Comey: Russlands Einmischung ist kein Fake und Trump lügt
Der geschasste FBI-Chef nutzt die öffentliche Fragestunde vor dem Geheimdienstausschuss für eine Abrechnung mit dem US-Präsidenten
Früher hätte man James Stewart mit der Rolle besetzt, heute fällt mir als erstes auch nur eine ältere Garde ein, Harrisson Ford oder Richard Gere? Der geschasste FBI-Chef James B. Comey unterzog sich heute Nachmittag europäischer Ortszeit einer Anhörung vor dem Geheimdienstausschuss des Senats. Es war ein Event, das live über YouTube und damit weltweit verfolgt werden konnte. Die Rolle, die Comey wählte, war die des ehrlichen Patrioten, der besorgt ist um sein Land. Zu großer Besorgnis Anlass gibt die Gefahr aus Russland und ein Präsidenten in Washington, der lügt.
"Watergate ist dagegen blass"
Das Drama des Ex-FBI-Chefs mit Trump war von vielen Medienberichten angeheizt worden, und das nicht zu wenig. Zuletzt gab James Clapper, der frühere Nationale Geheimdienstdirektor, eine Kostprobe des politischen Zirkusdirektor-Talents: Clapper sagte laut CNN, dass die Kontroverse über die Trump-Regierung und Russland den Watergate-Skandal "blass aussehen" lässt.
Es waren also Erwartungen geschürt auf das, was Comey sagen würde. Auch er tat dazu bei, indem er einen Tag zuvor ein schriftliches Dokument an die Öffentlichkeit gab, das auf sieben Seiten seine Treffen mit Trump protokollierten - seine schriftliche Zeugenaussage, die gegen Trump schwere Vorwürfe erhob.
So waren viele Zuschauer der Live-Übertragung, die vielleicht "House of Cards" und Gerichtsfilme im Kopf hatten, gespannt darauf, welches Futter Comey noch für den "Grill" der fragenden Senatoren in petto hatte. Leider war es nur wenig. Die Antworten auf tatsächlich brennende Fragen wurden hinter verschlossene Türen verlegt. Der öffentlichen Anhörung folgte eine nicht-öffentliche.
"Trump lügt"
Nichts wollte Comey zum Thema Russlands Einmischung und Konspiration verraten, weil "die Ermittlungen noch andauern". Die Einmischung Russlands in die Wahl 2016 und die Zusammenarbeit zwischen Mitgliedern der neuen Regierung und russische Vertreter? "Collusion" und collude" sind Wörter, die in diesem Zusammenhang öfter fielen, Konkretes erfuhr man nicht.
Der große, für den amtierenden Präsidenten möglicherweise folgenreiche Vorwurf ist, dass Trump den FBI-Chef genötigt hat, Ermittlungen gegen den später entlassenen Nationalen Sicherheitsberater Michael T. Flynn fallen zu lassen.
Überschrieben wurde die Kontroverse in Medienberichten schon vor der Anhörung damit, dass der amtierende Präsident ein Lügner sei, wie Comey behauptet, der eine ehrenwerte amerikanische Behörde, nämlich das FBI, diffamiert. Die Trump-Sprecherin Sarah Huckabee im Weißen Haus reagierte: "Ich kann sicher sagen: der Präsident ist kein Lügner."
Russland: Kein Zweifel an der Einmischung?
Comey lehnte sich beim Thema russische Einmischung in die Präsidentschaftswahl 2016 weit aus dem Fenster. Das stehe fest. "No fuss on that." Dies sei so un-faked, wie nur irgend möglich. Die russische Regierung habe mit technischen Mitteln in die Wahl eingegriffen, habe sie mitgeformt ("shaped") oder dies zumindest mit großem Einsatz versucht. Das sei eine langfristige Strategie, die noch weiterlaufe.
Konkrete Ermittlungsergebnisse oder sogar nur Anhaltspunkte lieferte Comey dazu nicht. Er hatte dafür den Standardsatz, den er häufig äußerte: Er könne und wolle sich nicht zu laufenden Ermittlungen äußern.
Auch bei einem anderen Zündstoff-Thema achtete Comey darauf, vorsichtig zu bleiben. Auf Fragen, die darauf zielten, ob die FBI-Ermittlungen denn auch die Person Trump betreffen oder betreffen könnten, gab er keine belastbaren Antworten. Das Misstrauen gegen Medienberichte, wenn sie FBI-Ermittlungen zum Gegenstand haben, wurde von Comey bestätigt. Das meiste sei falsch, das sagte er übrigens auch über einen New York Times-Bericht. Er gab auch eine Kostprobe der Medienarbeit.
Als der private Mailserver von Clinton zum Wahlkampf-Thema wurde, soll ihm von hoher Stelle des Wahlkampteams zugetragen worden sein, den Ausdruck "Matter" statt "Investigation" zu verwenden. Er habe sich daran gehalten, aber Medien hätten dennoch das Wort "Investigation" verwendet.
Dass Comey sich verpflichtet fühlte, sich an das "Wording" eines Wahlkampfteams zu halten, gibt einem Zweifel Raum, der Comeys Rolle als "Fels in der Brandung" sachte unterspült. Warum sollte sich der über den Parteien stehende Chef einer Ermittlungsbehörde auf Sprachregelungen einer Parteien-Kampagne überhaupt erst einlassen?
Der tugendhafte Comey und die Medien
Ein stärkerer Zweifel an der tugendhaften amtsneutralen Position Comeys im Spiel der Interessen, die von Schmutz nichts wissen will, wurde geweckt, als der geschasste FBI-Chef berichtete, dass er seine Aufzeichnungen über die Gespräche mit Trump über "einen Freund" an Medien weitergab. Comey sagte auf Nachfrage, dass er seine Memos an einen Jura-Professor der Columbia-Universität weitergegeben habe, damit der sich an die New York Times wendet, um sie zu veröffentlichen. An diese Aktion sind heikle Fragen geknüpft. Manche wurden von dem Senatoren auch ausgesprochen.
Sind Protolle, angefertigt von einem Amtsinhaber über einen Amtsmann, persönliche Dokumente oder nicht doch auch eine Sache, die nicht unbedingt für die Öffentlichkeit bestimmt ist? Man könnte auch die Frage stellen, ob Comey damit eine persönliche Vergeltungsaktion durchführte. Er ärgerte sich über seine Entlassung, die er über Medien erfuhr, das sagt er selbst.
Comey liefert mit diesem Vorgehen einen Angriffspunkt auf seine Integrität, das Weiße Haus könnte dies nützen. Seine Begründung ist eng mit seiner Glaubwürdigkeit verknüpft. Es gab seine Memos aus höherem Interesse heraus weiter. Es geht um Amerika. Er handle aus höherem, nicht aus persönlichem Interesse, so der Tenor eigentlich aller Aussagen Comeys, der Gelegenheiten weidlich nutze, um seine patriotische Liebe zu bekunden ("Russland beschmutzt Amerika").
Anweisung oder "nur" ein Drängen?
Warum man ihm glauben sollte, es stehe ja Aussage gegen Aussage - Trump hatte behauptet, Comey würde lügen -, fragte ein Senator. Comey zögerte kurz und sagte, dass Trump alle anderen aus dem Raum schickte, wo er ihm dann sagte, dass er die Angelegenheit gegen Flynn fallen lassen soll, dies sei Außergewöhnlich und ein Indiz dafür, dass etwas nicht stimmt, dann verwies er auf die Konsistenz seiner Aussagen und auf die Erziehung seiner Mutter.
Er hoffe, sagte Comey, dass es Tonbandaufzeichnungen über die Gespräche gebe, wie aus dem Weißen Haus angedeutet wurde. Sie würden ihn nur bestätigen, ließ er verstehen. In der Öffentlichkeit wurde durch einen Tweet des Trump-Sohnes dann noch die Diskussion weitergeführt, die beim Senatoren-Grill schon angeworfen wurde: Ist die Aussage, " I hope you can let this go,", die Trump in der Sache Flynn dem FBI-Chef gegenüber geäußert haben soll, eine Anweisung? Ein Amtsmissbrauch des Präsidenten?