Autoindustrie: Warum batterieelektrische Antriebe erst der Anfang sind

Seite 2: Hat Deutschland seine Zukunftsfähigkeit verloren?

Betrachtet man die aktuelle Situation im Automobilsektor und den rasanten Fortschritt der Entwicklungen in Fernost, so stellt sich die Frage, hat Deutschland seine Zukunftsfähigkeit verloren?

Entwickelt wurde und wird noch immer viel. Eine Innovation wird daraus jedoch erst, wenn es auch produziert und auf den Markt gebracht werden kann.

Innovationen sind meist auch mit disruptiven Entwicklungen verbunden. Der deutsche Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft sieht dabei zumeist das Risiko des Scheiterns und viel zu wenig die Chancen.

Da bleibt man lieber auf den eingefahrenen Wegen. Hochkomplexe Antriebsstränge mit vielen Präzisionsteilen zu produzieren, mag durchaus eine technische Herausforderung sein und die Entwickler glücklich machen. Wenn sich die Rahmenbedingungen in einem globalisierten Markt ändern, sind das schnell nutzlose Fähigkeiten.

Wenn China Deutschland inzwischen bei vielen Innovationen überholt, muss das Land der Dichter und Denker sich von liebgewonnenen Traditionen verabschieden. Um möglichst nachhaltig von A nach B zu kommen, benötigt man nicht zwingend des Deutschen liebstes Kind, einen individuellen Pkw.

Integrierten Mobilitätssystemen anstelle klassischem Individualverkehr dürfte die Zukunft gehören. Der ″Arme-Leute-ÖPNV″ in seiner heutigen Form scheint da jedoch wenig zukunftsfähig.

Der öffentliche Nahverkehr ist speziell in ländlichen Regionen Deutschlands noch immer schlecht aufgestellt. Eine Ursache dafür ist, dass das Fahrgastaufkommen während großer Zeiträume im Tagesgang für die üblichen Linienbusse viel zu gering ist. Es gibt zwar durchaus kleinere Busse, aber praktische keine ″kleineren Fahrer″.

In manchen Städten wie Bad Krozingen kommen daher sogenannt Bürgerbusse zum Einsatz. Ehrenamtliche Fahrer reduzieren den Lohnkostenanteil des Systems beachtlich. Ganz ohne Fahrer könnten solche Systeme noch kostengünstiger fahren.

Aus Frankreich kommt mit dem Easy Mile EZ10 ein solch autonomer Bus, der in verschiedenen Pilotprojekten auch schon in Deutschland zum Einsatz kommt. Es wundert kaum, dass auch bei den autonomen Fahrzeugen chinesische Firmen inzwischen deutlich weiter scheinen, als deutsche.

In verschiedenen chinesischen Städten durften autonome Fahrzeuge außerhalb der Hauptverkehrszeiten lernen. Der chinesische Vorsprung bei den autonomen Fahrzeugen ist inzwischen so beachtlich, dass deutsche Konzerne wie Bosch sich inzwischen bei chinesischen wie Black Sesame Technologies einkaufen, um den Anschluss nicht zu verlieren.

Es ist noch nicht lange her, da lief der Technologietransfer in der Gegenrichtung. Statt China eindämmen zu wollen, wäre es für Deutschland sinnvoller, über den eigenen Schatten zu springen, von China zu lernen und dann zum Überholen anzusetzen.