Autoindustrie: Warum batterieelektrische Antriebe erst der Anfang sind
- Autoindustrie: Warum batterieelektrische Antriebe erst der Anfang sind
- Hat Deutschland seine Zukunftsfähigkeit verloren?
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Alternativen zum Verbrennermotor: Warum Entwicklung nicht mit Innovation gleichzusetzen ist. Sind die Deutschen innovationsfeindlich?
Mit Verspätung sehen die deutschen Automobilhersteller jetzt die Option einer elektrischen Mobilität. Dabei gab es diese Entwicklung im Grunde schon vor 100 Jahren.
1907 präsentierte der deutsche Kaiser Wilhelm drei strombetriebene Mercedes Electrique aus seinem Fuhrpark auf der Berliner Automobilausstellung. Leise und ohne stinkende Abgase schien den Elektrofahrzeugen die Zukunft offenzustehen, war doch schon das Starten der ruckeligen Verbrenner per Kurbel äußerst anstrengend.
Mit dem elektrischen Anlasser und der kompakten Starterbatterie mit Bleizellen kam die Wende. Die Reichweite gab den Ausschlag, auch wenn man seinen Kraftstoff ursprünglich noch in der Apotheke erwerben musste.
An der grundlegenden Technik änderte sich zehn Dekaden lang nichts und selbst heute sind alle Verbrenner noch mit Bleibatterien ausgestattet. Das weitgehende Bleiverbot änderte nichts daran. Das aus der Elektronik verbannte giftige Blei scheint heute Automobilisten und Jägern vorbehalten zu sein.
Mineralöl: Mieser Umgang mit einem wertvollen Rohstoff
Die Werbung versprach die große Freiheit und die Kunden nahmen dies fleißig auf. Mit dem Wirtschaftswunder schob sich zumindest der Westen Deutschland mit der Familienkutsche zuerst über die Alpen an die Adria und verbreitete sich in der Folge weiter nach Süden, der Sonne entgegen. Auch die autofreien Sonntage in den 1970ern tat dieser Bewegung keinen Abbruch.
Änderungen an der Kraftstoffrezeptur, Katalysatoren und Filter reduzierten das schlechte Gewissen. An der grundlegenden Tatsache, dass man den wertvollen Rohstoff Mineralöl zum Vergnügen verbrannte und unnütze Produkte in die Luft stieß, sollte sich bis vor wenigen Jahren nichts ändern. Sogar die Betankung der Fahrzeuge übernahmen die Kunden, ohne mit der Wimper zu zucken.
Das lange Zeit im Benzin enthaltene leberschädigende Benzol, von dem Teile bei jeder Betankung freigesetzt wurde, ignorierte man großzügig. Lärm- und Feinstaub-bedingte Gesundheitsschäden hatten höchstens statistische Bedeutung.
Umdenken: Angestoßen von Fernost
Dass man aus fossilem Mineralöl spannendere Dinge als Abgase produzieren kann, die man nach ihrer Nutzungszeit auch wieder recyceln kann, wurde im öffentlichen Bewusstsein lange verdrängt. Der Gedanke, dass die Verbrennungsprodukte, auch wenn sie von den giftigsten Schadstoffen befreit sind, für Umwelt und Klima in ihrer Masse immer noch schädlich sind, fiel dem Rausch der Geschwindigkeit im letzten Land ohne Geschwindigkeitslimit zum Opfer.
Erst zaghafte Vorschriften der EU-Kommission und die Entwicklungsgeschwindigkeit japanischer und die Wucht chinesischer Automobilkonzerne begannen ein Umdenken anzustoßen. Nachhaltigkeit und Kreislaufdenken erobern inzwischen die chinesische Wirtschaft deutlich schneller, als dies in Deutschland bislang wahrgenommen wird.
Wie in China begann man auch in Deutschland Elektromobile durch die öffentliche Hand zu fördern. Als China dann die initiale Förderung einstellte, sahen die deutschen Verbrennerfreunde mit Freuden das Ende der Elektrofahrzeuge. Dabei hatte der Markt der batterieelektrischen Fahrzeuge in China schon so viel Schwung, dass keine Förderung mehr notwendig war.
Wasserstofftank und Brennstoffzelle
Dafür begann man Elektrofahrzeuge zu fördern, die anstelle einer großen Batterie mit einem Wasserstofftank und einer Brennstoffzelle sowie einer kleineren Pufferbatterie ausgestattet sind.
Während der reine Antriebsstrang und der größte Teil der Fahrzeugelektronik bei beiden Systemen weitgehend identisch sind, bietet das Wasserstofffahrzeug eine schnellere Betankung und die Reichweite eines Verbrenners. Der Systemvergleich zwischen Batterie (BEV) oder Brennstoffzelle (FCEV) im Fahrzeug beginnt gerade auch in Deutschland.
Für eine Übergangszeit kann Wasserstoff noch konventionell aus Erdgas hergestellt werden. Aber schon heute lässt sich Wasserstoff auch aus Biogas herstellen. Mit der zunehmenden Verfügbarkeit von Strom aus PV und Windkraft kann Wasserstoff auch verstärkt regional durch Elektrolyse bereitgestellt werden.
Da Deutschland auch international Wasserstoff einkaufen will, der nach der Umstellung der Heizungen auf elektrische Wärmepumpen als Heizgas nicht mehr benötigt würde, stünden auch Teile der Wasserstoffimportmengen für den Verkehr zur Verfügung.
Während diese Entwicklung in China absehbar ist, weil die Politik vorausschauend handelt, zeichnet sich für Deutschland bei den Brennstoffzellen ein Problem ab. Das für die Brennstoffzellen benötigte Membranmaterial kommt seit Jahrzehnten praktisch ausschließlich aus dem Reich der Mitte.