Clash der Konspirationen
Seite 2: Folgen der Verschwörungstheorien zum "Sturm auf das Kapitol"
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- Folgen der Verschwörungstheorien zum "Sturm auf das Kapitol"
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Das unzivilisierte Schauspiel, das wir hier erleben, ist ein Clash der Konspirationen. Da ist zum einen die seit vier Jahren von allen Großmedien kolportierte Verschwörungstheorie "Russiagate", nach der Donald Trump mit Hilfe "der Russen" durch Wahlbetrug ins Weiße Haus gekommen ist und es nicht mehr lange dauern kann, bis er (bzw. "Putin") hitlerartig die Macht ergreift und ein autoritäres Regime errichtet.
Leser der New York Times oder Zuschauer von CNN und MSNBC konnten nicht anders als dieser völlig haltlosen Geschichte zumindest ein wenig Glauben zu schenken, da sie ihnen vier Jahre lang nahezu täglich eingetrichtert wurde. Insofern hatte Trump recht, wenn er nahezu täglich die "Fake News" des Mainstreams geißelte, genau wie seine Anhänger, die das Vertrauen in diese Medien verloren haben.
Sie stehen auf der anderen Seite dieses "Clash of Conspiracies" und hängen seit vier Jahren dem Mythos an, dass Trump das korrupte politische System reinigen wird, aber daran gehindert wird den "Sumpf" in Washington auszutrocknen und Amerika wieder groß zu machen vom "deep state" bzw. einer Bande von "Kommunisten" und "Päderasten", die ihm jetzt auch die Wahl gestohlen haben.
Für einen solchen Betrug liegt bis heute kein gerichtsfester Beweis vor und wird vermutlich auch nicht mehr kommen, genauso wenig wie ein Beweis für die Verschwörungstheorie vom Wahlbetrug 2016. Was aber, wie an "Russiagate" zu sehen war, die Geschichte nicht am Fortleben hindern wird, woran das komplette Löschen von Trump und seiner "MAGA"-Bewegung auf Twitter & Co. nichts ändern wird.
Im Gegenteil. Denn das ist die seltsame Schleife von Verschwörungstheorien: Kritik an ihnen gilt automatisch als weiterer Beweis für die Realität der unterstellten Verschwörung. Wer die Behauptung einer "russische Beeinflussung" der Wahl 2016 nicht ernst nahm, fiel automatisch unter den Verdacht, ein Putin-gesteuerter Trump-Fan zu sein und ein weiterer Beleg, wie tief dieser ultraböse Einfluss schon vorgedrungen war.
Wie im Mittelalter
Dieses Immunsystem teilen moderne Verschwörungstheorien mit ihrem historischen Vorgänger, der Dämonologie des Mittelalters: Wer die Anwesenheit des Teufels bestreitet, ist selber von ihm besessen. Das gilt auch für die Verschwörungstheorie, dass es bei der Wahl 2020 nicht mit rechten Dingen zugegangen sein könnte und - wie Trumps Anwälte behaupten - via Software aus "fremden Länder" zugunsten Bidens manipuliert worden ist. Dass diese Behauptung jetzt der neuen Inquisition durch Big Tech zum Opfer gefallen ist, macht sie nur stärker, zeigt sie doch den "Feind", den korrupten Sumpf des "deep state", in Aktion und belegt, dass es sich nicht um ein Phantom handelt. Und wer das bestreitet, ist eben selbst Teil des korrupten Systems.
Wie kommt ein tief gespaltenes Land aus dieser von Verschwörungsgeschichten genährten unversöhnlichen Gemengelage heraus? Den heiligen Tempel der Demokratiesimulation, das Kapitol, mit 25.000 Soldaten der Nationalgarde zu sichern, die zur Inauguration am 20. Januar jeden Winkel von Washington besetzen mag angesichts der aufgeheizten Lage zwar angeraten sein, ist aber keine Lösung.
Genauso wenig wie die Zensur- und Löschaktionen der Tech-Oligarchen oder die unvermeidlichen "Faktenchecker", die nur die "Fake News" von Trump aufs Korn nehmen und die seiner Gegner als Wahrheit durchgehen lassen.
Vernunft könnte in diesen von Emotionalität und Irrationalität geprägten Konflikt einziehen, wenn die Verschwörungsscheuklappen auf beiden Seiten entfernt werden und der Scheinwerfer der Aufklärung auf die Grauzone von Indizien, Vermutungen und Hypothesen gerichtet wird.
Etwa von einer wirklich unabhängigen, international besetzten Kommission, die die Wahlergebnisse 2016 und 2020 noch einmal akribisch untersucht und Reformen für ein betrugssicheres Wahlsystem in Gang setzt. Sowie für einen unabhängigen und überparteilichen Medienkanal, der ausgewogen über das "Einparteien-System mit zwei rechten Flügeln" (Gore Vidal) berichtet und nicht mehr Klickzahlen und Profite damit generiert, die andere Seite als Großverschwörung zu diffamieren.
Wenn der Clash am Capitol nicht zu einem Crash der Gesellschaft und bürgerkriegsähnlichen Zuständen führen soll, muss Vertrauen in die Politik und in die Medien wiederhergestellt werden. Das wird nur mit solchen "vertrauensbildenden" Maßnahmen gehen, nicht aber mit Zensur und irrsinnigen Gesetzen gegen "heimischen Terrorismus", der ohnehin schon verboten ist.
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