Stufe 3 auf den Markt bringen. Autonomes Fahren scheint in Deutschland in erster Linie ein Idee zu sein.

Im deutschen Straßenverkehr gibt es mehrere Beispiele, wo Minibusse des französischen Herstellers EasyMile Strecken bedienen, die für einen regulären Busbetrieb zu wenig frequentiert wären. Die Geschwindigkeit ist auf maximal 15 Stundenkilometer und die Personenzahl auf sechs Fahrgäste und den Fahrtbegleiter begrenzt.

Vorfälle mit autonomen Fahrzeugen in den USA

Autonome Fahrzeuge sollen den Straßenverkehr sicherer machen und bei Taxis die Personalkosten senken. Solange jedoch die Sicherheit in der Praxis nicht belegt ist, greift auch die Personaleinsparung nicht.

Autonome Fahrzeuge haben erst dann eine Chance, wenn sie sicherer unterwegs sind als ein mit menschlichen Fahrer bestücktes Fahrzeug. Im Jahr 2021 gab es in Deutschland 1,4 tödlich verlaufende Unfälle auf eine Milliarde gefahrene Kilometer. Dass die deutsche Statistik seit Jahren eine sinkende Zahl an Verkehrstoten aufweist, liegt nicht zuletzt an der verbesserten Unfallrettung, die dafür sorgt, dass Verunfallte nicht mehr am Unfallort versterben, sondern schneller in ein Krankenhaus transportiert werden können.

Von diesem statistischen Wert ist Tesla noch deutlich entfernt. Tesla selbst gibt an, dass seine Fahrzeuge bisher 450 Millionen Kilometer im autonomen Modus verbracht hätte.

Dabei habe es seit 2019 insgesamt 736 Unfälle gegeben, von denen 17 tödlich endeten. Da jedoch elf der 17 tödlichen Unfälle sind in den vergangenen zwölf Monaten passiert sind, scheint es mit der Lernkurve der Teslas nicht so gut bestellt.

Rückschläge gab es zuletzt auch für Cruise, einer Tochtergesellschaft des Autoherstellers General Motors. Er musste den Betrieb seiner Robotaxis in San Francisco mit sofortiger Wirkung einstellen. Nur die Lizenz für den Testbetrieb der Autos mit Sicherheitsfahrer bleibt Cruise erhalten.

Eine Chance erhalten autonome Fahrzeuge in den Industrieländern erst, wenn sie sich fehlerfrei bewegen und gesellschaftlich akzeptiert sind. An letzterem scheint es inzwischen in den ehemals technikfixierten Regionen im Westen der USA deutlich zu fehlen.

So hat eine Menschenmenge kürzlich ein Robotertaxi der Google-Schwester Waymo in Brand gesetzt.

In China scheint das Ökosystem für selbstfahrende Systeme besser vorbereitet

Bei der Hardware scheint China inzwischen führend zu sein und bei der Software geht man den Weg über lernende Module, die ihre Beurteilung der Verkehrslage sukzessive verbessern. Zudem investiert China in die Ausbildung für autonomes Fahren.

Der Technikriese Baidu schickt seine Robotaxis, die ursprünglich zusammen mit der Volvo-Mutter Geely entwickelt werden sollten, inzwischen auf die Straße.

Auf 225 Quadratkilometern Stadtgebiet in Beijing erstreckt sich die Pilotzone für autonomes Fahren der Stufe 4. Dazu kommen 143 Kilometer Schnellstraßen, die vor allem die Flugplätze der chinesischen Hauptstadt verbinden.

Mehr als 300 vollständig softwaregesteuerte, fahrerlose Taxis kurven izwschen durch das Testgebiet und können mithilfe einer Smartphone-App genutzt werden. Der Vorteil für die Kunden, sie sind 80 Prozent billiger als herkömmliche Onlinefahrdienste. Selbstfahrende Sanitätsfahrzeuge und Streifenwagen der Polizei werden wohl in absehbarer Zeit realisiert werden.

Die gesellschaftliche Akzeptanz selbstfahrender Fahrzeuge scheint in China deutlich höher als im Rest der Welt zu sein. Selbst GM testet seine Modelle inzwischen in Shanghai.

Der Vorsprung Chinas ähnelt der Entwicklung Deutschlands, das zu Beginn seiner Aufholjagd staatlich finanzierte Industriespione nach England schickte.

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