"Coke did nothing"
Coca Cola wird angeklagt, Mitverantwortung für ermordete und gefolterte kolumbianische Gewerkschaftsführer zu tragen
Die United Steel Workers Union (USWA) und der International Labor Rights Fund haben in einem US District Court Verfahren die Coca-Cola-Company und die Coke and Panamerican Beverages, Inc angeklagt, Mitverantwortung für ermordete und gefolterte kolumbianische Gewerkschaftsführer zu tragen.
Die Coke and Panamerican Beverages, Inc (Panamco) ist einer der größten Anker-Abfüller der Coca-Cola Company außerhalb der Vereinigten Staaten, Mexiko, Brasilien, Kolumbien, Costa Rica, Venezuela, Nicaragua, und Guatemala umfassend. Das Coca-Cola Imperium geht dabei üblicherweise nach folgendem Muster vor: Lizenzbetriebe oder Abfüller werden übernommen, umstrukturiert und dann zu einem höheren Preis an einen von der Coca-Cola Company ausgesuchten Ankerabfüller ("anchor bottler") verkauft. Coca Cola behält dabei neben einer Minderheitsbeteiligung (meist 30 bis 49%) die Kontrolle über das Konzentrat und alle wichtigen strategischen Beschlüsse. Dieser Vorgang wird - schön militärisch - auch "Absteckungslinie" genannt. Die Coca Cola Company versucht gerne, Verantwortung für die Beschäftigungsbedingungen der Arbeitnehmer in ihren Abfüllfirmen, in denen die überwiegende Mehrheit der Coca Cola Arbeitnehmer tätig ist, abzulehnen. In immer mehr Ländern berichten die Gewerkschaften in den Abfüllbetrieben über willkürliche und gewerkschaftsfeindliche Verhaltensweisen der Unternehmensleitungen. Dabei geht es unter anderem um Betriebsschließungen ohne Verhandlungen mit der Gewerkschaft und systematische Kampagnen zur Schwächung oder Ausschaltung der Gewerkschaften
Dass zahlreiche multinationale Betriebe sowie eine Reihe internationaler Sicherheitsunternehmen in den Guerilla-Krieg in Kolumbien involviert sind, ist seit langem eine immer wieder gerne unter den Tisch gekehrte Tatsache. In den frühen 1980er Jahren wurde bereits von Menschenrechtsorganisationen aufgedeckt, dass der Erdölkonzern Texaco am Aufbau des Paramilitärs in der zentralkolumbianischen Region aktiv beteiligt war, indem er die paramilitärischen Gruppen mit Ländereien und Geld versorgte. Anfang der 1990er wurden Vorwürfe gegen Nestle und Coca Cola geäußert, bei denen die Zentrale der Ernährungsgewerkschaft SINALTRAINAL in Bogotá darauf hinwies, dass während der Tarifverhandlungen immer wieder Gewerkschaftler erschossen werden. In Kolumbien sind in den letzten fünfzehn Jahren mehrere tausend Gewerkschaftler ermordet worden, ein Umstand der auch die International Labor Organization alarmiert hat. Kolumbien ist das Land, in dem weltweit die meisten Gewerhscftler ermordet werden, ein trauriger Rang, an dem der aktuellen Klage zufolge Coca Cola einen nicht unbeträchtlichen Anteil hat. Laut Kolumbien-Experten von Human Rights Watch hat sich die Situation in den letzten Monaten sogar noch verschlimmert. Nach einem Bericht der USWA sind dieses Jahr mehr als 50 Gewerkschaftsführer getötet worden, darunter Oscar Dario Soto Polo, angestellt bei einer Coca Cola-Abfüllanlage in Monertia und erschossen am 21. Juni.
Die kolumbianische Ernährungsgewerkschaft, die sich für Arbeiter u.a. in den Coca Cola Werken einsetzt, war es auch, welche die aktuelle Klage initiiert hat. Der SINALTRAINAL Zentrale zufolge gilt Panamco schon seit langem als einer der berüchtigtsten Arbeitgeber des Landes. Um Gewerkschaftsführer einzuschüchtern, würden unverhohlen Beziehungen zu sogenannten death squads, rechtsgerichteten Todesschwadronen unterhalten. Der Fall wird auf der Grundlage des Alien Tort Claims Act (ATCA) (28 U.S.C. § 1350) aus dem Jahr 1789 verhandelt, welcher Klagen gegen im Ausland begangene Verbrechen, v.a. gegen Verletzungen des Völker und Menschenrechts vor US-Gerichten ermöglicht. Aufsehen erregten unter anderen die Verfahren gegen Pinochet, Karadzic und Marcos. Auch die Sammelklage der NS-Zwangsarbeiter gegen deutsche Unternehmen war auf den Alien Tort Claims Act gestützt. Als juristische Basis bei der Klage gegen Unternehmen ist der Alien Tort Claims Act noch relativ unerprobt.
Die 60 Seiten umfassende Klageschrift beinhaltet u.a. folgende Punkte:
- Der Gewerkschaftsaktivist Isidro Segundo Gil wurde während der Arbeit auf der Abfüllanlage in Carepa ermordet.
- Die Kläger Luis Eduardo Garcia, Alvaro Gonzalez, José Domingo Flores, Jorge Humberto Leal und Juan Carlos Galvis, alle Mitglieder von SINALTRAINAL, wurden zu Einschücherungszwecken wiederholt Folter, Kidnapping und unrechtmäßiger Inhaftierung ausgesetzt. Die Kläger behaupten, dass die Gewalttaten entweder direkt von Coca Cola angeordnet wurden, oder aber die Ausführung an paramilitärische Todesschwadrone delegiert hätten, die als Agenten für Coca Cola fungierten.
- Auf der Abfüllanlage in Bucaramanga wurden fünf Gewerkschaftler misshandelt und unschuldig für sechs Monate unter menschenunwürdigen Bedingungen eingesperrt.
- Auf den Abfüllanlagen in Cucata und Barrancabermeija wurden Gewerkschaftler durch wiederholte Morddrohungen des Paramilitärs zur Flucht gezwungen.
In jedem einzelnen Fall habe die Gewerkschaft wiederholt die Coca Cola Company in Kolumbien sowie ihre Abfüller um Schutz gebeten. "Coke did nothing," so Dan Kovalik von der USWA. "Wenn es um einen Fehler in der Coca Cola-Rezeptur oder um ein Lieferproblem gegangen wäre, wäre man sofort da gewesen. So aber tat man nichts." Ein Sprecher der Coca Cola Company in Atlanta: "Wir streiten ab, in Menschenrechtsverletzungen verwickelt zu sein." Im kolumbianischen Panamco-Office war man zu keinem Kommentar bereit.
Dieser Fall ist überaus wichtig für die Gewerkschaften und die Menschenrechte. Wenn Coca Cola, eines der bekanntesten Unternehmen der Welt, sich nicht dazu bringen lässt, das Leben und die Menschenrechte der Arbeiter auf ihren weltweit verstreuten Abfüllanlagen zu schützen, dann ist es noch ein weiter Weg bis die globale Wirtschaftein sicherer Ort für Gewerkschaftler ist,
so Daniel Kovalik von der United Steel Workers Union, die obwohl einer anderen Industrie angehörend, in den Reihen der Kläger stehen, um ihre Solidarität mit ihren Gewerkschaftsbrüdern und -schwestern zu bekunden. Terry Collingsworth vom International Labor Rights Fund: "Es besteht keine Frage, dass Coca Cola von der systematischen Unterdrückung der Gewerkschaftsrechte auf den Abfüllanlagen in Kolumbien wusste und profitierte, und dafür kann man das Unternehmen rechtlich zur Verantwortung ziehen." Die Kläger rufen zusätzlich Arbeiter und Konsumenten in der ganzen Welt dazu auf, sich mit ein paar Worten an Coca Cola zu wenden und das Unternehmen aufzufordern, den Terror in Kolumbien zu beenden und den Opfern Reparationen zukommen zu lassen.
Der Kontakt: Douglas Daft, CEO, One Coca-Cola Plaza, Atlanta GA, 30313