Clean Fracking, Peak Oil und "unterirdische Raumplanung"

Werner Zittel. Bild: Norbert Rost

"Welchen Konsumstil wollen wir?" - Neue Erschließung von Energieressourcen und die Macht des Verbrauchers

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Ölreserven wurden dieser Tage sowohl in Camp David wie auch im Französischen Dom auf dem Berliner Gendarmenmarkt diskutiert. Während die G8-Regierungschefs eine sofortige Wahlkampfhilfe für Barack Obama ablehnten, indem sie die Freigabe der strategischen Ölreserven später erneut diskutieren wollen (statt die Vorräte sofort freizugeben), sorgt sich die ASPO mehr um den Zugang zu jenen Öl-Reserven, die noch ungefördert im Boden lagern.

ASPO, das steht für "Association for the Study of Peak Oil and Gas", die Vereinigung zur Erforschung von Peak Oil und Peak Gas. Als Peak Oil wird das Ölfördermaximum bezeichnet - das Phänomen, dass sich die tägliche Ölfördermenge nicht unendlich steigern läßt. Bereits im Vorfeld gab Dr. Werner Zittel, Vorstandsmitglied der ASPO, in einem Interview bekannt, dass er den Peak Oil für erreicht hält:

Von 2000 bis 2005 hatten wir noch mal einen starken Anstieg der weltweiten Ölförderung, parallel zum Preisanstieg. Seither stagniert die Förderung, wir sind auf einer Art Plateau angekommen. Obwohl sich der Preis bis 2008 noch einmal verdreifacht hat. Das ist ein ganz starkes Indiz dafür, dass die Förderung nicht mehr ausgeweitet werden kann. Peak Oil ist jetzt.

Die G8-Erklärung zur Nichtfreigabe der strategischen Ölreserven schlägt in jene Kerbe, die die ASPO seit Jahren aufreißt: Versorgungsprobleme habe es in der jüngeren Vergangenheit auf den Ölmärkten gegeben, Schwankungen bei Versorgungslage und Ölbedarf sowie bei den Ölpreisen wären auch in Zukunft zu erwarten. Alles kein wunderliches Phänomen, wenn man die Weltölversorgung unter dem Blickwinkel des Peak Oil betrachtet.

Golden Age of Gas mit Fragezeichen

Zur ASPO-Jahrestagung in Berlin stand diesmal aber weniger der Höhepunkt der Ölförderung im Mittelpunkt, sondern vielmehr die bereits laufenden Anpassungsstrategien der Rohstoffförderer: Die Förderung mittels unkonventioneller Fördertechniken. "Hoffnungsträger unkonventionelles Erdgas?" war die Tagung überschrieben.

In der Tat: Sowohl die Ölförderung als auch die Gasförderung in den USA wandeln sich: Beim Öl ist der andauernde Abwärtstrend der Fördermengen seit 2009 gebrochen und die Ölfördermengen steigen wieder. Die Gaspreise in den USA sind eingebrochen, auch aufgrund des Booms der unkonventionellen Fördertechniken. Können die Peak-Oiler also einpacken und es steht das "Golden Age of Gas" vor der Tür, wie die Internationale Energieagentur (IEA) im letzten Jahresbericht titelte?

Am 29.05. veräffentlichte die Internationale Energieagentur eine Sonderausgabe ihres World Energy Outlooks - eine Art Umwelthandbuch für Gasförderer - in welchem sie Regeln für ein "Golden Age of Gas" definiert und der klarmacht: Erdgas soll bis 2035 zur zweitwichtigsten Energieressource nach Öl und vor Kohle aufsteigen. Ein Viertel des globalen Energiemix sollen dann aus Erdgas kommen wovon die unkonventionellen Fördermethoden bis 2035 ein Drittel beitragen sollen.

Jörn Schwarz, ASPO-Vorsitzender, verwies in seinem Beitrag darauf, dass die Diskussion ja eigentlich nicht neu sei. Der Club of Rome, der gerade sein Update vorgelegt hat, hatte bereits vor 40 Jahren auf die Endlichkeit der Ressourcenbasis und deren Implikationen hingewiesen. Prof. Rolf Kreibich, Direktor des Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT), betonte als Mitveranstalter, dass auch seiner Sicht der "Raubbau an den natürlichen Ressourcen das zentrale Thema des 21. Jahrhunderts" sei.

Die Steigerung der Arbeitsproduktivität über die letzten Jahrzehnte betrage über 4500%, doch er frage sich, warum es dennoch einen solch verschwenderischen Umgang mit Ressourcen gäbe. Zweimal wies er darauf hin, dass der Atomausstieg welthistorische Dimensionen habe: Erstmals sei ein Land aus einer Großtechnologie ausgestiegen. Kreibich hält einen Umstieg auf 100% erneuerbare Energien bis 2040 machbar.

Werner Zittel kam die Aufgabe zu, die Bedeutung von Erdgas, das Potential der unkonventionellen Fördermethoden sowie ihre Grenzen aufzuzeigen (Vortragsfolien). Etwa ein Viertel der globalen Energieversorgung beruht auch heute auf Erdgas. Die "konventionellen" Gasreserven sind dabei jedoch extrem ungleich verteilt. 23% lagern in Russland, 16% in Iran 14% in Katar. Iran und Katar teilen sich dabei ein Gasfeld, welches auf iranischer Seite North Field heißt und auf katarischer Seite South Pars.

Die Schätzungen der dort lagernden Reserven basieren laut Zittel auf nur drei Probebohrungen, die man beim Fund vorgenommen hat - Skepsis hinsichtlich der Zahlen sei deshalb angebracht. Die USA halten nur 3,6 Prozent der weltweiten Gasreserven, aber sie sind weltweit größter Gasförderer. Mit diesem Vergleich knüpfte Zittel an seinen Vorrednern an, denn das Verhältnis zwischen Gasreserven und Fördermenge sagt nicht nur etwas über den technologischen Vorsprung aus, sondern eben auch über die Raubbau-Qualitäten unserer Spezies: Die US-amerikanischen Gasreserven werden einfach mit einer extrem hohen Rate ausgebeutet.

Aus Peak-Gesichtspunkten relevant ist weniger die Frage, wieviel Reserven oder Ressourcen irgendwo lagern. Relevant ist die Frage: Wie schnell kann wieviel Gas auf den Markt gebracht werden? Die Fördergeschwindigkeit ist der Flaschenhals der globalen Energieversorgung. Europas Öl-Förderraten sinken seit 2002 beträchtlich, Peak Gas in Europa sieht Zittel nicht mehr weit entfernt. Bei all den Gasvorkommen, die mittels unkonventionellen Methoden gefördert werden können, steht die Förderfähigkeit sowohl von technischer als auch von ökonomischer Sicht her infrage.

Für Zittel sind die Überlegungen zur unkonventionellen Erdgasförderung ein mehrfaches Eingeständnis, das nichts Gutes bedeutet: Erstens bedeutet der Versuch, Shale Gas oder Coalbed Methan zu fördern, dass besser zugängliche Vorkommen zunehmend erschöpfen, andererseits bedeutet er, dass die Erdgasförderer mit steigenden Gaspreisen rechnen - denn sonst würde man diese Vorkommen nicht angehen, bedeuten sie doch einen erheblichen Zusatzaufwand gegenüber den konventionellen Fördermethoden.

Clean Fracking?

Die Fördermethoden erscheinen teils abenteuerlich. Mal sind die Mengen aus den Bohrlöchern so gering, dass sich ein Pipelinebau nicht lohnt und (dieselfressende) LKWs den Transport übernehmen. Im Fall der Ölschiefer der Green River Formation, die von Peak-Oil-Skeptikern gern als Beleg für den unfassbar großen Umfang von brachliegenden Öl-Ressourcen herangezogen werden, präferiert man eine Förderung durch Erhitzenen ganzer Berge: in-situ.

Shematische Darstellung des "hydraulic fracturing". Bild: Mikenorton. Lizenz: CC-BY-SA-3.0

Die bekannteste unkonventionelle Fördermethode ist das "Fracking" - kurz für "hydraulic fracturing". Dabei werden künstlich Risse in tiefliegende Gesteinsschichten gesprengt. Dies ist nötig, da das Öl oder Gas so fest in diesen Gesteinsschichten eingeschlossen ist, dass es keine natürlichen Wege gibt, die durch die es fließen kann.

Die menschengemachten Risse stellen also die künstlichen Flusswege dar, durch die der begehrte Rohstoff jedoch nur fließen kann, wenn diese Wege offenbleiben. Da der hohe Druck in den Erdtiefen die Risse schnell wieder schließt, müssen Wege gefunden werden, sie offenzuhalten. Zittel beschrieb, wie dies geschieht: Sand dient als "Türöffner", der sich in die Risse klemmt. Um den Sand an die richtigen Stellen zu bringen, wird eine "Trägerflüssigkeit" benutzt, die zu über 99% aus Wasser besteht.

Die prozentual kleine Menge, die kein Wasser ist, sind Chemikalien mit unterschiedlichen Aufgaben: Biozide sorgen dafür, dass keine Bakterien o.ä. stören, andere Zusätze machen das Wasser gleitfähig und geben ihm eine gelige Konsistenz. Als Gel transportiert das "Wasser" die sandigen Türöffner viel gleichmäßiger als es Wasser in seiner allseits bekannten Form könnte.

Trotz der prozentual kleinen Mengen an chemischen Zusatzstoffen kommen bei diesem Vorgang schnell große absolute Mengen zusammen: Denn wo Millionen Liter Frac-Flüssigkeit mit hohem Druck ins Bohrloch eingepresst werden, summigeren sich auch Bruchteile eines Prozents schnell zu mehreren Tonnen eines Chemiecocktails, der niemals vollständig aus dem Boden herausgeholt wird. In einer Überschlagsrechnung hat Zittel errechnet, dass ein Ersatz des Gel-Machers durch Maisstärke schnell zu mehreren Hektar Mais-Anbaufläche pro Bohrung führen kann - Möglichkeiten eines "Clean Fracking" sieht er deshalb skeptisch.

Den Anteil, den Fracking-Gas hierzulande spielen kann, sieht er selbst im besten Fall als gering an: 10 Prozent des Gesamtverbrauchs mögen machbar sein. Dieser geringe Beitrag ergibt sich vor allem daraus, dass die Fracking-Erfahrung in den USA zeigt, dass die Förderraten der so beförderten Vorkommen sehr schnell sehr stark einbrechen - von teilweise 5% Förderabfall pro Monat pro Bohrung ist die Rede. Zittel:

Deshalb erwarte ich: Dieser Boom wird sich auch in den USA abkühlen.

Und bezüglich Russlands Gastreits mit der Ukraine äußert er die Vermutung:

Ich wäre nicht überrascht, wenn die russischen Lieferunterbrechungen auch mit dem Förderabfall Russlands zu tun hätten.

Jeremy Leggett: Industrievertreter aus Großbritannien

Jeremy Leggett kam sehr fossil mal eben mit Air Berlin aus Großbritannien zur Tagung geflogen. Der Solarunternehmer, der bis in die 1980er auch als Explorateur in der Ölindustrie arbeitete, beschrieb seinen Weg mit dem Thema Peak Oil. Es war ihm wichtig zu betonen, dass die Idee eines Peaks in der Ölförderung etwas war, das er nicht glauben wollte. Trotz seines Engagements in der Umweltbewegung, speziell den Auswirkungen des Klimawandels, war seine professionelle Prägung (als studierter Geologe) weiterhin vorhanden und brach erst mit einem Vortrag von Colin Campbell auf.

Eine Besonderheit der Peak-Oil-Szenerie in Großbritannien geht darauf zurück, dass sein Verleger ihn 2007 um eine Überarbeitung seines schlecht verkauften Peak-Oil-Buches von 2005 bat. Statt sich der "Zeitverschwendung" hinzugeben, wollte er direkt mit Unternehmern über das Thema sprechen. Auch wenn die von ihm Angesprochenen nicht zwingend den Grundlagen des Peak Oil zustimmten, so stimmten sie dennoch darüber überein, dass die Konsequenzen eines Ölfördermaximums enorm wären. Diese Gespräche führten dazu, dass in Großbritannien heute eine von Industrievertretern geführte Industry Taskforce on Peak Oil & Energy Security existiert. Richard Branson, der Chef von Virgin, ist wohl der bekannteste Vertreter dieser Task Force.

Jeremy Leggett beim Vortrag. Bild: Norbert Rost

Doch selbst das Gewicht der Unternehmenschefs reichte in der Vergangenheit nicht, das Thema in die Politik zu tragen. So beschrieb Leggett die Anekdote, bei der Taskforce-Vertreter mit der Regierung eine Diskussion um den (oft unverstandenen) Unterschied zwischen den Reserven und den Förderraten (flow rates) führten. Auf die Frage nach den Förderraten aus kanadischen Ölsanden, die wie unkonventionelles Erdgas als Hoffnungsträger für den Ölsektor gelten, antwortete der britische Chefökonom: "Ich kümmere mich nicht um Details" und blickte seine Mitarbeiter an, die sich gegenseitig anblickten.

Sie hatten, so Leggett, keine Ahnung von der Materie, die diskutiert werden sollte. Ein späterer Report der britischen Regierung, in dessen Entstehungsprozess sich die Taskforce eingebracht hatte, erwähnte weder die Position der Taskforce noch die Existenz der Gruppe selbst.

Von einem mit dem Staatssekretär diskutierten "oil shock response plan", den die Industrie gemeinsam mit der Politik erstellen sollte, wußte der Staatssekretär nach Veröffentlichung einer Pressemitteilung nichts mehr. Leggett verwies darauf, dass man es mit einem "revolving door"-Problem zu tun haben könnte: Im Apparat der britischen Regierung sitzen 50 ehemalige Mitarbeiter der 6 großen Energieunternehmen, während 0 ehemalige Mitarbeiter aus der Branche der Erneuerbaren Energien zu finden sind.

Werner Zittel sagte später, die Ölförderer hätten wenig Interesse daran, dass Thema übermäßig zu diskutieren, schließlich sei das Schlimmste, was ihnen passieren könnte, dass die Verbraucher sich noch schneller von dem Rohstoff verabschieden, als die Förderraten zurückgehen.

Jeremy Leggett. Bild: Norbert Rost

Das Timing für den Taskforce-Bericht The Oil Crunsh, in dem es um ein notwendiges Risikomanagements angesichts der Peak-Problematik geht, war schlecht gewählt: Im Oktober 2008 war die Wirtschaftswelt vom Schock des Zusammenbruchs der Lehman Brothers bereits stark beansprucht, für ein zweites Schock-Thema war die Welt nicht zu haben. Leggett: "One risk at a time at the global markets, please!"

"The world is looking at Germany - and Japan" sagte er auf die Frage aus dem Publikum, wie die deutschen Energiewende-Aktivitäten in Großbritannien wahrgenommen würden. Gern, so scheint es, würde Leggett die hiesigen Erfahrungen für den Umbau der britischen Energieversorgung nutzen. An Fracking in Großbritannien glaubt der früher aktive Greenpeace-Mann übrigens nicht: Es würde kein einziges Fracking-Bohrloch in Großbritannien geben, weil der Bürgerprotest zu groß sein wird.

Exxon Mobil diskutiert mit Bürgerinitiativen

Ein schlechter Ruf eilt dem Fracking als Fördermethode voraus, wozu auch Internet-Videos brennender Wasserhähne und der Film Gas-Land beitragen. In Deutschland sorgen sich Bürgerinitiativen vor allem in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen um die Auswirkungen der Fördermethoden.

Im Auftrag von Exxon Mobil moderierte Christoph Ewen deshalb einen Kommunikationsprozess in betroffenen Regionen, um Verständnis für unterschiedliche Positionen zu schaffen. In den Fachdialog waren Bürgerinitiativen, die lokalen Kammern aber auch die Kommunen eingebunden. Die ausgewählten Fachleute, die das Thema kritisch beleuchten sollten, sollten zuvor nicht für die Öl- und Gasindustrie gearbeitet haben. Basis für diesen Prozess waren 500 Fragen, die zuvor im Hinblick auf die unkonventionelle Fördermethoden und ihre Auswirkungen gesammelt wurden.

Ewens Fazit: Auf der Sachebene herrschte weitgehend Einigkeit, uneinig war man sich vor allem darin, wie die Sacherkenntnisse zu bewerten seien. Geologische Risiken, wie beispielsweise die Gefahr von Erdbeben, stellten sich als eher unproblematisch dar. Dagegen rückten technische Risiken vermehrt in den Vordergrund. Laut Ewens entstehen durch flächendeckendes Fracking neue Dimensionen von Risiken:

Wenn diese Technik sich ausbereitet, dann haben Sie Regionen, wo flächendeckend im Untergrund Risse erzeugt werden.

Durch die große Anzahl an Bohrplätzen steigt letztlich das Risiko. Als "loss of well integrity" - Verlust der Bohrlochintegrität - wird der Risikofall bezeichnet: sozusagen der GAU der Gaswirtschaft. Die Frage an die Experten in diesem Dialog war deshalb weniger, OB es Risiken gibt, sondern WELCHE Risiken es gibt und wie diese zu handhaben seien.

So wurde aufgrund des längsten bekanntesten Frac-Risses in den USA von 600 Metern Länge empfohlen, Fracking in einer Mindesttiefe von 1000 Metern einzusetzen und immer parallel einen gesellschaftlichen Dialog zu führen. Angeregt wurde von den Experten offenbar auch, de Hochrisikotechnologien der Chemieindustrie auf diese Technik zu übertragen sowie die Mitarbeiter der unteren Wasserbehörden auf den aktuellen Stand zu der Technologie zu bringen.

Unterirdische Raumplanung nötig

Dass nicht erst seit Fracking unsere Erde durchlöchert ist, zeigt der Verweis auf 15000 Hausbrunnen allein im Münsterland. Auch über sie gelangen gewisse Mengen Erdgas an die Erdoberfläche, weshalb die Behörden teils davor warnen, das Brunnenwasser zu trinken oder in der Nähe der Brunnen Feuer zu machen. Fracking, so argumentiert Exxon Mobil dadurch nicht ganz zu unrecht, entschärft dieses Problem eher: Denn wenn das Erdgas kontrolliert gefördert wird, kann es nicht unkontrolliert über die Brunnen entweichen.

Christoph Ewen (links) diskutiert mit Moderator Martin Held. Bild: Norbert Rost

Interessant war der Vortrag von Christoph Ewen vor allem deshalb, weil er zeigt, wie ein fundierter Dialog zwischen Industrie und Bürgern aussehen kann. Christa Hecht, Geschäftsführerin der Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft e.V. betonte in der Diskussion die zunehmende Nutzungskonkurrenz unter der Erde.

Der Verband bedauerte Anfang Mai, dass der Bundestag einem Antrag der Grünen Bundestagsfraktion auf ein Aussetzen von Fracking nicht zustimmte (was aber auch an der Formulierung des Antrags gelegen haben dürfte).

Hechts Aussage, dass laut internationalem Recht "überhaupt kein Risiko entstehen darf", konterte Ewen mit dem Hinweis, dass die Fracking-Diskussion derzeit ein Bewusstsein für alte Bohrungen schafft und dass unser Planet einem Schweizer Käse zunehmend näher kommt. Nötig wäre inzwischen sogar eine "unterirdische Raumplanung".

Eine Frage des Lebensstils

Volker Handke vom Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung riß dann - natürlich wissenschaftlich distanziert - nochmal die Grundsatzfrage um unseren Lebensstil auf: "Der Konsumskeptiker betont, dass es wichtig ist klar zu werden, wie wir leben wollen" und "Welchen Konsumstil wollen wir?"

Risiken seien so oder so vorhanden: Bei der Fracking-Methode selbst, bei der die Wechselwirkungen der verwendeten Chemikalien und die genauen Gesundheitswirkungen unbekannt sind, und bei der Energiefrage im Allgemeinen, die am Ende der Wertschöpfungskette immer darin gipfelt, die Atmosphäre mit Abgasen anzureichern. Risiko, so beschrieb es Prof. Kreibich vom IZT mehrfach an diesem Tag, sei das Produkt aus Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadenshöhe. Für Werner Zittel war nochmal betonenswert, dass er nicht glaubt, dass man die Vorteile der unkonventionellen Fördermethoden aus den USA nach Europa importieren kann, ohne die Nachteile mitzuimportieren.

Diskussionsrunde: Claudia Kemfert, DIW Berlin, Werner Zittel, ASPO Deutschland, Dagmar Dehmer, Der Tagesspiegel (Moderation), Harry Lehmann, Umweltbundesamt, Rolf Kreibich, IZT (v.l.n.r.). Bild: Norbert Rost

Das sich an die Tagung anschließende "Berliner Zukunftsgespräch" brachte einen vollen Saal, aber für die Teilnehmer der vorausgegangenen Tagung nicht übermäßig viele Neuigkeiten. Claudia Kemfert sieht keine einfachen Alternativen zu Öl und Gas, die ein business as usual erlauben. Dass wir ein Ölproblem bekommen, wissen wir seit 40 Jahren, das sei keine neue Nachricht. "Wir müssen weg vom Öl", sagte sie, was aus ihrer Sicht bedeutet, den Wirtschaftssektor nahezu komplett umzukrempeln. Auch wenn die unliebsame Wahrheit eigentlich keiner hören mag, aber letztlich, so Kemfert, geht es um die Frage des Lebensstils.